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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0352
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Nördlingen

Darumben dann sein göttliche majestat selbst das
predigtampt eingesetzt und bevolhen, das offenliche,
ehrliche und christenliche versamblungen seien, dar-
rinnen sein lehr dem [!] menschen offenlich fürgetra-
gen werde, durch welche der Sohn Gottes cräftiglich
würket, darauf auch allen menschen ernstlich ge-
poten, dise göttliche, himlische lehr zu hören und zu
erhaltung des predigampts getreulich hülf zu tun,
bevorab die obrigkeiten, wie dann solches alles der
hailigen schrift vilfaltige sprüch und gottlicher re-
genten exempel genugsam bezeugen und mit sich
bringen.
So haben wir demnach dises alles nit onzeitlich zu
gemüet und herzen gefüert und erkennen uns vor
allen dingen schuldig sein, das in unserer stat und
obrigkait das hailig evangelium rain und lauter ge-
prediget werde und das der Sohn Gottes Jesu Chri-
stus und sein woltaten recht erkannt und also Gott
recht angeruefen und gepreiset und vil menschen
seehg werden und das darzue christenliche ordnung
und zucht in kirchen und schuelen erhalten werden.
Haben derhalben, damit in unsern kirchen und
schuelen sovil möglich alle unordnung, ungleichait
und unrichtigkait verhüet und fürkommen1, auch
meniglich wissen möge, wie es in unserer obrigkait
gehalten werde, aus bewegenden ursachen gegen-
wertige kirchenordnung in schriften verfassen und
hiemit publiciren lassen und biten zuvorderst den
Sohn Gottes Jesum Christum, der ime selbst ain
ewige kirch cräftiglich bei denen samblet, da das
heilig evangelium rain geprediget würd, er wölle uns
und unsere kirchen gnediglich regieren, bewahren
und erkalten.
Ist demnach unser endlicher will, meinung und
bevelch, das solche unser kirchenordnung angenom-
men und gehalten, auch derselben gemeß bis uf ver-
nern unsern beschaid oder reformation die predig-

1 = verhüten (Schmeller 1, 1248. - Grimm 4 11,
760 f.).
2 In freier Weise ist hier — aber nur für die Einleitung —
die Einleitung von Philipp Melanchthons Examen
ordinandorum benützt. Es war erstmals in der
Mecklenburgischen Kirchenordnung von 1552, dann
auch als selbständige Schrift erschienen (CR 23,

ten, kirchenämpter und administration angericht
und gefüert werden.
Es steht aber ain christliche kirchenordnung
furnemlich in disen vier hauptstucken:2
Erstlich in pflanzung und erkantnus der aini-
gen, warhaftigen, ewigen, rechten lere göttlichs
worts, die Gott der allmechtig gnediglich von an-
fang für und für seiner kirchen mit gewissen zeug-
nussen geoffenbaret und bevolhen hat, und dann in
rechtem gebrauch der sacrament, wie der Sohn
Gottes sprücht, Matthei am letzten [20]: Ir sollt si
leren alles, das ich euch gepoten hab.
Zum andern in erhaltung des kirchenampts und
ministerii evangelici; dann Gott will ime also ein
ewige kirchen aus großer barmherzigkait umb seines
Sohnes Jesu Christi willen samblen, das etliche, er-
liche versambtlungen seien, darinnen etliche per-
sonen das evangelium dem volk Gottes fürtragen
und die sacrament raichen, dardurch der Sohn Got-
tes cräftiglich will und tuet würken und ime also
ain ewig kirchen samblen.
Darumben gehören zu erhaltung des ministerii
erstlich ordinatio der prediger, das das predigampt
taugenlichen personen bevolhen werde, darzu dann
erkundigung von sitten, beruef, lehr und leben not-
wendig ist.
Zum andern gehören zum ministerio kürchen-
gericht, das falsche lehr nit geduldet und sonst offen-
liche laster gestraft und abgewendet und christen-
liche zucht erhalten werde, derowegen wir nit allein
ein ordenlich consistorium bestellt und verfaßt,
sondern auch ein superintendenzordnung begriffen
und sampt einer sonderbaren eheordnung dieser
schrift einverleiben lassen, darinnen zue sehen, wie
es mit den notwendigen visitatiombus und in ander
weg solle gehalten werden.

XX-CX. - Sehling 5, 133ff. 161). Von den bei Me-
lanchthon genannten 5 Stücken ist in Nördlingen das
5. — die Verordnung gewisser Güter und Einkom-
men für die Geistlichen - weggelassen, ebenso wie
etwa in der Lüneburger Kirchenordnung von 1564
(Sehling 6, 534.- Richter 2, 285) (nicht aber in
Pfalz-Zweibrücken 1557 [Richter 2, 197]).

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