Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0678
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Weißenburg

sen13 one alles pruefen sein selbs hinzuge, so wol-
len wir im anfang niemands zu disem tisch zu komen
vergunnen noch ime das sacrament raichen, er hab
sich dan zuvor den dienern, darzu verordenet, an-
gezaigt, die dan sein glauben und die ursach, war-
umb er hinzugen woll, wol erfaren und probiren;
dan je ein jezlicher pastor den glauben und aigen-
schaft seiner scheflich erkundigen und erfaren soll.
Wo aber einer nun einmal oder zwir probirt ist und
ursach seines glaubens angezaigt, ist hernach weiter
unnot, sich anzuzaigen, er woll es dan williglich ton
von mehr trosts wegen und vermessenheit zu ver-
meiden.
So aber an den sonetagen nicht communicanten
vorhanden weren, soll man es halten, wie oben ange-
zaigt ist mit gesengen, evangeliis und den epistelen
etc.
Von den collecten14 oder steuer den
armen brüederen.
Wir haben nun gehört, wie und warumb der Her
sein abentmal eingesetzt und zu halten bevolhen
hab, nemlich derhalben, das wir erinnert werden,
waserlai guethait er uns geton, und wir, solchs zu
dank in diser gaistlichen zech15 zu bedenken,vermant
werden. Dan er hat je nichts behalten, das er uns
nicht mitgetailt und reichlich geschenkt hett; ja, alle
seine güeter und er selbs sind unser aigen worden.
Das empfahen wir teglich in disem abentmal; aber
doch nit umbsunst und vergebenlich; dan dieweil
es aus lieb uns geschenkt und ein comunio haist, so
soll es auch dermaßen bei uns würken, damit wir
nachmals anzaigen unsern glauben, darin wirs emp-
fangen haben, und dermaßen wider sölche der lieb
frucht von uns komen lassen. Das geschicht dan, sob
sich einer dem andren widerumb also zu aigen gibt
mit allem dem, das er vermag und hat. Darumb, auf
das sich sölche lieb zu dem tail sehen ließ, so wer an
e[uer] w[eisheit] unser vleißigs bitt und bruederlichs
begeren, wöllet verordnen, das auf die täg, so man
13 Ebenso in B. -Vermutlich liegt die Übersetzung eines
lateinisch gedachten ,,non dijudicantes“ (nach
1. Kor. 11, 29. 31) vor = ohne zu vermessen (= fest-
setzen, bestimmen [Schmeller 1, 1669]), im Sinne
des dann folgenden Gedankens.
14 Das Wort wird hier in einer für die damalige Zeit

den tisch des Herren hielt, ezlich aus euch oder eur
gemain zu steuerung der armen bei den cristen in
der versamblung samelten, auf das doch ursach ge-
geben würde, furtan in der liebe brüederlich zu le-
ben; dan also ist es auch bei den aposteln zugangen,
darvon noch die gepet collecten genant werden. Ha-
ben wir uns vor solchs nicht lassen verdrießen, da
solch collecten zu stain und holz, auch zu hochfart
des vergenclichen tempels gesamelt und geben sein
worden, warumb wollen dan wir uns solchs jetzund
schemen anzufangen, so es aus bevelch des Herren
und zu nottürftiger erhaltung seiner armen brueder
und zu zir des rechten gottestempels furgenommen
wirt ? Es mocht auch aus solchem geringen clainen
anfang mit der zeit (wie wir dan ungezweifelt hof-
fen) ein großer unvermainter nücz eins gemainen
casten, der der gemain zu allem anligen dienstlich
sein würd, erwachsen und herausvolgen.
Volgt weiter von der vesper an den
feiertagen.
Der schulmaister soll, nachdem so man geleut hat,
hineingen und ein psalm oder zwen langsam singen,
darauf ein antiphen16, die cristlich sei. Darnach soll
der diener auf ein halbe stund die zehen gepot oder
das Vater unser oder die artikel des glaubens ausle-
gen von des jungen volks wegen, das man zu dieser
predig furnemlich halten soll; dan wir des fürnemen
und willens sein, mit hilf und gnad Gottes [des]
Herren, sob dise predig ein zeit lang gewert hab,
auch zu diser vesper ein cristliche kinderzucht an-
zufangen, welche dan in diser stat hoch und groß
von noten wer, dieweil wir vor augen sehen, wie wir
so ain böse, ungezogene, ungottesfürchtige jugent
sein ziehen und haben. Darnach, so die predig aus
wer, sung der schulmeister das Magnificat teutsch
oder lateinisch mit einer antiphen und der diener
beschlueß mit einem gepet und Benedicamus Do-
mino und geb den segen.
durchaus ungewöhnlichen Weise nicht im Sinn eines
Gebetes, sondern im Sinn einer Sammlung verstan-
den.
15 = Gemeinschaft (Schmeller 2, 1077f.).
16 Eine Antiphona, ein Wechselgesang zwischen zwei
Chören (Braun 30).

660
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften