noch einige äußere Wünsche. Eigenhändig beschloß er den Brief mit den Worten: ,,Man mus Got mer
ansehen als den menschen; den her [= er] allan helfen kan unt mag,“75
Nürnberg hatte in der Zwischenzeit aber bereits gehandelt. Am 1. Januar 1533 wurde die Kirchen-
ordnung in der Stadt76, am 9. Februar im ganzen Landgebiet eingeführt11. Die von Ansbach gewünschte
geistliche Behörde bestellte Nürnberg auch am 20. Mai78 in Form einer Kommission zur Aufsicht über
die Durchführung der Kirchenordnung. Ansbach gab am 1.März 1533 den Befehl zur Einführung so-
wohl im ansbachischen als im kulmbachischen Teil des Landes79.
Da die markgräflichen Wünsche nicht mehr im Originaldruck berücksichtigt werden konnten, wur-
den sie in besonderen Blättern beigelegt, wobei freilich einige nur noch als handschriftliche Ergänzungen
beigefügt werden mußten80. Diese Nachträge beeinträchtigten die Einheitlichkeit und verschwanden des-
halb auch sehr rasch. Aber sie sind die Spuren der großen Schwierigkeiten und schweren Kämpfe, unter
denendie Kirchenordnung zustande kam und die unter den Entstehungsgeschichten aller Kirchenord-
nungen wohl einzig dastehen, und gerade auch schon darum verdient diese Kirchenordnung besondere
Beachtung. Vor allem aber ist sie das bedeutsame Denkmal eines ersten Versuchs, bei einer innerkirch-
lichen Ordnung den engen Rahmen der jetzt entstehenden kleinen, kleinsten und allerkleinsten Terri-
torialkirchen zu sprengen und zu einer gesamtkirchlichen evangelischen Klärung und Lösung zu kom-
men. Nichts weniger als der erste Vorläufer der Agende der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche
Deutschlands ist diese unsere Kirchenordnung.
Einflußbereich und weitere Geschichte der Kirchenordnung.
Zur restlosen Einführung gelangte die Gottesdienstform dieser Kirchenordnung nicht. Nürnberg be-
hielt wenigstens in den großen Kirchen der Stadt die Ordnung der Pröpste von 152481 bei, so daß hier
z. B. am Sonntagvormittag die ,,Ämter“ nach dem Meßschema (ohne Predigt) und der zwischen sie ein-
geschobene selbständige Predigtgottesdienst mittelalterlichen Stiles nebeneinander weiterliefen, und im
brandenburgischen Gebiet verzichtete die größte Stadt - Hof - nicht auf ihren inzwischen ausgebauten
liturgischen Reichtmn82. Doch lag ja eine solche Preisgabe auch nicht im mindesten in der Absicht der
Kirchenordnung. In ihr war ein Werk geschaffen, das in weitesten evangelischen Gebieten Anklang fand,
zum Vorbild für neue Kirchenordnungen wurde und auf diese Weise weithin den Gedanken verwirk-
lichte, der ihr immer wieder als Hindernis in den Weg geworfen worden war - eine gemeinsame deut-
sche Kirchenordnung.
Das zeigen vor allem schon die zahlreichen Auflagen, die sie rasch nacheinander erfuhr. Die Frage
freilich, wie weit das amtliche Ausgaben waren, muß offen bleiben. Wahrscheinlich liegt überall ledig-
lich ein privates buchhändlerisches Unternehmen vor. Das gilt sogar für die einzige Ausgabe, in der
Änderungen vorgenommen wurden, die Ausgabe von 159183.
Wenn es auch nicht Aufgcibe dieser Einleitung sein kann, Wert und Bedeutung unserer Kirchen-
ordnung im einzelnen darzustellen, so darf doch auf einen kurzen Überblick über ihren Einflußbereich
nicht verzichtet werden84. In ihrer näheren Ungebung wurde die neue Kirchenordnung — abgesehen von
75 NStA ARA 9f. 430-433.-Hocker, Supplementa 180f. 76 NStA ARA 9f. 416. 77 NStA ARA 9 f. 633.
78 NStA Ratsverlässe. 79 NStA ARA 9 f. 628f. 80 Unsere Nr. III 4. 81 Siehe unsere Nr. I 5.
— Fendt 216-222. 381. —Zum weiteren goltesdienstlichen Lehen in Nürnberg vgl. außer Officium und Herold,
Alt-Nürnberg auch Responsoria, quae annuatim in veteri ecclesia de tempore, feslis et sanctis cantari solent.
Nürnberg 1572 (und öfter). 82 Siehe unsere Nr. IV 20
83 Darauf führt vor allen Dingen der in ihr enthaltene Hinweis auf das ,,hiesige Gesangbuch“ (bei den Beerdigun-
gen, vgl. unten S. 202). Wahrscheinlich steht hinter dieser Ausgabe vor allen Dingen der Hofer Rektor Enoch Wid-
man, der uns bei der Hofer Kirchenordnung von 1592 noch begegnen wird. — Die Änderungen in den Anmer-
kungen unserer Ausgabe.
84 Westermayer 116. - Sehling, in: RE 10, 406. - Waldenmaier 79-88. 135-144. - Simon, EKGB 299.
- EKL 2, 772f.
