Metadaten

Madel-Böhringer, Claudia; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Contr.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Contr.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Contr.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Contr.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 44 = Münchener Reihe, 9. Band): Die Inschriften des Landkreises Günzburg — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1997

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.57400#0022
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Maria und Johannes in der Kirche erhalten. Auf Brand und Verwüstung sowie auf die Aufbauleistun-
gen des damaligen Abtes Thomas Mang geht der Text auf dessen Epitaph ein75. Ein weiterer, ihn be-
treffender Text ist bei Khamm überliefert76. Dieser beschreibt hauptsächlich den Brand und das Un-
versehrtbleiben des (vermutlich romanischen) Kreuzes. Fraglich ist, ob es sich bei diesem Text um
eine Inschrift handelte77. Vielmehr könnte es eine Beschreibung der Geschehnisse in Versform sein.
1525 wurden die aufständischen Bauern bei Leipheim vernichtend geschlagen. So wie die Forderun-
gen nach Reformen im sozialen Bereich unterblieben, so konnte auch im kirchlichen Leben die Re-
formation im Kreisgebiet nicht Fuß fassen. Nur in zwei Orten setzte sich die neue Lehre durch, im
zur freien Reichsstadt Ulm gehörigen Leipheim mit Riedheirn und in Burtenbach, das der
1546 konvertierte Ortsherr Sebastian Schertlin der Reformation zuführte7'\ Die starke Position des
Bischofs von Augsburg in der Markgrafschaft, und später auch die traditionelle Einstellung des Erz-
hauses Habsburg verhinderte eine Ausbreitung der Reformation.
15 5 9 löste Kaiser Ferdinand I. dieMarkgrafschaft Burgau aus der Pfandschaft des Augsburger Bi-
schofs79. Mit der Teilung der habsburgischen Erblande 1566 fielen Tirol und Vorderösterreich und
damit auch die Markgrafschaft Burgau an seinen zweitgeborenen Sohn, Erzherzog Ferdinand, der mit
der Augsburger Patriziertochter Philippme Welser verheiratet war; für dessen Sohn Karl wurde 1578
die Nachfolge in der Markgrafschaft Burgau vorgesehen, und Günzburg neben dem österreichischen
Verwaltungsort Burgau als zukünftige Residenzstadt ausgebaut. 1577—80 ließ Erzherzog Ferdinand
dort Schloß und Hofkirche durch Alberto Lucchese errichten. Eine Inschrift aus dem 18. Jahrhundert
zeigt im Gebälkstreifen die Jahreszahl 1578 und den Namen Luccheses80. Die Schwierigkeiten, die
sich aus der Präsenz der vorderösterreichischen Herrschaft in der Residenz Günzburg ergaben, wie
auch die rechtlichen Probleme mit weltlichen und geistlichen Insassen, sollten die burgauischen „In-
teripismittel“ von 1587 regeln und die landeshoheithche Stellung Österreichs in der Markgrafschaft
Burgau klären. 1595 stirbt Erzherzog Ferdinand, sein Nachfolger Karl, 19. Markgraf von Burgau, resi-
dierte 1609—1618 in Günzburg81. Als er 1618 ohne eheliche Kinder zu hinterlassen stirbt, fällt die
Markgrafschaft wieder dem Erzhaus zu, und wird von Innsbruck aus regiert. Die Bedeutung Günz-
burgs als Markgrafensitz war damit beendet82.
Nicht nur Günzburg hatte unter dem Einfluß des vorderösterreichischen Hoflebens eine kulturelle
Blüte erfahren, im ganzen Untersuchungsgebiet war in den Jahrzehnten vor dem 30-jährigen Krieg

75 S. Nr. 84
76 Khamm, Hierarchia Augustana III, 503.
77 Vix Thomas Magnus tres mitram gesserat annos
Praesulis, et claro munere functus erat,
Horrida ruriculüm vulgus concurnt ad arma,
Et populus durus Martis amore furit.
Omnia subvertunt, Arces, Coenobia, Templa,
Aras dejiciunt, effigiesque sacras.
Ecclesiae passim cultu nudantur, et Aris,
Ac quidquid reperit, perdita turba rapit.
Haec quoque tune simili domus est vastata ruinä,
Et pene in cineres tota redacta fuit.
Sic flammä et ferro foedaverat omnia miles,
Dixisses: Stabulum est: non Domus ista Dei.
Ornatus non ullus erat, non ulla supellex,
Divini officij qua celebretur honos,
Si qua videbantur, stabant altaria nuda,
Ulla nec effigies pene relicta fuit.
Sola haec, quam cernis, Christi, simul atque Joannis,
Virginis ac Matris mansit imago piae.
Sustulerat reliquas gens intractibilis omnes,
Agrestisque cohors proxima rura tenens.
78 Zu Sebastian Schertlin vgl. auch sein Epitaph Nr. 88.
79 Wüst, Günzburg 45.
80 An den Stirnwänden des Chorbogens: ■ ANNO • DOMINI • // • M ■ D • LXXVIII • . Im Chor: ALBERTVS .
LVCHES INVENTOR.
81 Zu Markgraf Karl vgl. auch die ihn betreffenden Inschriften Nrr. 150, 151, 154 f.
82 Kleine Kreisbeschreibung 15; zur Bedeutung Günzburgs als Residenzstadt vgl. Seibold, Günzburg.

XVIII
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften