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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0351
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IV 5 Wassertrüdinger Kapitelsordnung 1545

dertonen grobe sünd und laster wiste, soll er das an-
zaigen und rat suechen, wie ime zu helfen sei.
Weiters, wo uber ein capitelsperson clag furfiel des
lerens, lebens und böser exempel halben, soll es ge-
halten werden wie volgt:
Wurde einer beclagt oder wust mans sunst gewiß-
lich, das er im predigen verseumlich oder unfleißig
were, unrecht leret oder mit einem irtum oder ket-
zerei vergift, die heiligen sacramenta nicht recht
raicht, unser gnedigen herrschaft kirchenordnung ge-
farlicher weis5 nit hielte etc., denselbigen soll de-
canus und, die zu ime verordnet sein, heimlich zwi-
schen sein und inen allein freuntlich in aller sanft-
mutigkait mit worten strafen, davon abweisen und
zur besserung vermanen und der beclagt solche
straf demutiglich als ein gehorsamer on alles murren
und widerreden aufnemen und sich bessern.
Wo aber er sich hinfurt nicht bessert, alsdan soll
er in dem nechsten capitel vor allen capitels personen
offentfich beschuldigt und gestraft werden. Wurde
er aber uber das in seinen bösen furhaben halsster-
riglich verharren, so soll er ausgeschlossen und von
allen capitelspersonen als ein unbuesfertiger ver-
miten und solcher sein mutwill ferner der obrigkeit
angezeigt werden.
Dergleichen soll auch gehendelt werden mit einem,
der ein schendlich ergerlichs leben fürt.
Dise ordnung soll stetigs unverbrocken gehalten
werden.
Was aber sunst zufelliger sachen und handlung
sich begeben möchten, sollen jedesmals im capitel
durch den decanum, camerarium und assessores be-
ratschlagt werden und entschlossen, dabei es dan
bleiben soll.
Es sollen auch in unserm capitel allwegen ein de-
canus, camerarius und zwen assessores, wie vor alter,
erwelet sein; und so der einer oder mehr mit tod ab-
gingen oder von seiner pfarr aus unserm capitel sich
an andern ort tete oder ursachen halben seines
ampts ledig zu sein begeret oder sunst aus ursachen
abgesetzt wurde, so sollen alle capitels gelobte per-
sonen einen andern verordnen und eligirn.
Der camerer soll jerlich, wen im das durch den
decanum auf einen ernenten tag angezaigt wurde,

5 = in böser Absicht (Schmeller 1, 740).

rechnung ton. Darbei sollen sein der decanus und
zwen seniores, wie bisher beschehen. Wo sie dan man-
gel an der rechnung befinden, sollen sie es wenden
oder einem ganzen capitel anzaigen. Wo aber ein ehr-
liche rechnung durch inen geton wurde, so soll ime
allwegen ein schriftficher receß gegeben werden und
das gelt, so im rest uberig ist, soll erlegt werden, und
so ein capitel des nit bedurfte, widerumb hingeliehen
und nach des capitels nutz angelegt werden.
Item zu den gehaimnus, briefen und andern capi-
telssachen soll der decanus bei ime behalten das ver-
ordnete capiteltrülein und der camerer sambt dem
decano jeder einen schlüsselhaben, das keiner one den
andern das gedacht capiteltrülein aufsperren kan.
Es sollen auch eines jeden capitelsherrn erben nach
seinem tödlichen abgang der pfrunden einkomen ein
monat lang empfangen - doch, das die pfründ christ-
lich durch ein andre tugliche person auf der erben
kostung versehen werde. Alsdan, so ein zukünftiger
pfarrer oder capellon die possession einnimbt, sollen
alle redditus und einnemen ratificirt und baiden par-
teien ratum temporis gemacht werden. Und sein
bisanhero unsere jarsrechnung von Purificationis6
an geschehen, sollen auch furthin noch also gehalten
werden. Es soll auch gemelte rechnung von dem
decano und camerario sampt den assessoribus ge-
handelt werden, so sich baide tail selbst nicht ver-
gleichen kunden.
Item einem jeglichen angeenden pfarrer oder ca-
plon, so er in unser capitel kumpt, sollen alle unsere
statuta furgelesen werden. Darauf soll derselbig,
solche statuta treulich on alles geverde zu halten,
ein jurament ton, wie hernach volgt:
Juramentum
Ego N. juro ac promitto me puram ac cathoficam
evangelii doctrinam amplexurum et ab omnibus er-
raticis opinionibus, quae damnatae sunt iuditio ca-
tholicae ecclesiae Christi, alienum fore. Polliceor
etiam, me puram doctrinam, quam profiteor, populo
fidefiter traditurum ac servaturum statuta capituli
nostri, insuper me in his, quae statuta nostri con-
cernunt, decano ac capitulo obtemperaturum. Sic
me Deus adiuvet.
6 = 2. Febr.

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