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ansehen als den menschen; den her [= er] allan helfen kan unt mag,“75
Nürnberg hatte in der Zwischenzeit aber bereits gehandelt. Am 1. Januar 1533 wurde die Kirchen-
ordnung in der Stadt76, am 9. Februar im ganzen Landgebiet eingeführt11. Die von Ansbach gewünschte
geistliche Behörde bestellte Nürnberg auch am 20. Mai78 in Form einer Kommission zur Aufsicht über
die Durchführung der Kirchenordnung. Ansbach gab am 1.März 1533 den Befehl zur Einführung so-
wohl im ansbachischen als im kulmbachischen Teil des Landes79.
Da die markgräflichen Wünsche nicht mehr im Originaldruck berücksichtigt werden konnten, wur-
den sie in besonderen Blättern beigelegt, wobei freilich einige nur noch als handschriftliche Ergänzungen
beigefügt werden mußten80. Diese Nachträge beeinträchtigten die Einheitlichkeit und verschwanden des-
halb auch sehr rasch. Aber sie sind die Spuren der großen Schwierigkeiten und schweren Kämpfe, unter
denendie Kirchenordnung zustande kam und die unter den Entstehungsgeschichten aller Kirchenord-
nungen wohl einzig dastehen, und gerade auch schon darum verdient diese Kirchenordnung besondere
Beachtung. Vor allem aber ist sie das bedeutsame Denkmal eines ersten Versuchs, bei einer innerkirch-
lichen Ordnung den engen Rahmen der jetzt entstehenden kleinen, kleinsten und allerkleinsten Terri-
torialkirchen zu sprengen und zu einer gesamtkirchlichen evangelischen Klärung und Lösung zu kom-
men. Nichts weniger als der erste Vorläufer der Agende der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche
Deutschlands ist diese unsere Kirchenordnung.
Einflußbereich und weitere Geschichte der Kirchenordnung.
Zur restlosen Einführung gelangte die Gottesdienstform dieser Kirchenordnung nicht. Nürnberg be-
hielt wenigstens in den großen Kirchen der Stadt die Ordnung der Pröpste von 152481 bei, so daß hier
z. B. am Sonntagvormittag die ,,Ämter“ nach dem Meßschema (ohne Predigt) und der zwischen sie ein-
geschobene selbständige Predigtgottesdienst mittelalterlichen Stiles nebeneinander weiterliefen, und im
brandenburgischen Gebiet verzichtete die größte Stadt - Hof - nicht auf ihren inzwischen ausgebauten
liturgischen Reichtmn82. Doch lag ja eine solche Preisgabe auch nicht im mindesten in der Absicht der
Kirchenordnung. In ihr war ein Werk geschaffen, das in weitesten evangelischen Gebieten Anklang fand,
zum Vorbild für neue Kirchenordnungen wurde und auf diese Weise weithin den Gedanken verwirk-
lichte, der ihr immer wieder als Hindernis in den Weg geworfen worden war - eine gemeinsame deut-
sche Kirchenordnung.
Das zeigen vor allem schon die zahlreichen Auflagen, die sie rasch nacheinander erfuhr. Die Frage
freilich, wie weit das amtliche Ausgaben waren, muß offen bleiben. Wahrscheinlich liegt überall ledig-
lich ein privates buchhändlerisches Unternehmen vor. Das gilt sogar für die einzige Ausgabe, in der
Änderungen vorgenommen wurden, die Ausgabe von 159183.
Wenn es auch nicht Aufgcibe dieser Einleitung sein kann, Wert und Bedeutung unserer Kirchen-
ordnung im einzelnen darzustellen, so darf doch auf einen kurzen Überblick über ihren Einflußbereich
nicht verzichtet werden84. In ihrer näheren Ungebung wurde die neue Kirchenordnung — abgesehen von
75 NStA ARA 9f. 430-433.-Hocker, Supplementa 180f. 76 NStA ARA 9f. 416. 77 NStA ARA 9 f. 633.
78 NStA Ratsverlässe. 79 NStA ARA 9 f. 628f. 80 Unsere Nr. III 4. 81 Siehe unsere Nr. I 5.
— Fendt 216-222. 381. —Zum weiteren goltesdienstlichen Lehen in Nürnberg vgl. außer Officium und Herold,
Alt-Nürnberg auch Responsoria, quae annuatim in veteri ecclesia de tempore, feslis et sanctis cantari solent.
Nürnberg 1572 (und öfter). 82 Siehe unsere Nr. IV 20
83 Darauf führt vor allen Dingen der in ihr enthaltene Hinweis auf das ,,hiesige Gesangbuch“ (bei den Beerdigun-
gen, vgl. unten S. 202). Wahrscheinlich steht hinter dieser Ausgabe vor allen Dingen der Hofer Rektor Enoch Wid-
man, der uns bei der Hofer Kirchenordnung von 1592 noch begegnen wird. — Die Änderungen in den Anmer-
kungen unserer Ausgabe.
84 Westermayer 116. - Sehling, in: RE 10, 406. - Waldenmaier 79-88. 135-144. - Simon, EKGB 299.
- EKL 2, 772f.
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