Metadaten

Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 16: Heidelberger Reihe ; Band 6: Die Inschriften des Rhein-Neckar-Kreises ; 2): Ehemaliger Landkreis Mannheim, ehemaliger Landkreis Sinsheim (nördlicher Teil) — München: Druckenmüller, 1977

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52967#0020
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
bar. Zwei Grabsteine des späten 16. bzw. des frühen 17. Jahrhunderts - letztere eine ehemalige Gruftplatte
- zeigen Spuren ehemaliger Schriftvergoldung (nr. 140, nr. 322). Drei Grabsteine aus Neckarbischofs-
heim lassen noch erkennen, daß die Schrift ursprünglich ausgelegt war: in einer Grabschrift des Jahres 1422
haben sich Reste der Metalleinlage erhalten (nr. 224), bei zwei anderen Steinen sind die Einlagen - entweder
Metall oder eine harzähnliche Masse - herausgebrochen oder herausgefallen. Da die erwähnten Steine zeit-
lich alle nahe beieinander liegen, war vielleicht eine Werkstatt tätig, in der diese Art der Schriftgestaltung
bevorzugt wurde.
Mit wenigen Beispielen sind erhaben gearbeitete Steininschriften im Bearbeitungsgebiet überliefert:
auf drei Steinen begegnet erhabene Schrift in Neckarbischofsheim (nr. 210 in gotischer Majuskel, nr. 225
und nr. 229 in gotischer Minuskel). Das zuletzt genannte Beispiel zeigt nebeneinander erhabene und
vertiefte Minuskelschrift, die offensichtlich vom gleichen Steinmetz gearbeitet wurden und in der Sorgfalt
der Ausarbeitung sich voneinander nicht unterscheiden27). Der Stein ist ein Rotmarmorstein, er entspricht
dem Material, aus dem in Bayern zahlreiche Steine mit erhaben ausgearbeiteten Inschriften angefertigt
wurden28). Eine ganz hervorragend gestaltete Platte mit einer erhabenen Frakturinschrift hat sich in Wein-
heim erhalten (nr. 115), wahrscheinlich ein Importstück aus auswärtiger Werkstatt, das nach einem detail-
lierten Entwurf gearbeitet wurde 29).
Metallinschriften haben sich im Bearbeitungsraum nur in verschwindend geringer Zahl erhalten,
waren aber sicher ursprünglich in weit reicherem Maße vorhanden. Sie boten in Kriegszeiten willkom-
menes Rohmaterial für Geschütze und Munition; selbst kleinere Metalltafeln für Wappen und Devisen
sind von den Grabsteinen völlig entfernt worden (nrr. 50, 254, 258). Zwei qualitätvolle Grabsteine mit
Bronzemedaillons haben sich in Weinheim erhalten (nr. 122 und nr. 125). Möglicherweise stammen die
gegossenen und danach feinbearbeiteten Reliefs aus ortsfremdenWerkstätten und wurden importiert, um
später auf den an Ort und Stelle bearbeiteten (weil weniger mobilen) Stein aufgelegt zu werden30).
Inschriften auf oder in Holz waren wegen der Vergänglichkeit des Materials immer sehr großen Ver-
lusten ausgesetzt, das mehr durch Zufall Erhaltene kann daher keinesfalls als repräsentativ für den ur-
sprünglichen Bestand angesehen werden. Gemalte Inschriften sind dabei noch anfälliger (und Fehlrestau-
rierungen in höherem Grade ausgesetzt) als geschnitzte Inschriften. Im gesamten Bearbeitungsgebiet ist
als einziges Beispiel einer auf Holz gemalten Inschrift das Degenfeld’sche Prachtepitaph in der Schloßkapelle
von Neuhaus erhalten geblieben (nr. 322). Es zeigt neben den auf Holz gemalten Wappenbeischriften und
der ebenfalls auf eine Holztafel gemalten Sterbeinschrift Bibelverse und Gemäldebeischriften mit Öl auf
Leinwand gemalt. In Holz eingeschnittene Inschriften haben sich vor allem in der Form von Haus-
inschriften erhalten, die im Bearbeitungsgebiet aber wenig repräsentativ erscheinen (nr. 149, nr. 174);
ganz für sich steht die in den Deckenbalken der Neckarbischofsheimer Totenkirche eingeschnitzte Inschrift
des Jahres 1595 (nr. 308), für die weithin kein vergleichbares Beispiel zu finden ist.
Glasgemälde sind im Bearbeitungsgebiet - wie es von einem ländlichen Bereich zu erwarten ist - nur
mit einem einzigen, allerdings sehr qualitätvollen Beispiel eines Scheibenzyklus vertreten (nrr. 249, 250).
Die Fresken derWeinheimer Kirchen, des Ladenburger Bischofshofes und anderer Kirchen sind so unvoll-
ständig erhalten oder total vernichtet, daß aus dem noch Vorhandenen auf Qualität oder Technik keine
Rückschlüsse erlaubt sind.
4. Die Schriftformen der originalen Inschriften
Das in diesem Bande vorgelegte Inschriftenmaterial schließt sich in der äußeren Gestaltung der Schrif-
ten eng an den bereits bearbeiteten ersten Teil des neuen Rhcin-Neckar-Kreises an. Damit wird erneut
bestätigt, daß Erkenntnisse aus den Schriftformen der Monumentalschrift nur mit äußerster Zurückhaltung
von einer Landschaft in die andere übertragbar sind. Wirklich miteinander vergleichbar sind nur eng
benachbarte Räume, die annähernd gleichen kulturellen Strömungen offen sind und eine entsprechende
Entwicklung zeigen. Für weiter entfernte Gebiete wird man die Grundlagen der Schriftentwicklung in

27) Andere Beobachtungen machte D.Lutz in Rothenburg: vgl. Lutz, Rothenburg S. 29.
2S) Dazu ist das Material in DI. V (München) zu vergleichen, seit neuestem auch V.Liedke, Die Haldner und das
Kaisergrabmal in der Frauenkirche zu München (= Ars Bavarica. Archivalisches Jahrbuch für Bauforschung u.
Kunstgeschichte in Bayern Bd. 2) München 1974.
29) Über Entwürfe - nicht nur für aufwendigere Epitaphien, sondern auch für Grabplatten - ist bisher wenig
bekannt; daß es sie gegeben haben muß, bezeugt ein Holzmodell für die Grabplatte Luthers, das sich in der Andreas-
kirche zu Erfurt erhalten hat: W. Schade, Die Malerfamilie Cranach. Dresden 1974, S. 92f.
30) Für die technische Herstellung der Bronzeplatten und -medaillons ist durchgängig Zahn, Epigraphik S. 29 ff.
zu vergleichen.

XVI
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften