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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0029
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aus der Spätrenaissance sind hier nur zwei sehr bescheidene Grabmäler (nrr. 255, 378) erhalten. Ange-
sichts der hervorragend erhaltenen Häusersubstanz des 15. Jahrhunderts in der Oberen Vorstadt über-
rascht auch die geringe Zahl an profanen Inschriften (nrr. 86, 198, 303); neben diesen ist nur ein spät-
gotisches Backmodel em Fundstück von besonderem Reiz (nr. 81).
3.5 Weil der Stadt
Die Stadt Weil der Stadt stellt einen Sonderfall dar, da sie sich von den anderen Städten des Lkr. Böb-
lingen in vielen Punkten unterscheidet86 87. Hinsichtlich der Anzahl der nachweisbaren Inschriften steht
Weil mit 74 Inschriften an der Spitze. Bei der Beurteilung dieser beachtlich erscheinenden Inschrif-
tenmenge wird deutlich, daß die Zahl der erhaltenen Inschriften (41) hier auch nicht höher ist als in
den vergleichbaren Nachbarstädten. Die absolute Zahl der Inschriften ist hier nur um 33 verlorene,
aber kopial überlieferte Inschriften auf 74 angewachsen. Hätte sich auch in den württembergischen
Amtsstädten ein Chronist gefunden wie hier der Augustiner-Prior, der Inschriften seiner Kirche vor
ihrer Zerstörung aufgeschrieben hat, so würde der Bestand historischer Inschriften mit Sicherheit
auch dort die heute noch vorhandene Anzahl übersteigen.
Weil war als ehemaliges Besitztum der Grafen von Calw 1191 in königlichen Besitz übergegangen.
Vermutlich zwischen 1223 und 1235 durch die Staufer zur Stadt erhoben, war sie die einzige reichs-
unmittelbare Stadt des Bearbeitungsgebietes. Obgleich sie inselartig vom württembergischen Terri-
torium umgeben war, gelang es der kleinen, aber selbstbewußten Stadt, ihre Autonomie zu wahren,
was sich in einer Reihe von profanen Inschriften niedergeschlagen hat (nrr. 179, 239, 265, 304;
Anhl6c). In Städtebünden anderen Reichsstädten verbunden teilte Weil deren Schicksale. Die 1388
in der Schlacht bei Döffingen für die Freiheit ihrer Stadt Gefallenen waren noch um 1500 als Hel-
den unvergessen (nr. 125); ihrer wurde bis zum Ende der Reichsstadt und bis zum Anfall an Würt-
temberg 1803 gedacht. Das Schlachtengedenken war gerade nach dem Verlust der Selbständigkeit
noch immer der Identifizierung mit der Vergangenheit dienlich, wie neuere Inschriften zeigen
(Anhl6b).
Obgleich die Bürgerschaft wie in anderen Reichsstädten frühzeitig einer Reformation lutherischer
Prägung zuneigte, gelang es der habsburgisch gesonnenen Partei, seit dem Ende des 16. Jahrhunderts
die Gegenreformation mit auswärtiger Hilfe zu betreiben und 1640 mit der Ansiedlung der Kapu-
ziner abzuschließen. Als eine Art Siegesdenkmal der katholischen Ehrbarkeit darf das prachtvolle
Sakramentshaus von 1611 in der kath. Stadtkirche gelten (nr. 334).
Die Stadtkirche St. Peter und Paul, als Zeichen des städtischen Selbstbewußtseins nut zwei roma-
nischen Osttürmen und einem monumentalen Westturm von 1370 ff. versehen, erhielt 1492 einen
Neubau von Chor und Hallenlanghaus nach Entwurf des am Stuttgarter Hof tätigen Aberlin Jörg
(nrr.38, 104, 243); die Einwölbung des Chores erfolgte ab 1519 (nr. 161). Die Baulast hatte der Abt
des Klosters Hirsau mitzutragen, dem die Kirche seit Mitte des 14. Jh. inkorporiert war. Die gesamte
spätgotische Ausstattung (nr. 107) war hier ebenso wie der reiche Kirchenschatz (nrr. 23, 59, 122, 123)
unbeschadet durch die bilderfeindlichen Jahrzehnte der Reformation hindurch bewahrt worden.
Außer der Pfarrkirche besaß die Stadt mit dem 1294 gegründeten Kloster der Augustiner-Eremiten*'
(nrr. 91, 153, 154) die einzige Bettelordensniederlassung des Bearbeitungsgebietes von Bedeutung
sowie ein 1358 gestiftetes Bürgerspital mit eigener Kapelle88 (nrr. 100, 206, 249).
Während des Dreißigjährigen Krieges diente Weil der Stadt der kaiserlichen Partei als ein wich-
tiger Stützpunkt, was auch Inschriften belegen (nrr. 388, 397, 404, 405). Nach kurzer Intervention
der Schweden 1632 wurde die Stadt 1648 zwar verbrannt und geplündert, war aber von da an als
katholische Reichsstadt unbestritten (Anhlöc). Erst dieser Stadtbrand hat die spätgotische Stadtkir-

86 Die wichtigste Literatur: OABLeonberg 1930, 1023 — 1117; Handbuch der Hist. Stätten Deutschlands VI: Baden-
Württemberg. 2. Aufl. 1980, 862 — 864; Hubig, W, Konflikte in Weil der Stadt während des 17. u. 18.Jahrhunderts
(Europäische Hochschulschriften Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 602). Frankfurt a. M. 1994,
21 — 62; Press, V, Weil der Stadt — Reichsstadt im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. In: ZWLG 54 (1995)
32 (mit Bibliographie); Jooß, R., Weil der Stadt. In: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Bd. 2,
1995, 744.
87 OABLeonberg 1930, 1029f., 1101 — 1105; Heimberger, F., Die Klöster von Weil. In: ASG 1984, 12 — 16; Schütz, Sieg-
fried, Uber die Baugeschichte der klösterlichen und säkularisierten Augustinerniederlassung (Kirche und Oratorium)
in Weil der Stadt bis zum 19.Jahrhundert. In: Heimatverein Weil der Stadt. Berichte und Mitteilungen 43 (1994)
19-29.
88 OABLeonberg 1930, 1030f., 1107—1109; Hammer, F., Spital und Kapelle Weil der Stadt (Kirchenführer). München
1985 (mit Literaturangaben).

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