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Knorr, Walburga; Zipp, Gerhard; Meier, Beate [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 40 = Münchener Reihe, 8. Band, Regensburg, 1): Minoritenkirche — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.57399#0037
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Die im Original vorhandenen Wappengrabsteine des 15. und 16.Jahrhunderts zeigen sich zuneh-
mend kunstvoller gestaltet. Der Wappenschild oder das Wappen bestimmen zwar immer noch das
„Bild“, Helm und Helmzier treten aber begleitend hinzu, so daß Wappenhelm und Helmzier schließ-
lich zu unentbehrlichen Bestandteilen des Schildes werden (s. Kat.-Nrr. 122, 125, 155, 173). Das
Kreuz als „Wappenhalter“ kommt aus dem Gebrauch, dagegen finden sich Architekturelemente, wie
gedrückte Bögen mit angesetzten Eselsohren (s. Kat.-Nr. 122) oder Segmentbögen und schmale
Dienste, welche die Felder für mehrere Wappen bilden (s. Kat.-Nr. 154).
Die Grabschrift selbst dient nicht der Umrahmung der Felder; vielmehr kommt es immer mehr in
Übung, mehrzeilige Inschriften über den Wappen anzubringen und die Schrift gleichsam in die Dar-
stellung einzubeziehen. Em markantes Beispiel hierfür findet sich in der sechszeiligen Inschrift des
Sinzenhofer-Steines, die von vier in Dreipässen eingeschlagenen Wappenschilden flankiert wird (s.
Kat.-Nr. 150).
Besonders im 15. Jahrhundert waren Grabplatten verbreitet, auf denen Wappen in drei senkrecht an-
geordneten Rundfeldern erscheinen; die Wappengrabplatten sind allesamt Adeligen oder Patriziern
zugeordnet.221 In der Weintingerkapelle hat sich eine solche Deckplatte, der Stein der Familie Prunn-
leiter, in situ erhalten (s. Kat.-Nr. 73); Symbolgrabplatten von Klerikern sind für Minoritenkirche
und -kloster nicht überliefert.
Da man anhand der kopialen Überlieferung nicht entscheiden kann, ob ein „Epitaph“ in dem Sinne
vorliegt, wie die moderne Forschung den Begriff verwendet,222 läßt sich kaum abschätzen, wieviele
„Epitaphe“ in Minoritenkirche und -kloster ehemals vorhanden waren. Lediglich ein Totengedächt-
nismai, das Erasmus und Dorothea von Paulsdorfum 1502 stifteten (s. Kat.-Nr. 149), hat die bewegte
Geschichte überstanden. Die hochrechteckige Platte aus grünem Sandstein schließt ein Segmentbo-
gen ab; unter dem Bogen im großen Feld ein religiöses Bildwerk, die Gregorsmesse darstellend, dar-
unter im breitrechteckigen Feld das Stifterpaar mit Familie. Der ,,Obiit“-Vermerk bestimmt, einge-
hauen auf einer „Pergamentrolle“, die Mitte des unteren Reliefs. Eine heute nicht mehr vorhandene
Ablaßtafel füllte das abschließende untere Feld.223 Der Bildhauer versuchte, besonders in der Darstel-
lung der Gregorsmesse, Tiefe und Räumlichkeit zu vermitteln. Die nach vorne geneigte Mensa mit
dem ebenfalls stark geneigten Sarkophag sowie der gekippte Kelch, der gleichsam auszulaufen scheint,
erzielen auch den beabsichtigten Effekt. Verstärkt wird der Eindruck der Perspektive durch die An-
ordnung der Figurengruppen.224 Die bewegte Darstellung weist starke Ähnlichkeiten mit den eben-
falls um 1500 entstandenen Epitaphien des Kanonikers Matthias Polling (Domkreuzgang) und des
Georg von Paulsdorf (Domkapitelhaus) auf, die beide dem Dombaumeister Wolfgang Roritzer zuge-
schrieben werden.225 Auch das Epitaph der Elisabeth Graner in der St. Kassianskirche weist gleiche
stilistische Merkmale, besonders in der Darstellung der Stifterfamilie, auf226
Eine bedeutende Gruppe von Inschriftenträgern stellen die Stifterinschriften auf einer Reihe von
Gewölbeschlußsteinen dar. Vor allem die in spätgotischer Zeit (um 1460) entstandenen Scheitelsteme
des Kleinen Kreuzgangs zeigen sich häufig mit Wappen-, Christus- oder Heiligendarstellungen und
Umschriften auf abgeschrägten Rändern oder auf gefältelten Bändern. Im Gegensatz zu den Schluß-
steinen des Großen Kreuzgangs, die außer Wappendarstellungen keine weiteren Hinweise auf Stifter
oder Vergaben an das Kloster enthalten, bemühten sich die Stifter des Kleinen Kreuzgangs, auch ihre
Namen der Nachwelt zu hinterlassen. Zur Gruppe der Denkmäler, die Stifterinschriften tragen, zählt
auch das heute noch vorhandene Portal aus Kelheimer Kalkstein, auf dem die bedeutendsten Gönner
und Förderer des Klosters festgehalten sind (s. Kat.-Nr. 96).
Außer in der Kleinen Sakristei und im Großen Kreuzgang (s. Kat.-Nrr. 101, 86) finden wir für den in
unserer Arbeit bearbeiteten Zeitraum keine Bauinschriften überliefert, die exakte baugeschichtliche
Datierungen ermöglichen könnten.
In dem über die Jahrhunderte hinweg stark dezimierten Bestand der Inschriftenträger sind dennoch
fast alle aus der Grabmalplastik bekannten Typen vertreten. Neben den Platten mit Ritzzeichnung

221 So z.B. die Grabsteine der Familien Graner (KDB II 22,1, 189 und Abb. 102), Schneck (ebd. 188 und Abb. 103) und
Grafenreuter (ebd. 255h und Abb. 173); Borgwardt, Mittelalterliches Grabbild 58.
222 Zur Definition des Begriffs in der Kunstgeschichte vgl. Schoenen, Epitaph.
223 Bei genauerer Betrachtung lassen sich noch heute schwache Reste der farbigen Fassung feststellen.
224 Die ikonographische Vermischung der Gregorsmesse und der Messe von Bolsena findet sich auch an einem Epitaph
im Domkreuzgang; vgl. hierzu Hubel, Mittelalterliche Plastik 66f; KDB II 22,1, 170, Abb. 95; Morsbach, Gregori-
usmesse.
225 Hubel, Mittelalterliche Plastik 67—69.
226 KDB II 22,2, 174, Abb. 129.

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