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Arens, Fritz [Bearb.]; Bauer, Konrad Friedrich [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 2 : Heidelberger Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterlicher Zeit bis 1650: auf Grund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.52057#0062
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Reichklara war ein bevorzugter Begräbnisort des städtischen Patriziats ebenso wie die Fran-
ziskaner- und Dominikanerkirchen. Die Töchter dieser Familien traten in das Kloster ein.
Die Inschriften derer zum Jungen überwiegen, weil diese bereits vor 1633 aufgezeichnet wur-
den (s. S. [20]).
Außer den wenigen unscheinbaren Inschriftresten, die in einer Wandelhalle der höheren
Töchterschule in die Wand eingemauert sind, sind nur noch zwei stattliche Steine der Grafen
Diether III. und Diether IV. von Katzenelenbogen (Nr. 673 u. 694) vorhanden, die sich im
Wiesbadener Museum befinden.
Heilig-Kreuz
Das Heiligkreuzstift lag weit außerhalb der Stadtmauer an der alten Hechtsheimerstraße h
Als S. Maria in campis kommt es schon in karolingischer Zeit vor. Die genaue Lagebezeich-
nung „im Felde“ war nötig, da es noch S. Maria Udenmünster und S. Maria ad Gradus gab.
Später wird der Name: Hl. Kreuzstift häufiger. Er leitet sich von einem Kreuz ab, das den
Rhein heraufkam und in dieser Kirche verehrt wurde. Davon berichtete ein Fresko an der
rheinseitigen Stadtmauer (Nr. 1596). Dieser Kult wurde dann später von einem anderen kräf-
tigeren in die zweiteLinie gerückt, nämlich durch die Verehrung einesl382 von einem Übeltäter
beschädigten Kreuzes. Somit war hl. Kreuz die bestbesuchte Wallfahrtskirche von Mainz.
Mehrere Votivtafeln von hervorragenden Persönlichkeiten sind uns mit ihren Inschriften
überliefert (Nr. 1348 u. 1482). Das Stift gehörte zu den vier kleinsten von den neun Mainzer
Stiften, 1763 hatte es zwei Prälaten, 6 Kanoniker, 2 Domizellare und 5 Vikare. Die große
gotische Kirche, die wir aus Abbildungen kennen, wurde um 1320 errichtet. Von ihrer Wieder-
herstellung und ihrer Verwüstung durch den Markgrafen Albrecht Alcibiades von Branden-
burg 1552 erzählen uns zwei handschriftlich überlieferte Inschriften (Nr. 1291, 1292). Von den
Grabsteinen der Stiftsherren ist uns ein interessantes Stück erhalten (Nr. 748), weitere sind
überliefert, die meistens den Prälaten angehörten. Einzigartig ist der im Museum befindliche
Stein der Christina von Rauenthal f 1506, der ganz ohne Parallele in seiner Gestaltung da-
steht (Nr. 1074). 1793 gingen die Kirche und die umliegenden Gebäude in Flammen auf, 1799
wurden die Reste gesprengt. Heute ist Ackerland an der Stelle des weitläufigen Stiftsbezirks.
Liebfrauen
Das Liebfrauenstift 2 stand östlich vor dem Dom. Nach den Stufen, die an der Ostseite zu dem
prächtigen gotischen Eingangsportal führten, nannte man die Kirche zum Unterschied zu den
anderen Mainzer Marienkirchen: S. Maria ad gradus, S. Maria zu den Staffeln, oder zu den
Greden (= gradus) oder S. Maria intra muros (im Gegensatz zu S. Maria in campis, die
extra muros lag) oder kurz Liebfrauen. In ihrer Entstehungszeit, die vielleicht um 1000 oder
nach 1050 anzusetzen ist, bildete die Kirche einen Teil des Domes, zumindest war sie mit die-
sem verbunden. Falls die Türen des Marktportals des Domes (Nr. 5) wirklich für Liebfrauen
gestiftet worden sind, wie die Überlieferung meldet, so hätten wir in ihnen das älteste erhal-
tene Denkmal der Kirche. Der romanische Bau wurde durch eine prächtige gotische Hallen-
kirche abgelöst, die von 1285 bis nach 1311 erbaut wurde3. Das jetzt im Dom stehende zin-
nerne Taufbecken (Nr. 36) gehört zur Ausstattung dieses Neubaues. Auf der Südseite der
Kirche befand sich ein kleiner Kreuzgang, aus dem wir Inschriften kennen. Die Liebfrauen-
kirche war Sitz eines Kollegiatstifts. 1763 zählte man hier 16 Stiftsherren (1721:19) 5 Domi-
zellare und 16 Vikare4. Außerdem war sie Taufkirche des Domes, was auf die Tradition der
neben den Bischofskirchen stehenden Taufkirchen zurückgeht. Sie war aber auch Wallfahrts-
kirche zu einem Mariengnadenbild, das in einer prächtigen Plastik der Zeit um 1400 noch
heute in der Augustinerkirche erhalten ist. Vielleicht dürfen wir die Madonna der Palästina-
fahrer (Nr. 206), jenes im Domkreuzgang befindliche Steinrelief mit der frühen Antiqua-
inschrift als eine monumentale Votivtafel an dieses Gnadenbild betrachten. Von Grabsteinen
ist aus dieser Kirche eine größere Menge überliefert, hauptsächlich solche von den Prälaten
des Stiftes. Erhalten sind naturgemäß wenige (Nr. 132, 148), denn 1793 gingen Kirche und
Stiftsgebäude in Flammen auf und wurden anschließend zum großen Schaden für den Mainzer
Kunstbesitz niedergelegt5.
1 Wagner=Schneider II S. 362. — 2 Wagner=Schneider II S. 368. —
3 Baum in: Studien aus Kunst u. Geschichte, Friedrich Schneider zum 70. Geburtstag. Freiburg 1905 S. 353. —
4 Pröpste, Dekane und Scholaster findet man bei Joannis I S. 664. Gudenus III S. 1002 bringt das Verzeichnis der Kantoren.
5 Busch in: M. Z. XIX/XX, 1925—1926 S. 56. —

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