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Albertinisches Sachsen. Cap. II. Moritz. (1541—1553.)
schädlich der verzug bis anhero gewesen, auch, wo länger also nachgesehen, wie nachtheilig
sein würde.“ So dachte Moritz daran, die im Ernestinischen Sachsen getroffene Einrichtung der
Consistorien auch auf sein Gebiet zu übertragen.
Zur Geschichte der Albertinischen Consistorien besitzen wir bereits eine reiche Litteratur.
Vgl. ausser den oben zum Consistorium von Wittenberg Citirten noch: Blanckmeister, Die
sächs. Consistorien, in „Aus dem kirchl. Leben des Sachsenlandes“, 9. u. 10. Heft, Leipzig 1893;
Derselbe, Sächs. Kirchengeschichte, Dresden 1899, S. 134 ff. Eine handschriftliche Geschichte
der kursächs. Consistorien befindet sich in der Univ.-Bibl. zu Halle (vgl. Handschriften Jur. 211.
Bl. 97 ff.), enthält aber viel Ungenaues. Georg Müller, a. a. O. 9, 114 ff.; Geffcken, in
Friedberg’s und Sehling’s D. Z. f. Kirchenrecht, 1894, S. 9 ff.
Zur Vervollständigung unserer Kenntnisse über die Anfänge der Consistorien bringe ich
Folgendes bei. Die Idee, im Albertinischen Sachsen Consistorien zu errichten, ist beinahe so alt
wie die Einführung der Reformation dortselbst. Schon in der ersten Visitation zu Annaberg
(Juli 1539) wurde der Pfarrer in Ehesachen an den Superintendenten zu Leipzig verwiesen, „bis
unser g. f. diese sache durch bestellung eines notdürftgen consistoriums vorsehen und vor-
ordnen werde“. (Wolf, Annaberger Real-Gym.-Programm 1886, S. 28.) Von der Idee bis zur
Ausführung war aber noch ein weiter Schritt. Noch in der zweiten Instruktion von 1539 in
Cap. XXX wurde der Pfarrer aufgefordert, in Ehesachen sich Raths zu erholen bei den Juristen,
Predigern und Superattendenten in Leipzig. Aber schon in einer Verfügung der Visitatoren für
Weissenfels vom 13. August 1540 (Magdeburg, St.A. A. 59. A. 1492) wurde der Pfarrer in ehe-
rechtlichen Fragen „an die verordneten in ehesachen zu Leipzig“ gewiesen und in den Generalia
der Visitatoren vom 11. Oktober 1540 wurden die Pfarrer in Ehesachen dem Superattendenten
zu Leipzig unterstellt, mit dem Zusatze „bis die Consistoria auffgerichtet werden“. Es muss
also die Errichtung der Consistorien schon ernsthaft erwogen worden sein; der Zusatz zeigt,
dass die Visitatoren die Errichtung als bevorstehend ansahen.
Aus dem ganzen Zusammenhange der Dinge ergiebt sich weiter, dass man die Errich-
tung eines Consistoriums in Leipzig plante.
Weshalb sich die Idee erst 1543 ihrer Verwirklichung nähern sollte und welche Schwierig-
keiten dem Projekt entgegentraten, ist zur Zeit nicht aufgeklärt. Thatsache ist, dass 1543 der
Plan der Errichtung eines Consistoriums zu Leipzig auf Befehl des Herzogs ernsthaft angegriffen
wurde1). Das Consistorium zu Leipzig ist jedoch nicht zur Constituirung gelangt. Es ist bei
den Vorbereitungen dazu geblieben2).
Noch die grosse Theologen-Conferenz, welche Lätare, d. i. am 23. März 1544, zur Be-
rathung der vom Herzog geplanten organisatorischen Kirchen-Ordnung in Leipzig stattfand,
1) Zur Vervollständigung der Ausführungen G. Müller’s, a. a. O. S. 9, 107 ff. 114 ff. und Geffcken’s,
a. a. O. S. 9 ff. sei hier folgendes Ausschreiben an die „zu dem neuen consistorium verordneten“ aus dem Dres-
dener H.St.A. Copial. 181, S. 156a mitgetheilt, welches die Ausführungen Geffcken’s bestätigt: „An (Name,
ausgelassen) der hl. schrifft und rechten doctores, zu dem neuen consistorium verordnete. Günstige herren und
freundt. Nachdem herzog Moritz zu Sachsen unser gnediger fürst und herr von seiner F. G. [fehlt etwa: landen]
vor seinem abreisen euch ein consistorium anzurichten bevolhenn und ir aber was darauf zu thun bedacht, seiner
F. G. ader abwesens denselben uns keine antwort geben, ist abwesens und von wegen seiner F. G. unser person
freundlichait, ihr wellt uns dasselbe uffs ferderlichste eigentlichen berichten, darauf sich seine F. G. zu irer an-
kunft oder was vor der zeit wegenseiner F. G. uns gegen euch ferner vernehmen lassen wollen und geschehe
darum seiner F. G. meinung. So sein wir euch vor unser person zu dienen ganz willig, d. Dreden, Mittwoch
nach praesentationis Mariae [26. Nov.]. Anno 1543.
2) Wenn „den verordneten des neuen Consistorii zu Leipzick“ Dienstag nach Conc. Mariae 1543, d. i.
11. Dez., vom Herzog Moritz ein Ehefall zur Entscheidung vorgelegt wurde (vgl. G. Müller, a. a. O. 8, 116 Anm.),
so bestätigt dies gerade unsere Meinung. Denn wäre das Consistorium bestellt gewesen, so hätte die Anrede an
die Behörde und nicht an die einzelnen Mitglieder derselben lauten müssen.
Albertinisches Sachsen. Cap. II. Moritz. (1541—1553.)
schädlich der verzug bis anhero gewesen, auch, wo länger also nachgesehen, wie nachtheilig
sein würde.“ So dachte Moritz daran, die im Ernestinischen Sachsen getroffene Einrichtung der
Consistorien auch auf sein Gebiet zu übertragen.
Zur Geschichte der Albertinischen Consistorien besitzen wir bereits eine reiche Litteratur.
Vgl. ausser den oben zum Consistorium von Wittenberg Citirten noch: Blanckmeister, Die
sächs. Consistorien, in „Aus dem kirchl. Leben des Sachsenlandes“, 9. u. 10. Heft, Leipzig 1893;
Derselbe, Sächs. Kirchengeschichte, Dresden 1899, S. 134 ff. Eine handschriftliche Geschichte
der kursächs. Consistorien befindet sich in der Univ.-Bibl. zu Halle (vgl. Handschriften Jur. 211.
Bl. 97 ff.), enthält aber viel Ungenaues. Georg Müller, a. a. O. 9, 114 ff.; Geffcken, in
Friedberg’s und Sehling’s D. Z. f. Kirchenrecht, 1894, S. 9 ff.
Zur Vervollständigung unserer Kenntnisse über die Anfänge der Consistorien bringe ich
Folgendes bei. Die Idee, im Albertinischen Sachsen Consistorien zu errichten, ist beinahe so alt
wie die Einführung der Reformation dortselbst. Schon in der ersten Visitation zu Annaberg
(Juli 1539) wurde der Pfarrer in Ehesachen an den Superintendenten zu Leipzig verwiesen, „bis
unser g. f. diese sache durch bestellung eines notdürftgen consistoriums vorsehen und vor-
ordnen werde“. (Wolf, Annaberger Real-Gym.-Programm 1886, S. 28.) Von der Idee bis zur
Ausführung war aber noch ein weiter Schritt. Noch in der zweiten Instruktion von 1539 in
Cap. XXX wurde der Pfarrer aufgefordert, in Ehesachen sich Raths zu erholen bei den Juristen,
Predigern und Superattendenten in Leipzig. Aber schon in einer Verfügung der Visitatoren für
Weissenfels vom 13. August 1540 (Magdeburg, St.A. A. 59. A. 1492) wurde der Pfarrer in ehe-
rechtlichen Fragen „an die verordneten in ehesachen zu Leipzig“ gewiesen und in den Generalia
der Visitatoren vom 11. Oktober 1540 wurden die Pfarrer in Ehesachen dem Superattendenten
zu Leipzig unterstellt, mit dem Zusatze „bis die Consistoria auffgerichtet werden“. Es muss
also die Errichtung der Consistorien schon ernsthaft erwogen worden sein; der Zusatz zeigt,
dass die Visitatoren die Errichtung als bevorstehend ansahen.
Aus dem ganzen Zusammenhange der Dinge ergiebt sich weiter, dass man die Errich-
tung eines Consistoriums in Leipzig plante.
Weshalb sich die Idee erst 1543 ihrer Verwirklichung nähern sollte und welche Schwierig-
keiten dem Projekt entgegentraten, ist zur Zeit nicht aufgeklärt. Thatsache ist, dass 1543 der
Plan der Errichtung eines Consistoriums zu Leipzig auf Befehl des Herzogs ernsthaft angegriffen
wurde1). Das Consistorium zu Leipzig ist jedoch nicht zur Constituirung gelangt. Es ist bei
den Vorbereitungen dazu geblieben2).
Noch die grosse Theologen-Conferenz, welche Lätare, d. i. am 23. März 1544, zur Be-
rathung der vom Herzog geplanten organisatorischen Kirchen-Ordnung in Leipzig stattfand,
1) Zur Vervollständigung der Ausführungen G. Müller’s, a. a. O. S. 9, 107 ff. 114 ff. und Geffcken’s,
a. a. O. S. 9 ff. sei hier folgendes Ausschreiben an die „zu dem neuen consistorium verordneten“ aus dem Dres-
dener H.St.A. Copial. 181, S. 156a mitgetheilt, welches die Ausführungen Geffcken’s bestätigt: „An (Name,
ausgelassen) der hl. schrifft und rechten doctores, zu dem neuen consistorium verordnete. Günstige herren und
freundt. Nachdem herzog Moritz zu Sachsen unser gnediger fürst und herr von seiner F. G. [fehlt etwa: landen]
vor seinem abreisen euch ein consistorium anzurichten bevolhenn und ir aber was darauf zu thun bedacht, seiner
F. G. ader abwesens denselben uns keine antwort geben, ist abwesens und von wegen seiner F. G. unser person
freundlichait, ihr wellt uns dasselbe uffs ferderlichste eigentlichen berichten, darauf sich seine F. G. zu irer an-
kunft oder was vor der zeit wegenseiner F. G. uns gegen euch ferner vernehmen lassen wollen und geschehe
darum seiner F. G. meinung. So sein wir euch vor unser person zu dienen ganz willig, d. Dreden, Mittwoch
nach praesentationis Mariae [26. Nov.]. Anno 1543.
2) Wenn „den verordneten des neuen Consistorii zu Leipzick“ Dienstag nach Conc. Mariae 1543, d. i.
11. Dez., vom Herzog Moritz ein Ehefall zur Entscheidung vorgelegt wurde (vgl. G. Müller, a. a. O. 8, 116 Anm.),
so bestätigt dies gerade unsere Meinung. Denn wäre das Consistorium bestellt gewesen, so hätte die Anrede an
die Behörde und nicht an die einzelnen Mitglieder derselben lauten müssen.