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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0041
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Leonberger Janowitz-Epitaph (nr. 402) diese Werkgruppe, die serienweise für den Adel in Zavelstein
(Lkr. Calw), Brackenheim (Lkr. Heilbronn), Kirchheim/Teck und in anderen Orten Alt-Württem-
bergs angefertigt wurde136 137 138. Jakob Eberhard Schwartz wird in Zusammenhang mit dem 1650 gestifte-
ten Kruzifix der evangelischen Kirche in Schönaich „Bildhauer von Stuttgart“ genannt; also hatte die
Werkstatt zeitweise auch dort ihren Sitz und fertigte auch Holzbildwerke11' .
Mit dem in Tübingen tätigen Bildhauer Leonhard Baumhauer (nachweisbar 1560ff, gestorben
1604) war Jeremias Schwartz vermutlich als Schüler verbunden. Als em Spezialist auf dem Gebiet
monumentaler Marktbrunnen mit Wappnerfiguren hat Baumhauer auch den Leonberger Brunnen
(nr. 210) von 1566 ausgeführt. Wie Baumhauers Tübinger und Stuttgarter Werke zeigen, hat man
diesen Meister lange überschätzt. Die enge Verwandtschaft seiner Arbeiten mit dem Frühwerk von
Schwartz hat dazu geführt, daß irrtümlich auch Schwartzens Leonberger Denkmäler dem Baum-
hauer zugeschrieben wurden
Em Konkurrent für Jeremias Schwartz war der in seiner Technik ebenbürtige, in Tübingen ansäs-
sige Christoph Jelin (Heirat 1577, gestorben 1610)139, der ab 1577 an Baumhauers Stelle für Aufträge
des württembergischen Hofes herangezogen wurde. In zwei Fällen ist er auch für den Adel des Be-
arbeitungsgebietes tätig gewesen. So hat seine Werkstatt für die Dachenhausen in Ehningen-Mauren
(nrr. 251, 262, 263, 275, 300, 306, 309) eine Serie von sieben figürlichen Kindergrabmälern ge-
schaffen, zu deren unmittelbaren Vorbildern die beiden Kmder-Grabmäler der Liebenstein in Göp-
pingen-Jebenhausen zählen14". Zuvor hatte Jelin in Ehningen das Grabmal für Johann Brastberger
(nr. 234) aus Tübingen ausgeführt.
Dem in Tübingen und Stuttgart tätigen Georg Miler (nachweisbar 1602 bis 1631) kann ein Grab-
denkmal in Merklingen (nr. 336) zugeschrieben werden, das offensichtlich im Anschluß an den größ-
ten bildhauerischen Auftrag entstand, der im Bearbeitungsgebiet in der Spätrenaissance zu vergeben
war: das Sakramentshaus (nr. 334) der kath. Stadtkirche Weil der Stadt, eine private Stiftung von 1611
und zugleich eine Art Siegesdenkmal der Gegenreformation. Der reiche Figurenschmuck, die
wuchernde Ornamentik, aber auch der mehrgliedrige Aufriß der Zierarchitektur weisen auf nord-
deutsche Prunk-Epitaphien in der Art der Gröninger von Münster als Vorbilder.
Angesichts der regen Produktion aufwendiger Figuren-Grabmäler der Spätrenaissance für das Bearbei-
tungsgebiet, die von Leonberg und Tübingen ausging, ist mit Verwunderung zu konstatieren, daß der
umfangreiche Bestand der Stadt Herrenberg und seiner Nachbarorte ein völlig anderes Bild zeigt. Die
hier erhaltenen Sandstein-Epitaphien setzen heute erst mit dem Denkmal des Johann Grimnger
(gest. 1603; nr. 299) em. Dieser wohlhabende und einflußreiche Bürgermeister und Landschafts-
abgeordnete hätte seinem sozialen Prestige nach durchaus ein Figuren-Denkmal in der Art der Leon-
berger Amtsträger-Grabmäler wählen können. Er erhielt jedoch ein Inschrift-Epitaph von spartani-
scher Schlichtheit, das einen Typ vertritt, der sonst vor allem in den Hochburgen des Calvinismus — so
in Heidelberg, Oppenheim oder Basel — zu finden ist. Das Grininger-Denkmal läßt sich als Prototyp
der Herrenberger Epitaphien bezeichnen. Es besteht aus einer einfachen hochrechteckigen Inschrift-
tafel mit zartem Rahmenprofil, getragen von einer Beschlagwerk-Konsole, die in der Mitte mit einer
Kartusche mit Totenschädel geschmückt ist. Wie der Vergleich mit den eng verwandten Epitaphien für
Mana und Hans Lupin (nrr. 355, 372) zeigt, wird auch das Grüninger-Epitaph ursprünglich von einem
streng geformten Dreiecksgiebel bekrönt gewesen sein. Die Inschrift ist in einer dem klassischen Ideal
nachstrebenden Kapitalis gebildet und umfaßt die Grabschrift und den Leichtext. In der Spätzeit über-
wiegt als Schriftart eine klar geformte Fraktur, manchmal mit eingesprengten Wörtern in Kapitalis.
Nach diesem Schema sind alle Epitaphien in Herrenberg und in den Orten der nächsten Umgebung
gearbeitet141. Em Epitaph, das alle Züge der Herrenberger Gruppe zeigt, nur auf Konsole und Bekrö-
nung verzichtet, trägt die verstümmelte Signatur Forster stein[metz]. Es ist das Epitaph für den Pfarrer
Melchior Sauter (gest. 1613; nr. 339) in Kuppmgen. Nun hat bereits Fleischhauer142 einen in Herren-

136 Vgl. Seeliger-Zeiss, in: Ein seliges end 1998, 142 — 147.
137 Heimberger, F., Schönaich — Geschichte einer Wachstumsgemeinde im Kreis Böblingen. Ludwigsburg 1970, 330.
138 Die Gegenargumente bei Seehger-Zeiss, in: Ein seliges end 1998, 115, 118, 121.
139 Zuletzt zu diesem Fleischhauer, Renaissance 1971, 144 — 147, 347 f. passim. — Aufgrund der sorgfältig gearbeiteten
Schrift konnten Jelin die Epitaphien der Familie Breuning von und zu Buchenbach in Winnenden zugeschrieben
werden; vgl. DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nrr. 206, 209, 210, 211, 227.
140 Vgl. DI 41 (Göppingen) nrr. 333, 338.
141 Insgesamt können 17 Epitaphien dieser Werkstatt zugeschrieben werden. Das späteste Denkmal dieser Gruppe ist das
Denkmal des Conrad Hiller von 1628 (nr. 385).
142 Fleischhauer, Renaissance 1971, 365.

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