FURBEREYTUNG ZUM CONCILIO
331
Pauli demselbigen vergleiche, hastu auß seinen selb worten wol zu vernemmen.
Ware nun nit dazumal auch ein kirch? Augus[tin]: »Von Petro eygentlich530 zu
reden, was er von natur ein mensch, von gnaden ein Apostel531, von reichlicher
gnaden ein Apostel und der fürnemmest Apostel. Aber da im gesagt ist: Ich wille
dir die schlüssel zum hymmelreich geben, und was du wirst uff erden binden, das wirdt im
hymmel gebunden, und was du wirst auff erden lösen, das wirdt im hymmel loß sein [Mt 16,19],
hat er die gantzen kirch bedeutet, die in diser zeyt mit manigerley anfechtungen,
gleich als mit regen, flössen und wettern532 erschüttet wirt, fallet aber nit, dann sie
auff den felsen gegründtfestet ist, davon Petrus den namen empfangen hat; dann
Petra, das ist der felß, wirdt nit von Petro, das ist vom felser oder felseren, geheys-
sen, wie auch nit Christus von christen, sondern christen werden von Christo ge-
heissen533, dann derhalb hat der Herr gesagt: Auff disen felsen wil ich meine kirchen
bawen, das Petrus gesagt hat: Du bist Christus, der Son des lebendigen Gottes [Mt 16,
16.18]. Darumb will ich, sagt er, auff disen felsen, den du bekennet hast, meine
kirchen bawen. Dann der felß ware Chri-| L 1 b | stus, uff wölliches fundament ist
auch der Petrus gebawen, dann ein ander fundament mag niemand legen ausser dem, das
gelegt ist, wölliches ist Christus Jesus [I Kor 3,11]. Also hat die kirch, die in Christo ge-
grundfestet ist, die schlüssel des hymmelreichs im Petro empfangen, das ist, den
gewalt, die sünden zu binden und zu lösen. Dann das man sagt, einfeltig zu reden
in Christo ist die kirch, dasselbige saget man mit deutlicher red Petrus ist in Petra,
der felser im felsen. In wöllicher deutung wirdt durch den felsen Christus, durch
den Petrum die kirch verstanden«. Diß schreibet der Heylig Augustinus eben mit
disen worten uber Johannem Tractatu 124534. Hierin sichstu, das Sant Augustin
leeret, das der Herr die schlüssel der kirchen in Petro zugesagt und geben habe,
dann »Petrus« des orts die gantze kirch bedeutet, in deren person er auch die
schlüssele vom Herren empfangen hat.
Gotp.: Andere vätter sagen aber, die kirch sey auff Sant Peter gebawen, und
dem hab der Herr die schlüssel fürnemlich gegeben535.
Goth.: Es seind ja ort in den schrifft der vätter, do sie sagen, die kirch sey uff
sant Peter gebawen, aber in dem sehen sie an seinen glauben und bekantnus. Der-
halb sie dann auch alle christen »Petros« und solliche machen536, auff die die kirch
Christi gebawen wirdt, wie auch Origenes schreibet eben uber dise wort: Ich wille
dir die schlüssel geben537. Andere machen den felsen den glauben und die bekantnus,
e) schlüffel.
530. Ausdrücklich.
531. CChr ser.lat.36, S.684, Z. 31: christianus. 532. Gewittern.
533. Non enim a Petro, sed Petrus a petra; sicut non Christus a christiano, sed christianus a
Christo uocatur.
534. CChr ser.lat. 36, S.684f.
533. Tertullian: De pudicitia 21; CChr ser.lat.2, S.1326-1328; Cyprian: De bono patientiae9;
CSEL3,I, S.403; Hieronymus: Dialogus ad versus Pelagianos I,14b; MSL 23, Sp. 529; Leo der
Große: Sermones3, 2-4; MSL 54, Sp. 145-148.
536. Nennen.
337. Vgl.Commentarius in evangelium secundum Matthaeum 12,11; MSG 13, Sp. 1004.
331
Pauli demselbigen vergleiche, hastu auß seinen selb worten wol zu vernemmen.
Ware nun nit dazumal auch ein kirch? Augus[tin]: »Von Petro eygentlich530 zu
reden, was er von natur ein mensch, von gnaden ein Apostel531, von reichlicher
gnaden ein Apostel und der fürnemmest Apostel. Aber da im gesagt ist: Ich wille
dir die schlüssel zum hymmelreich geben, und was du wirst uff erden binden, das wirdt im
hymmel gebunden, und was du wirst auff erden lösen, das wirdt im hymmel loß sein [Mt 16,19],
hat er die gantzen kirch bedeutet, die in diser zeyt mit manigerley anfechtungen,
gleich als mit regen, flössen und wettern532 erschüttet wirt, fallet aber nit, dann sie
auff den felsen gegründtfestet ist, davon Petrus den namen empfangen hat; dann
Petra, das ist der felß, wirdt nit von Petro, das ist vom felser oder felseren, geheys-
sen, wie auch nit Christus von christen, sondern christen werden von Christo ge-
heissen533, dann derhalb hat der Herr gesagt: Auff disen felsen wil ich meine kirchen
bawen, das Petrus gesagt hat: Du bist Christus, der Son des lebendigen Gottes [Mt 16,
16.18]. Darumb will ich, sagt er, auff disen felsen, den du bekennet hast, meine
kirchen bawen. Dann der felß ware Chri-| L 1 b | stus, uff wölliches fundament ist
auch der Petrus gebawen, dann ein ander fundament mag niemand legen ausser dem, das
gelegt ist, wölliches ist Christus Jesus [I Kor 3,11]. Also hat die kirch, die in Christo ge-
grundfestet ist, die schlüssel des hymmelreichs im Petro empfangen, das ist, den
gewalt, die sünden zu binden und zu lösen. Dann das man sagt, einfeltig zu reden
in Christo ist die kirch, dasselbige saget man mit deutlicher red Petrus ist in Petra,
der felser im felsen. In wöllicher deutung wirdt durch den felsen Christus, durch
den Petrum die kirch verstanden«. Diß schreibet der Heylig Augustinus eben mit
disen worten uber Johannem Tractatu 124534. Hierin sichstu, das Sant Augustin
leeret, das der Herr die schlüssel der kirchen in Petro zugesagt und geben habe,
dann »Petrus« des orts die gantze kirch bedeutet, in deren person er auch die
schlüssele vom Herren empfangen hat.
Gotp.: Andere vätter sagen aber, die kirch sey auff Sant Peter gebawen, und
dem hab der Herr die schlüssel fürnemlich gegeben535.
Goth.: Es seind ja ort in den schrifft der vätter, do sie sagen, die kirch sey uff
sant Peter gebawen, aber in dem sehen sie an seinen glauben und bekantnus. Der-
halb sie dann auch alle christen »Petros« und solliche machen536, auff die die kirch
Christi gebawen wirdt, wie auch Origenes schreibet eben uber dise wort: Ich wille
dir die schlüssel geben537. Andere machen den felsen den glauben und die bekantnus,
e) schlüffel.
530. Ausdrücklich.
531. CChr ser.lat.36, S.684, Z. 31: christianus. 532. Gewittern.
533. Non enim a Petro, sed Petrus a petra; sicut non Christus a christiano, sed christianus a
Christo uocatur.
534. CChr ser.lat. 36, S.684f.
533. Tertullian: De pudicitia 21; CChr ser.lat.2, S.1326-1328; Cyprian: De bono patientiae9;
CSEL3,I, S.403; Hieronymus: Dialogus ad versus Pelagianos I,14b; MSL 23, Sp. 529; Leo der
Große: Sermones3, 2-4; MSL 54, Sp. 145-148.
536. Nennen.
337. Vgl.Commentarius in evangelium secundum Matthaeum 12,11; MSG 13, Sp. 1004.