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Zahn, Peter [Hrsg.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 13 : Münchener Reihe ; Band 3): Die Inschriften der Friedhöfe St. Johannis, St. Rochus und Wöhrd zu Nürnberg (Teilbd. 1: bis zum Jahre 1580) — München: Druckenmüller, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.45637#0014
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friedhöfe35). Die großen Pestnöte des 15. Jahrhunderts zwangen auch in Nürnberg zur Vergrößerung des
Johannisfriedhofs: Erweiterungen sind aus den Pestjahren 1427 und 1437 überliefert, eine weitere Verände-
rung aus dem Jahr 1457 36). In dieser Zeit dürften auch die Bauten errichtet worden sein, die Dürers Aqua-
rell von 1494/1505 37) zeigt: die Fachwerkbauten des Pfarrhauses und des ersten Steinschreiberhauses zwi-
schen Kapelle und Kirche und das hohe Gebäude des Siechkobels westlich der Kirche, das mit deren Empore
durch einen gedeckten Gang verbunden war. Der von der Stephanuskapelle nach Westen hin erweiterte
Pestfriedhof schloß zur Kirche und dem (Siechkobel-)Kirchhof mit einer von Arkadennischen unterbro-
chenen Mauer ab. Die Nordmauer verlief von der Kapelle aus im Bogen nach Westen entlang des heutigen
Mittelweges, unterbrochen von zwei Pforten und zwei Toren, bog dann in Höhe des Langhauses der
Kirche leicht nach Süden ab und endete in einem Winkel, von dem aus die Mauer des Siechkobels nach
Nordwesten vorsprang. Die Südmauer, die den Friedhof zum Schießplatz hin abgrenzte, verlief von der
Südseite der Stephanuskapelle aus in Höhe des alten Pfarrhauses nach Westen und stieß dort an die Tren-
nungsmauer zwischen den beiden Begräbnisplätzen, die entlang des Pfarrgartens in Nordsüdrichtung
verlief38).
Die Südmauer nun war gemeint, als am 8. November 1518 durch Ratsverlaß geboten wurde: mit der
eussern mauer an dem gotsacker zu sännt Johanns soll man hinaussrucken ungeverlich des priesters gartten gleich39),
das heißt also, bis in die Höhe der südlichen Begrenzung des Pfarrgartens. Das neue Stück wurde am
21. März 1519 geweiht40). Vorausgegangen waren die Jahre der großen Pest von 1505 und 1508 41), in
ihrer Folge seit 1514 Besprechungen des Rates über die Vergrößerung des Gottesackers, dann seit Herbst
1517 Verhandlungen mit den Pröpsten der beiden Hauptkirchen St. Sebald und St. Lorenz wegen auf-
wendiger begrebnus in zeit der pestilentz'12'), ferner ein dringliches Schreiben des Kaisers vom 31. Oktober
1518, in dem es heißt: ...das hinfür in Sterbennden leuffen niemands in derselben Ewer Stat bey den Pfarren und
anndern Kirchen, sonder in newe Gotsackher, so Jr deßhalben aufrichten habt lassen, begraben werden sollen...i3).
Erst die Epidemie von 1519/21 zwang jedoch dazu, die Bestattung innerhalb der Mauern gänzlich einzu-
stellen44).
Gleichzeitig mit der Erweiterung des Johannisfriedhofs wurde der Rochusfriedhof südwestlich des
Spittlertors angelegt45). Der hiermit gewonnene Bestattungsraum reichte offenbar für die Seuchen der
dreißiger und vierziger Jahre aus; die verheerende Epidemie von 1562/63, im Laufe derer mehr als 9000
Menschen starben46), machte aber eine neue Erweiterung der beiden Friedhofsanlagen nötig: 1562 wurde
im Süden ein Stück des obersten Schießstandes einbezogen, und an der Westseite, entlang des Pfarrgartens,
ein Streifen von drei bis vier Grabreihen47). Bei der nächsten Vergrößerung im Jahre 1592 rückte man mit
einer Reihe von vier Gräbern, also um etwa sieben Meter, nach Norden gegen die Johannisstraße vor und
nach Osten gegen die Stadt zu um etwa zehn Meter. An diese Erweiterung, die 500 Gulden Baukosten
verursachte48) und die Holzschuherkapelle nun ganz in den Friedhof einbezog, erinnert eine durch Ab-
schrift des Arztes Dr. Michael Rötenbeck überlieferte Gedenktafel: Alß Fünffzehnhundert, zwey und Neun-
tzig Jar, / Jch Georg Wacker Baumeister war. / Da ward dießr Gottsacker weiter gemacht, / Darzu Jch allen Vor-
rath verschafft. / Damit solcher Bau ward vollend, / Gott geb unß alln ein Seelig end, / Darzu ein frölich Urstend.
Ameni9).

35) Ebenda S. 99.
36) Michahelles, Merkwürdigkeiten S. 7; Nagel, St.johanniskirchhof, Okt. 1928 S. 2; Kunstdenkmale X S. 290.
- Zur Pest in Nürnberg vgl. Walter Jungkunz, Die Sterblichkeit in Nürnberg S. 2890'. Im 15. Jahrhundert erlebte
Europa etwa 40 Pestjahre, vgl. Schweizer, Kirchhof und Friedhof S. 116.
37) Siehe Anm. 14.
38) Der Verlauf der Mauern bei Nagel a. a. O. Okt. 1928 S. 2.
39) StAN Rep. 60a Ratsverlässe (RVe) Nr. 629 fol. I7r; Nagel a.a.O. Okt. 1928 S. 21; Zahn, Beiträge S. 1.
40) StAN Rep. 60a RVe Nr. 634 fol. iov, nr (22.3.1519).
41) Jungkunz a. a. O. S. 295 f.
42) StAN Rep. 60a RVe Nr. 615 fol. 8v (5.10.1517); Nagel a.a. O. Okt. 1928 S. 2.
43) StadtAN Rep. 81 XXII 1.
44) Über den Verlauf dieser bisher noch wenig untersuchten Pest, die nach den Annalen des Stadtschreibers
Johann Müllner von Ende November 1519 bis März 1521 dauerte und dank der gesundheitspolizeilichen Maßnahmen
des Rates an Hand der Ratsverlässe gut zu verfolgen ist, vgl. E. Mummenhoff in: Nürnberg, Festschrift... 65. Ver-
sammlung d. Gesellschaft dt. Naturforscher u. Ärzte, Nürnberg 1892 S. 228-232.
45) Vgl. unten das Kapitel,,Rochusfriedhof“.
46) Jungkunz a. a. O. S. 295.
47) Nagel a.a. O. Okt. 1928 S. 2; aus der gleichen Zeit stammt die heute noch gültige Numerierung der Gräber
und die Führung der - aus dieser Zeit leider nicht mehr vorhandenen - Grabbriefregister.
48) Nagel a.a.O. Okt. 1928 S. 3.
49) Rötenbeck 166 S. 18; Rötenbeck 488 S. 87.

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