4. BRIEF BUCERS AN LANDGRAF PHILIPP VON HESSEN 223
schon wider vffgeschoben sein solle, ist anders war, das der Paumgartner1 von
Augspurg dem Rehlinger2 hieher geschriben hat3 das wir das keyserlich erbie-
ten von der vergleychung vnd Reformation solten hinfallen lassen vnd kein ernstes
anregen daruon thun, Ob wir gleych alle wenig hoffnung haben, fil zu erlangen;
Dann wir in disen sachen des herren nit als vil sehen sollen, waß der menschen hal-
ben zu hoffen, als waß Gott gepeutet.4 I 8fr I
Die Fürsten vnd Stende des Reychs sind alle gemeine heupter vnd fürnemste gli-
der deutscher Nation, welche grewlich drucket die sünde des verlasnen, verachten
vnd verfolgeten Euangeli. Darumb sollen sie, wenn sie meer nit vermögen, doch
dapfer schreyen wider dise aller grewlichste sunde, wann jnen des einige gelegen-
heyt entgegen gehet.
War ist’s, so der herre geben wolte, das teglich meer Stende zu vns kemen, so
wurde das werck gemeiner reformation immer zeytiger5.6 Aber lieber herr Gott,
wer hilffet dieweyl so fil tauset armen seelen, ja kirchen, die vnder den Paepstlern
verderben; deren fil selb gern besserung annemen, wenn es nur vom kayser zugelas-
sen vnd die verdampten Abscheydt darwider einmal ab weren?
Zum andere zerfallen als7 die sachen dieweyl auch bey vns selb, brechen teglich
schwere ergernüß ein. Wir habenq an filen orten weder Visitationen noch Synodos,
Wie ich E. F. G. offt geklaget. Zu Schmalcalden vff dem letsten tag8, vff dem wir
prediger gewesen, batten wir gemeinlich vmb die Synodos, aber es ware damals vnd
seyther fürgewandt, Man wolte vor sehen, wie sich die sachen gemeiner I 83v I Refor-
mation, so der keyser vorschliege, schicken wolten.9 Nun tringen wir vff die nicht
vnd lassen vnser selb besserung auch anstohn. Des begeben sich teglich fil ding, dar-
über wir billich alle vns hoch kummern solten1.
Das man vom zeytlichen frieden fil will sagen,10 so greyfft mans doch, das der
satt11 nit mage gemacht werden on ein gemein recht; So kan kein gemein recht be-
stellet werden on gemeine gesetze; die selbigen kan man dann ie nit setzen, wa man
q) wohl von Bucer korr. aus: halten.
r) danach gestr.: Das.
1. David Baumgartner, 1517—1567, Baumgärtner von Baumgarten, Freiherr zu Hohenschwan-
gau und Erpach, altgläubiger Pohtiker, Angehöriger des Augsburger Geheimen Rates, später kai-
serlicher Rat. NDB 1, S.663 (hier 1521-1567); MBW, Bd. 11, Personen A-E, S. 123-124.
2. vermuthch Wolfgang Rehhnger, gest. 15 57, in der Zeit von 1534 bis 1541 viermal Bürgermei-
ster in Augsburg, Anhänger der Reformation. NDB 21, S. 281-282.
3. Welches Schreiben Baumgartners an Rehlinger gemeint ist, habe lch nicht feststellen können.
4. Vgl. Prov 16,9; Ps 56,12.
5. ausgewachsener, reifer.
6. Vgl. CRV,Sp.645-646 (Nr.3ii6).
7. ebenso. Baufeld, S. 7.
8. Bundestag von Schmalkalden, 3. März - 13. April 1540. Vgl. dazu BDS 9,1, S. 79; Haug-Mo-
ritz/Schmidt, Art. Schmalkaldischer Bund, in: TRE 30, S.227; Haug-Moritz, Der Schmalkaldische
Bund, S.67E, 429 f. und passim.
9. Vgl. Lenz I, S. 159.
10. Vgl. CR V, Sp.646 (Nr.3116).
11. gut, genügend.
schon wider vffgeschoben sein solle, ist anders war, das der Paumgartner1 von
Augspurg dem Rehlinger2 hieher geschriben hat3 das wir das keyserlich erbie-
ten von der vergleychung vnd Reformation solten hinfallen lassen vnd kein ernstes
anregen daruon thun, Ob wir gleych alle wenig hoffnung haben, fil zu erlangen;
Dann wir in disen sachen des herren nit als vil sehen sollen, waß der menschen hal-
ben zu hoffen, als waß Gott gepeutet.4 I 8fr I
Die Fürsten vnd Stende des Reychs sind alle gemeine heupter vnd fürnemste gli-
der deutscher Nation, welche grewlich drucket die sünde des verlasnen, verachten
vnd verfolgeten Euangeli. Darumb sollen sie, wenn sie meer nit vermögen, doch
dapfer schreyen wider dise aller grewlichste sunde, wann jnen des einige gelegen-
heyt entgegen gehet.
War ist’s, so der herre geben wolte, das teglich meer Stende zu vns kemen, so
wurde das werck gemeiner reformation immer zeytiger5.6 Aber lieber herr Gott,
wer hilffet dieweyl so fil tauset armen seelen, ja kirchen, die vnder den Paepstlern
verderben; deren fil selb gern besserung annemen, wenn es nur vom kayser zugelas-
sen vnd die verdampten Abscheydt darwider einmal ab weren?
Zum andere zerfallen als7 die sachen dieweyl auch bey vns selb, brechen teglich
schwere ergernüß ein. Wir habenq an filen orten weder Visitationen noch Synodos,
Wie ich E. F. G. offt geklaget. Zu Schmalcalden vff dem letsten tag8, vff dem wir
prediger gewesen, batten wir gemeinlich vmb die Synodos, aber es ware damals vnd
seyther fürgewandt, Man wolte vor sehen, wie sich die sachen gemeiner I 83v I Refor-
mation, so der keyser vorschliege, schicken wolten.9 Nun tringen wir vff die nicht
vnd lassen vnser selb besserung auch anstohn. Des begeben sich teglich fil ding, dar-
über wir billich alle vns hoch kummern solten1.
Das man vom zeytlichen frieden fil will sagen,10 so greyfft mans doch, das der
satt11 nit mage gemacht werden on ein gemein recht; So kan kein gemein recht be-
stellet werden on gemeine gesetze; die selbigen kan man dann ie nit setzen, wa man
q) wohl von Bucer korr. aus: halten.
r) danach gestr.: Das.
1. David Baumgartner, 1517—1567, Baumgärtner von Baumgarten, Freiherr zu Hohenschwan-
gau und Erpach, altgläubiger Pohtiker, Angehöriger des Augsburger Geheimen Rates, später kai-
serlicher Rat. NDB 1, S.663 (hier 1521-1567); MBW, Bd. 11, Personen A-E, S. 123-124.
2. vermuthch Wolfgang Rehhnger, gest. 15 57, in der Zeit von 1534 bis 1541 viermal Bürgermei-
ster in Augsburg, Anhänger der Reformation. NDB 21, S. 281-282.
3. Welches Schreiben Baumgartners an Rehlinger gemeint ist, habe lch nicht feststellen können.
4. Vgl. Prov 16,9; Ps 56,12.
5. ausgewachsener, reifer.
6. Vgl. CRV,Sp.645-646 (Nr.3ii6).
7. ebenso. Baufeld, S. 7.
8. Bundestag von Schmalkalden, 3. März - 13. April 1540. Vgl. dazu BDS 9,1, S. 79; Haug-Mo-
ritz/Schmidt, Art. Schmalkaldischer Bund, in: TRE 30, S.227; Haug-Moritz, Der Schmalkaldische
Bund, S.67E, 429 f. und passim.
9. Vgl. Lenz I, S. 159.
10. Vgl. CR V, Sp.646 (Nr.3116).
11. gut, genügend.