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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0080
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

Christo Jesu und würt der mensch daher göttlicher art und natur. Darumb saget
der Herr zum vatter: Diß ist das ewig leben, das sie erkennen, das du der eynige
und ware Gott bist und den du gesandt hast, Jesum Christum [Jo 17,3]. Dann wer
satt und gentzlich erkennet, das der vatter unsers Herren Jesu Christi der eynige
ware Got, das ist das höchste gut, ist, das allen alles guts, leybs und seelen zu
geben und zu erhalten hat und das unser Herr Jesus der eynige ist, der uns mit dem
vatter versönet, seine kinder und erben machet, der selbige wurt freylich nichs
anders, dann Gott den vatter durch unseren herren Jesum wöllen begeren und
suchen, seinem wort in allem getrewlich nachkommen, ja in Got und Christo sein
und leben und also auch sie den vatter und den sun in ihm haben. Findet sich also,
das schlecht alle verachtung Gottes, auch verlassung rechter ordnung des gantzen
lebens in mißbrauch der güter diser | F 2 a | zeit daher kommet, das der mensch den
nieß121 solicher zu hoch achtet und dise zu grosse achtung zeitlicher dingen daher,
das die leut die selbigen allein als gütter erkennen und sich an ihnen vergaffend
und dises vergaffen daher, das ihnen nit bessers würt fürgestellet und recht in
erkantnuß gegeben, wie die leüt alle auff das anzündet liechtlin sehen, biß die sonn
auffgaht; Alsdann aber, so das besser vor augen, würt das geringer auß der acht
gelassen und gar hinweg gethon.
Von Eva staht geschriben: Und das weyb sahe, das die frucht des baums gut
essen und lustig anzusehen ware, auch begirlich daher, das es klug machet [I Mos 3,6].
Nun hat ihr Gott gesagt, der todt were an dem baum, dann an wölchem tag sie
davon ässen, wurden sie sterben [I Mos 2,17]. Wa dabey Eva die Erkantnuß Gottes
steyff und sat gewesen were, hette sie das hochschetzen der verbotnen frucht
leicht fallen und faren lassen, damit were dann auch der lust und die begirde
davon zu ässen verschwunden. Nun aber vergaffet sich das weyb an dem baum
und an dem falsch auffgeredten gut, das sie solten werden wie götter, böß und
guts wissen122, das ist sich selbs könden regieren, ihnen selb könden guts schaffen
und böses verhütten, damit liessen sie Gott und sein wort auß der achtung und
greyffen123zur verbottenen frucht.
Also Cain124 hat das wort Gottes, das er seinen bruder lieben solte; dieweil aber
sein gemüt sich an dem vermeynten gut, das er besser geacht wurde, dann sein
bruder, gar vergaffet und erstarte, und daher gegen dem bruder bey ihm ein
solicher unwil entstunde, das er nit meynete, das ihm wol sein könde, so er den
selbigen mußte vor augen sehen; do schlug er ihn zu tod, unangesehen, was ihm
Gott verbotten hatt.
Also David125, hette der, als er die Batschaba von seinem sal 126 ersahe, so vil
Got im hertzen gehabt und betrachtet, als er die achtung und | F 2 b | hochschetzung
121. Genuß; Nutzung.
122. Vgl. 1 Mos 3,5.
123. Griffen (bei der Bildung bestimmter Präteritalformen stellen sich lautliche Unsicherheiten
ein aus Gründen der Systemumschichtung).
124. Vgl. 1Mos 4,3ff.
125. Vgl. 2Sam 11,1-4.
126. Zimmer, Saal.

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