Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0017
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Vorwort.

XIII

schweiger
finden
auch mitten in Abschnitten, welche die kirchliche Organisation behandeln. Da wird vielfach
lediglich eine Kapitelüberschrift abgedruckt. Die für die kirchliche Verfassungsentwickelung
weniger wichtigen Ordnungen kommen natürlich noch schlechter fort; viele werden, wie gesagt,
nicht einmal citirt. Richter hat dies alles aus naheliegenden Gründen getlian. Um nicht an
äusseren Schwierigkeiten das ganze Werk scheitern zu sehen, hat er sich mit dem Erreichbaren
begnügt. Wer will ihm daraus einen Vorwurf machen. Andererseits liegt auf der Hand, dass
der Werth seiner Sammlung dadurch bedeutend verringert ist. Uber diese Beschränkung ist
schon wiederholt von den verschiedensten Seiten Klage geführt worden. Vgl. z. B. Real-
encyklopädie für protestantische Theologie, 2. Auf!., unter Kirchen-Ordnung; Koldewey, in
Theolog. Studien und Kritiken, 1888, S. 549, Apm. 2; Kawerau, in Z. f. kirclil. Wissensch.
und kirclil. Leben 10, 423 bezüglich der Taufrituale. Und mit Recht.
auch mitten in Abschnitten, welche die kirchliche Organisation behandeln. Da wird vielfach
lediglich eine Kapitelüberschrift abgedruckt. Die für die kirchliche Verfassungsentwickelung
weniger wichtigen Ordnungen kommen natürlich noch schlechter fort; viele werden, wie gesagt,
nicht einmal citirt. Richter hat dies alles aus naheliegenden Gründen gethan. Um nicht an
äusseren Schwierigkeiten das ganze Werk scheitern zu sehen, hat er sich mit dem Erreichbaren
1. Die Kirchen-Ordnungen sind nicht nur für die Verfassung von Bedeutung. Richter
reflectirt im Wesentlichen nur auf die Juristen. Aber die Kirchen-Ordnungen bieten auch eine
unschätzbare Fundgrube für die dogmatische und liturgische Forschung, für die Historiker u. s. w.
Theologen und Historiker haben ein gleiches Anrecht darauf, diesen überreichen Schatz zur
Ausbeutung zur Verfügung gestellt zu sehen, wie die Kirchenrechtler.
sehen Ausgabe.
2. Die Ordnungen müssen vollständig gebracht werden. Die Auslassungen Richter’s
sind unzulässig. Die auf solche Weise zerstückelten Ordnungen gewähren dem Forscher nur
Auch ist es nicht zu billigen, dass Richter die Einleitungen, Publikationsurkunden
u. s. w. fast regelmässig fortlässt. Sie sind für das Verständniss der Ordnung oft unentbehrlich.
machen zwar die Lectüre nicht gerade zu einer bequemen, aber diese Rücksicht muss Er-
wägungen äusserer Natur weichen.) Richter hat hiervon den weitesten Gebrauch gemacht.
Er verweist auf andere Ordnungen mit dem Vermerk: „Entnommen der Kirchen-Ordnung“ —,
oder „Ähnlich u. s. w.“ Mit solchen unbestimmten Verweisen ist selbstverständlich nichts an-
zufangen, und kein ernster Forscher wird sich daran genügen lassen. Die Benutzung einer Ord-
nung durch eine andere ist nie eine rein schematische gewesen. Bugenhagen hat z. B. seine
Ordnungen stets von Neuem gründlich durchgearbeitet und gefeilt, selbst wo die Verschieden-
heit der lokalen Verhältnisse dies nicht bedingt haben würde, man vergleiche z. B. die Lübecker
Ordnung mit der Hamburger Ordnung in dem Abschnitt „von den festen“. Anders scheint
es zu liegen, wenn Richter „Vörtliche Übereinstimmung“ anzeigt. Liier kann aber Richter
der Vorwurf nicht erspart bleiben, dass diese Behauptung keineswegs immer genau den That-
sachen entspricht. Man nehme z. B. seinen Abdruck der Hamburger Kirchen-Ordnung
1, 128. Nach der Vorbemerkung sollen die meisten ausgelassenen Stücke wörtlich der Braun-
schweiger Kirchen-Ordnung folgen. Sieht man genauer zu, so findet man statt dessen z. B.
Folgendes: Art. VII ist aus der Braunschweiger Kirchen-Ordnung entnommen, Art. VIII nicht.
Art. XIII ist aus mehreren Stücken der Braunschweiger zusammengesetzt. Art. XVII stimmt
nur stellenweise mit der Braunschweiger überein, Art. XXII weicht vollständig von der Braun-
schweiger ah. Oder wenn Richter in der Lübecker Kirchen-Ordnung von 1531 die wörtliche
Übereinstimmung mit der Hamburger behauptet, so stimmen z. B. die Abschnitte „des Sontages
und Festprediken“, oder „de werkeldages prediken, fro morghen“ nicht nur nicht mit der
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften