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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Wilhelmi, Thomas <PD Dr.> [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 13): Unionsschriften 1542 - 1545 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30650#0228
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4. BRIEF BUCERS AN LANDGRAF PHILIPP VON HESSEN

der Religion onverglichen bleybet; Es were dann, das man frey zugebe, wer vnser
Religion sein wolte, das im solches solte zugegeben sein. Dahin hat sich aber der
keyser noch nie bewegen wöllen lassen.
Jm Furschlag der Reformation des kirchen diensts1 ist eins, das ich gar gern
wolte clar vnd ernstlich gemeldet werden. Es ist der fürnemesten geheimnüssen eine 5
des Antichrists, das er alle gottes hendel in den kirchen mit frembder sprachen ver-
duncklet, also, das die armen leut in filen nationen nichts vberal2 dörffen jn jrer
sprach von Gott lesen, kein Euangelion oder einige Gottliche schrifft, welche schon
die Paepstlichen Theologen fur recht erkennen, I 86r I oder auch Gott in jrer sprach
anruffen, sonder müssen zu latein betten; welches nun der keyser jm Niderland auch 10
solle gebotten haben3 bey 80 Carols gulden.4 Nun will aber vnser herre, das sein
»Euangelion allen Creaturen also geprediget werde«5, das ein ieder das in seiner
sprach höre, wie am Pfingstag geschahe.6 Darumb auch der herre die gaben der
sprachen gegeben hat. Es könden’s auch die Paepstler mit einigem schein nit verant-
worten, das sie alle Gottes hendel zu latein verrichten bei denen völckern, die das 15
Latein in gemein nit verstohn, welches alle alten für ein heydnisch, vnsinnig thun ge-
halten habens, wie es auch bey jnen onerhört gewesen. Dann das 14. Capitel der er-
sten zun Corinthern staht gar gewaltig darwider;7 vnd wolte Gott, das die leut diß
Capitel fleyßig lesen vnd erwegen wolten.
Derhalben wolte ich gern, das in vnserem fürtrag das auch gesetzet wurde, wie 20
nott es were, das alle handlung der Religion, nit allein des Tauffs, dem armen volck
fürbracht vnd geübet wurde in der sprachen, die es verstünde, das es dadurch auch
gebesseret möchte werden. lWa leut sind, die das latin verstohn, da brauche man
auch latin; was aber mit dem volck solle gehandlet werden, wa das nit geschicht in
der sprachen, die es versteht, so ist es vergeblich, ia ein kinder werck vnd thun der 25
onsinnigen, wie der Apostel zeuget, 1. cor. 14/8 I 86v I
So fil wolt ich, Gnediger Furst vnd herr, E. F. G. vff ir schreyben vnd die vber-
sandten bedencken wider vndertheniglich antworten. Bitt den herren, Er wölle
E. F. G. vnd allen vnseren heupteren geben, für seine eer vnd sein arme zerstrewete
s) von Bucer korr. aus: halten.
t) —t) von Bucer erg.

1. Artikel »Vom Predigampt und Bischoflichem Regiment«. CR V, Sp. 595-603 (Nr. 3114).
2. mchts vberal: überhaupt nichts.
3. Das Edikt Kaiser Karls V. vom 18. Dezember 1544, das Lenz (II, S.305, Anm. 20 und S.289,
Anm. 2) erwähnt, kann es nicht sein. Darin ist von Verboten 1m Buchdruck die Rede, mcht von der
Gebetssprache. Belgica typographica 1541-1600, III., Nr.9435, 9436 und 9437; Vanderhaeghen, Bi-
bliographie Gantoise, I., Nr. 74 und 75. Ein anderes in Frage kommendes Edikt Karls V. konnte lch
in Recueil des ordonnances des Pays-Bas, T. IV und V nicht finden.
4. Karolsgulden: für die Niederlande geprägte Gold- oder Silbergulden Kaiser Karls V. Deut-
sches Rechtswörterbuch VII, Sp. 246.
5. Mk 16,15.
6. Vgl. Act 2,4-11; Gen 11,1-9.
7. Vgl. I Kor 14,11.19.
8. I Kor 14,20.23.
 
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