Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0704
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grafschaft Castell

ime mittler Zeit eine andere und durchaus in unserer
gravschaft einhellige furgeben werdengh.
Es soll auch der pfarrer keinem das nachtmal rai-
chen, er habe ine dann zuvor genugsamb befragt und
erkundiget, ob er des catechismi oder kinderlehre
bericht und zue dem nachtmal geschickt sei und
wisse, warumb er es empfangen wölle, wie er sich ge-
schickt dazu machen solle und warzue es ime nutz
und dinstlich sei.
Im fah ime aber einer furkeme, der in solchem
noch keinen verstand oder wissen hette und allein
von gewohnheit wegen darzu gehen wolte, dene sol
er unterrichten oder, da es der zeit halben als dann
nit beschehen könte, selbigmal mit bescheidenheit
abweisen bis zu einer andern zeit, daß er es gelernet
und nit wie ein unvernünftig tieri zudes Herrn nacht-
mal laufe.
Es soll auch der pfarrer ein buch haben und das-
selbig bei der kirchen im flecken lassen, darein er
schreibe, was jederzeit bei ime für ehen gemacht und
kinder getauft werden, wie dieselbigen, auch ire vä-
ter und mütter mit namen heißen13. Und sol er kein
kind taufen, es werde ime dann zuvor glaublich an-
gezeigt, wer der vater und mutter sei, ob sie ehelich
beieinander wohnen oder nit14.
Es soll auch der pfarrer niemand kein kind aus
der tauf heben lassen oder das nachtmal raichen, der
tembergischen kirchenordnung10 oder pfalzgraf
Wolfgangs kirchenordnung11, so einander gleich
lauten und wir nicht zu verbessern wissen, regu-
liren und halten, bis wir ihnen mittler zeit eine
andere vorgeben mögten.
h-h Unter Streichung dieser Wörter steht bei Ober-
eisenheim am Rande: sich nun hinfuro der in
unserer gravenschaft durchaus einhelliger und
ubergebener kirchenordnung12 gemes zu verhal-
den und dieselbige geprauchen.
l 1569: + allein von gewohnheit wegen
k-kFehlt 1569.
l 1569: + und übergebene kirchenordnung begrif-
fen. unsern Fehlt 1569.
10 Von Gottes gnaden unser, Christophs herzogen zu
Württemberg ... summarischer und einfältiger Be-
griff, wie es ... in den kirchen unsers fürstenthums...
bisher geübt..., auch fernerhin ... vollzogen wer-
den solle. Tübingen 1559 (Richter 2, 198-222).
11 Was hier gemeint ist, läßt sich schwerlich entschei-
den. Die von Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken
(1526—1571: ADB 44,76-87) 1557 veröffentlichte
Kirchenordnung (Kirchenordnung, wie es ... in un-
ser, Wolfgangs ... pfalzgravens bei Rhein ..., fürsten-
thumb gehalten werden soll. - Richter 2, 194-197)

in öffentlichen schanden und lastern ligt und dar-
von nicht abgestanden kist oder alsobalden abzue-
stehen sich verpflichtetk.
Item es soll niemand das heilig evangelium und
Gottes wort, wie es nach götlicher geschrift und aus
dero die summa in der Augspurgischen confession
und darüber gefolgter apologia1 gepredigt wurd, ver-
achten, schänden oder schmehen. Wo aber einer un-
serer undertonen darueber betreten oder er sich in
anderer wege mit verfürerischen opinionen und sek-
ten befleckt und behaft hette, der sol uns angezeigt
werden. Wollen wir nach Gelegenheit der sachen ge-
bürende straf gegen denselben furnemen.
mWo fern aber ein frembder15 in unsern flecken
keme und unsere religion verachten, schänden und
schmehen wurde, soll er anfenglich von denjenigen,
so es hören, gutlich vermanet und gebeten werden,
sich dergleichen ungebürlichen reden in dem flecken
und unserer oberkeit zue enthalten. Da er sich aber
gutlich nicht abweisen lassen wolte, sol es dem schult-
heißen angezeigt werden, der ine gefenglich annemen
und uns furderlich mit allen umbstenden berichten
und unsers fernern beschaids darüber gewarten sollm.
Und dieweil der ahmächtige Gott seine gnaden
und gaben durch sein heilsames wort uns raichet und
gibet, so soll meniglich das heilig, götlich wort und
die predigten alle son- und feiertage unverhindert
stimmt eben nicht mit der württembergischen über-
ein, sondern hat sehr viele und wesentliche Stücke
aus der mecklenburgischen Kirchenordnung von
1552 (Richter2, 115-128). Das gilt bes. für die Feier-
tagsordnung. Wolfgang war aber auch Herr in Pfalz-
Neuburg, wo bis 1560 noch die Ottheinrichs-Kirchen-
ordnung von 1554 (Richter 2, 146f.) in Geltung
war. Auf diese würde voll zutreffen, was hier über
die Übereinstimmung mit der württembergischen
gesagt ist.
12 Nämlich die württembergische (Anm. 10).
13 Diese Anordnung war durchaus überflüssig. Die
(heute noch erhaltenen) Traubücher in Obereisen-
heim beginnen bereits 1560, in Taufbücher sogar
schon 1559). Daß die Matrikeln in Billingshausen
erst 1615 beginnen, beruht sicher nur auf Verlust der
früheren Bücher.
14 Vgl. dagegen die gegenteilige Bestimmung der Bran-
denburgischen Konsistorialordnung oben S. 391! -
Daran, daß die Taufe schließlich verweigert worden
wäre, wenn ein unehelicher Vater nicht festgestellt
wurde, ist natürlich nicht zu denken. Doch sollte
wohl ein Druck zu seiner Nennung ausgeübt werden.
15 Sowohl Obereisenheim wie Billingshausen sind rings
von katholischen Gebieten umgeben.

686
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften