Es galt nun zunächst, die Mittel für Einrichtung und Betrieb der Arbeit zu finden. Die Werbung
gestaltete sich wesentlich schwieriger als wir erwartet hatten. Die Akademien, die Regierungen,
die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft hatten im Laufe der jüngst vergangenen Jahr-
zehnte Millionen für Forschungen zur Geschichte Griechenlands, Roms, Babyloniens usw. bewil-
ligt, für das Corpus inscriptionum latinarum waren nach Harnacks Geschichte der Berliner Aka-
demie bis zum Jahre 1899 bereits über 400000 RM. ausgegeben worden. Wir glaubten, einem so
bedeutsamen Unternehmen wie der Sammlung der Inschriften unseres eigenen Volkes müßten,
wenn sie von zuständiger Seite unternommen würde, die Mittel selbstverständlich und freudig
dargereicht werden. Die Erwartung trog. Es gelang erst nach langen Verhandlungen von der Deut-
schen Forschungsgemeinschaft zunächst einmal 1500 RM. zu erhalten, und nur langsam steigerten
sich die Zuschüsse.
Es mußte also klein angefangen werden. In Heidelberg stellte die Akademie die Mittel zur ersten
Einrichtung bereit. Durch längere Zeit konnte ein Raum im Deutschen Seminar für die Arbeit
benutzt werden, später überließ die Universität unter Ernst Kriecks Rektorat dem Unternehmen
in dankenswerter Weise zwei gute helle Räume in ihrem neuen Hause. Zwei meiner ehemaligen
Flörer, Dr. E. Cucuel und Dr. H.Eckert, stellten sich mit mir in den Dienst des Unternehmens;
Dr. Cucuel wurde von der Forschungsgemeinschaft ein Forschungsstipendium für diese Arbeiten
verliehen. Durch Jahre hin haben wir uns in täglichen Gesprächen und Versuchen um die besten
Methoden zur Bearbeitung des Gegenstandes bemüht.
Was zunächst zu leisten blieb, war die bibliographische Vorarbeit. Es galt eine Übersicht zu gewinnen
über die unendlich zerstreuten Anfänge, die da und dort mit der Einsammlung von Inschriften
für begrenzte Räume gemacht waren, und was sonst im allgemeinen für die Erkenntnis mittel-
alterlichen Inschriftenwesens geleistet war. Zugleich aber mußten die ersten eigenen Aufnahmen
bibliographisch vorbereitet werden. Es war klar, daß nicht bloß die Bearbeitung der Inschriften,
sondern schon ihre Aufnahme an Ort und Stelle genaue Kenntnis alles bisherigen Schrifttums dar-
über voraussetzte, wollte man wirklich alle vorhandenen Inschriften auffinden und bei ihrer späte-
ren Bearbeitung nicht in hundert Zweifel geraten, wenn man in der Literatur nachträglich auf
Lesungen stieß, die mit der eigenen Lesung vor dem Objekt nicht übereinstimmten. Ist es doch in
vielen Fällen auch an Hand genommener Photographien nicht möglich, in Einzelheiten, besonders
bei schlechter Erhaltung des Steines, eine sichere Entscheidung zu treffen. Die Nachprüfung muß
durchaus am Gegenstände selbst stattfinden.
Unsere Absicht war zunächst auf eine Aufnahme und Bearbeitung der Inschriften der Stadt Mainz
gerichtet: es schien möglich und wünschenswert, mit ihrer Bearbeitung die geplante, voraussicht-
lich bändereiche Reihe zu beginnen, in der die deutschen Inschriften gesammelt erscheinen sollten.
Die Stadt Mainz bot einen einzigartigen Reichtum von Inschriften durch alle Jahrhunderte des
Mittelalters hin seit der ersten nachrömischen Zeit. Für ihre wissenschaftliche Zubereitung war
zugleich glücklich vorgearbeitet in einer trefflichen, ihnen gewidmeten Dissertation von Dr. Kon-
rad Bauer in Frankfurt am Main. Es gelang, Dr. Bauer für die Bearbeitung des geplanten Werkes
zu gewinnen. In einer eindringlichen Besprechung, die von Herrn Brandi — der um die Beratung
der Anfänge des Unternehmens sich überhaupt besondere Verdienste erworben hat — und dem
Schreiber dieses im Februar 1936 mit Dr. Bauer in Fulda gepflogen wurde, konnten die Grund-
sätze der Bearbeitung und des herzustellenden Manuskripts noch einmal gründlich durchgesprochen
werden. Die bibliographischen Vorarbeiten dafür suchte die Heidelberger Inschriftenstelle dadurch
zu fördern, daß sie mit Unterstützung der Forschungsgemeinschaft nach damals gängigem Muster
studentische Arbeitsgemeinschaften dafür bildete.
Es stellte sich für die Heidelberger Hauptstelle aber bald das Bedürfnis heraus, für ihre weitere
Arbeit praktische Erfahrungen in der unmittelbaren Aufnahme der Inschriften an Ort und Stelle
selbst zu sammeln, um das Ausmaß von Vorsorge und Organisation kennenzulernen, das allgemein
für das Aufnahmeverfahren vorzusehen war. Ein geeigneter Bereich zur Erprobung bot sich nicht
zu fern von Heidelberg in den Inschriften der Stadt Wertheim an; in einem geschlossenen, gut
erhaltenen und in seinen geschichtlichen Voraussetzungen wohldurchschaubaren Bestände konnte
er eine willkommene Ergänzung der Mainzer Aufnahmen versprechen, weil er das Inschriftenwesen
XII
gestaltete sich wesentlich schwieriger als wir erwartet hatten. Die Akademien, die Regierungen,
die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft hatten im Laufe der jüngst vergangenen Jahr-
zehnte Millionen für Forschungen zur Geschichte Griechenlands, Roms, Babyloniens usw. bewil-
ligt, für das Corpus inscriptionum latinarum waren nach Harnacks Geschichte der Berliner Aka-
demie bis zum Jahre 1899 bereits über 400000 RM. ausgegeben worden. Wir glaubten, einem so
bedeutsamen Unternehmen wie der Sammlung der Inschriften unseres eigenen Volkes müßten,
wenn sie von zuständiger Seite unternommen würde, die Mittel selbstverständlich und freudig
dargereicht werden. Die Erwartung trog. Es gelang erst nach langen Verhandlungen von der Deut-
schen Forschungsgemeinschaft zunächst einmal 1500 RM. zu erhalten, und nur langsam steigerten
sich die Zuschüsse.
Es mußte also klein angefangen werden. In Heidelberg stellte die Akademie die Mittel zur ersten
Einrichtung bereit. Durch längere Zeit konnte ein Raum im Deutschen Seminar für die Arbeit
benutzt werden, später überließ die Universität unter Ernst Kriecks Rektorat dem Unternehmen
in dankenswerter Weise zwei gute helle Räume in ihrem neuen Hause. Zwei meiner ehemaligen
Flörer, Dr. E. Cucuel und Dr. H.Eckert, stellten sich mit mir in den Dienst des Unternehmens;
Dr. Cucuel wurde von der Forschungsgemeinschaft ein Forschungsstipendium für diese Arbeiten
verliehen. Durch Jahre hin haben wir uns in täglichen Gesprächen und Versuchen um die besten
Methoden zur Bearbeitung des Gegenstandes bemüht.
Was zunächst zu leisten blieb, war die bibliographische Vorarbeit. Es galt eine Übersicht zu gewinnen
über die unendlich zerstreuten Anfänge, die da und dort mit der Einsammlung von Inschriften
für begrenzte Räume gemacht waren, und was sonst im allgemeinen für die Erkenntnis mittel-
alterlichen Inschriftenwesens geleistet war. Zugleich aber mußten die ersten eigenen Aufnahmen
bibliographisch vorbereitet werden. Es war klar, daß nicht bloß die Bearbeitung der Inschriften,
sondern schon ihre Aufnahme an Ort und Stelle genaue Kenntnis alles bisherigen Schrifttums dar-
über voraussetzte, wollte man wirklich alle vorhandenen Inschriften auffinden und bei ihrer späte-
ren Bearbeitung nicht in hundert Zweifel geraten, wenn man in der Literatur nachträglich auf
Lesungen stieß, die mit der eigenen Lesung vor dem Objekt nicht übereinstimmten. Ist es doch in
vielen Fällen auch an Hand genommener Photographien nicht möglich, in Einzelheiten, besonders
bei schlechter Erhaltung des Steines, eine sichere Entscheidung zu treffen. Die Nachprüfung muß
durchaus am Gegenstände selbst stattfinden.
Unsere Absicht war zunächst auf eine Aufnahme und Bearbeitung der Inschriften der Stadt Mainz
gerichtet: es schien möglich und wünschenswert, mit ihrer Bearbeitung die geplante, voraussicht-
lich bändereiche Reihe zu beginnen, in der die deutschen Inschriften gesammelt erscheinen sollten.
Die Stadt Mainz bot einen einzigartigen Reichtum von Inschriften durch alle Jahrhunderte des
Mittelalters hin seit der ersten nachrömischen Zeit. Für ihre wissenschaftliche Zubereitung war
zugleich glücklich vorgearbeitet in einer trefflichen, ihnen gewidmeten Dissertation von Dr. Kon-
rad Bauer in Frankfurt am Main. Es gelang, Dr. Bauer für die Bearbeitung des geplanten Werkes
zu gewinnen. In einer eindringlichen Besprechung, die von Herrn Brandi — der um die Beratung
der Anfänge des Unternehmens sich überhaupt besondere Verdienste erworben hat — und dem
Schreiber dieses im Februar 1936 mit Dr. Bauer in Fulda gepflogen wurde, konnten die Grund-
sätze der Bearbeitung und des herzustellenden Manuskripts noch einmal gründlich durchgesprochen
werden. Die bibliographischen Vorarbeiten dafür suchte die Heidelberger Inschriftenstelle dadurch
zu fördern, daß sie mit Unterstützung der Forschungsgemeinschaft nach damals gängigem Muster
studentische Arbeitsgemeinschaften dafür bildete.
Es stellte sich für die Heidelberger Hauptstelle aber bald das Bedürfnis heraus, für ihre weitere
Arbeit praktische Erfahrungen in der unmittelbaren Aufnahme der Inschriften an Ort und Stelle
selbst zu sammeln, um das Ausmaß von Vorsorge und Organisation kennenzulernen, das allgemein
für das Aufnahmeverfahren vorzusehen war. Ein geeigneter Bereich zur Erprobung bot sich nicht
zu fern von Heidelberg in den Inschriften der Stadt Wertheim an; in einem geschlossenen, gut
erhaltenen und in seinen geschichtlichen Voraussetzungen wohldurchschaubaren Bestände konnte
er eine willkommene Ergänzung der Mainzer Aufnahmen versprechen, weil er das Inschriftenwesen
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