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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röckelein, Hedwig: Inklusion – Exklusion: weiblich - männlich
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0129
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128 | Hedwig Röckelein
und sollte. ⁵ Monastisch Inkludierte sind nach dieser Definition aus der Gesellschaft
Ausgeschlossene. Niklas Luhmann, der erste Überlegungen zur Inklusion und
Exklusion in stratifizierten Gesellschaften, zu denen ständische und insbesondere
die europäischen Gesellschaften des Mittelalters zu rechnen sind, angestellt hat,
betrachtet den Mönch als Paradigma der freiwilligen Exklusion. ⁶ Nach seiner Ansicht
sind Inklusion und Exklusion fluide und interdependente Prozesse zwischen
Innen und Außen. ⁷ Cornelia Bohn und Alois Hahn haben Luhmanns skizzenhafte
Überlegungen vertieft; ⁸ auf sie werde ich mich daher im Folgenden beziehen. Es
soll nicht verschwiegen werden, dass an dem Luhmann’schen Verständnis der Inklusion
im Mittelalter Kritik geäußert wurde und zwar von Peter von Moos, ⁹ der
anstelle des systemtheoretischen Ansatzes das von Mead ins Gespräch gebrachte
Spiegelverhältnis zwischen Individuum und sozialer Gruppe sowie das von Charles
Taylor konstruierte dialogische Modell von sozialer Zuschreibung/Prägung und
persönlichem Feedback für adäquater hält.
Kehren wir zur Systemtheorie zurück und hören wir Hahn und Bohn: »Die Semantik
(!) des Mönchtums lässt sich als Beispiel für Selbstexklusion in einer stratifizierten
Gesellschaft lesen, als Exklusion aus der Inklusion in den Stand.« ¹⁰ Mönche
und Nonnen des Mittelalters nehmen unter den Exkludierten eine Sonderstellung
ein, denn sie unterwarfen sich freiwillig diesem Status; manche kehrten von dort
auch wieder in die Gesellschaft zurück. ¹¹ Wie bereits angedeutet, wird die Rückkehr
von Mönchen oder Nonnen in die Gesellschaft aus soziologischer Sicht positiv
bewertet, da die Exkludierten dadurch in die Gesellschaft reintegriert werden. Aus
der Sicht mittelalterlicher Mönchsregeln hingegen war die Rückkehr eines Mönchs/
einer Nonne in die Welt ein möglichst zu verhindernder Betriebsunfall. Wir konstatieren
also zwei entgegengesetzte Perspektiven und Bewertungen von Inklusion –
5 Michel Foucault, Les anormaux, Paris 1999, bewertet die Asketen als negativ und defizitär, als Deviante
und Abnormale. Rudolf Stichweh, Inklusion und Exklusion. Studien zur Gesellschaftstheorie, Bielefeld
2005, S. 187–189 und 192 setzt auf die Reversibilität der Exklusion.
6 Niklas Luhmann, Soziologische Aufklärung, Bd. 6: Die Soziologie und der Mensch, Opladen 1995,
Kapitel 11: Inklusion und Exklusion, S. 237–264, bes. S. 243 –245.
7 Luhmann, Soziologische Aufklärung (wie Anm. 6), S. 241: »›Inklusion‹ bezeichnet […] die innere Seite
der Form, deren äußere Seite ›Exklusion‹ ist.«
8 Cornelia Bohn, Inklusionsindividualität und Exklusionsindividualität, in: Sinngeneratoren. Fremdund
Selbstthematisierung in soziologisch-historischer Perspektive. Alois Hahn zum 60. Geburtstag, hg.
von Cornelia Bohn/Herbert Willems (Theorie und Methode: Sozialwissenschaften), Konstanz 2001,
S. 159 –176, hier S. 162 f.; Bohn/Hahn, Patterns (wie Anm. 4); Hahn/Bohn, Partizipative Identität (wie
Anm. 3), Kapitel 4 und 5.
9 Peter von Moos, Vom Inklusionsindividuum zum Exklusionsindividuum. Persönliche Identität in Mittelalter
und Moderne, in: Annali di sociologia/Soziologisches Jahrbuch 16, 2002/2003, S. 253 –265.
10 Hahn/Bohn, Partizipative Identität (wie Anm. 3), S. 16.
11 Bohn, Inklusionsindividualität (wie Anm. 8), S. 162, und Bohn/Hahn, Patterns (wie Anm. 4), S. 10 f.
verweisen hier auf Max Weber.
 
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