Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erste Verteidigungsschrift
bearbeitet von Christoph Strohm

1. Entstehung der Ersten Verteidigungsschrift
Drei Tage nach seiner Ankunft in Bonn1 begann Bucer am 17. Dezember
1542 - es war der dritte Adventssonntag - im Münster zu predigen, und so-
gleich brach der Streit um seine Berufung aus.2 Das Domkapitel protestierte
auf brieflichem Wege beim Erzbischof,3 und auch von seiten des Kölner Rates
und der Universität unternahm man verschiedene Vorstöße, um eine Entlas-
sung Bucers zu bewirken.4 Bald wurde der Streit in aller Öffentlichkeit ausge-
tragen. Das erste greifbare Zeugnis dieser Auseinandersetzungen ist ein in
Köln öffentlich angeschlagenes Libell, das den Erzbischof und Bucer gottlo-
ser Neuerungen beschuldigte4a. Anfang Februar 1543 folgte die »Sententia
delectorum per venerabile capitulum ecclesiae Coloniensis, de vocatione
Martini Buceri«, eine auf den 3. Februar 1543 datierte Schrift des Kölner
Domkapitels, die neben rechtlichen Bedenken gegen die Art der Berufung
Bucers durch den Erzbischof auch dogmatisch begründete Kritik an Bucers
Lehre sowie moralische Bedenken gegen die Person des Straßburgers formu-
lierte4b. Dieser sah sich nun gezwungen, eine umfassende Verteidigung nie-
derzuschreiben, welche die grundsätzliche Kritik an seiner Person, Lehre und
Berufung nach Köln widerlegen sollte.5 So entstand innerhalb weniger Wo-
1. B. hatte Straßburg am 2. Dezember 1542 verlassen und traf nach einem viertägigen
Zwischenaufenthalt in Frankfurt a.M. am 14. Dezember 1542 in Bonn ein. B.s Begleiter,
sein Sekretär Christoph Söll aus Bruneck in Tirol (vgl. ADB 34, S. 570) und ein junger Mann
namens Blotzheim, waren bereits acht Tage vor ihm nach Bonn gekommen (vgl. Schieß II,
Nr. 982, S. 164; Lenz II, Nr. 150, S. 108 f.; Schieß II, Nr. 987, S. 168 f.; Köhn, Entwurf, S.49).
2. Schon im Juli 1542 erregten erste Gerüchte die Gemüter in der Theologischen Fakultät
zu Köln, der Erzbischof wolle B. nach Köln rufen, damit dieser hier seinen »Lutheranis-
mus« propagiere (vgl. Pollet, Bucer IV, S.46).
3. Vgl. das Schreiben des Kölner Domkapitels an Hermann von Wied vom 4. Januar
1543, abgedr. in: Floß/Pastor, Actenstücke, S. 127-131. Vgl. auch Ennen, Geschichte IV,
S.413-417; Varrentrapp, Hermann, S. 126-131 und 141-143; Schlüter, Publizistik, S. 54.
4. Vgl. Schlüter, Publizistik, S. 54.
4a. Auch dieser Text ist bislang verschollen. Seine Existenz und inhaltliche Tendenz geht
jedoch aus den Bemerkungen hervor, die B. in der »Ersten Verteidigungsschrift« dazu
macht (vgl. unten S. 81 und 87; vgl. auch Varrentrapp, Hermann, S. 126).
4b. Abgedr. unten S. 433-446.
5. Wahrscheinlich hat B. mit der Schrift auch dem evangelischen Lager gegenüber über
seine Reformtätigkeit in Köln Rechenschaft ablegen wollen. Ende Januar 1543, kurz vor
dem Beginn der Arbeit an der Verteidigungsschrift hatte Landgraf Philipp von Hessen B.
mitgeteilt, daß der sächsische Kurfürst Johann Friedrich ihm gegenüber die Sorge geäußert
habe, Bucer könnte in Köln die im Regensburger Buch niedergelegten Kompromißformeln
lehren (vgl. Lenz II, S. 120, bes. Anm.3; vgl. auch Bucer an Jakob Sturm, 27. Februar 1543,
abgedr. in: Pol. Cor. III, Nr. 339, S. 357).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften