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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0356
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Nördlingen

gelegnen zeiten die kirchen und schuelen besuecht
und erkundiget werden von der lehre, zucht und
sitten der pfarrer, auch kirchen- und schueldiener,
von des volks und der jugend verstand und bösse-
rung, von offentlichen lastern und ergerlichem le-
ben, von verachtung der christenlichen lehre und
sacrament, von unainigkait zwischen den pfarrern
und kirchendienern und dem volk, von der pastorn
schutz und underhaltung von almuesen, von ge-
beuen etc.,
als haben wir in obbemelter superintendenzord-
nung deswegen auch gebürende fürsehung geton,
darinnen wir uns dann jederzeit nach erhaischen-
der notturft vernere verbesserung tun vorbehalten.
Eines erbarn rats der statt Nördlingen
superintendenzordnung.
Darmit in christlicher, burgerlicher gemaind diser
des hailigen reichs statt Nördlingen alle sachen des
göttlichen, heiligen und geliebsten ministerii und
der schuelen sowol mit gesunder lehr und christlicher
zucht und leben als auch mit nuzlichen ceremonien
ordenlich bestellt und gehalten, dardurch zuvorderst
die ehre Gottes und dann die wolfart, trost und
seeligkait der aimen gewissen erbauet und befürdert
werde, so hat ein erbarer rat den ehrwürdigen,
wohlgelerten herrn M. Jacobum Steudlin12 zue der
christlichen kirchen alhie superintendenten und
pastorn ordenlich vociert, ufgenomen und verord-
net, uf maß und geding, wie sein, herrn pfarrers,
verfertigte, usfüerliche bestallung13 mit sich brin-
get, und ime daneben gegenwertige superintendenz-
ordnung zugesteht, daraus dann zu wissen, das
erstlich ime, herrn Jacoben Steudlin, das ganze
liebe ministerium und alle desselben partes und mu-
nera vertraut und bevolhen, darneben dann auch
nit allein die drei diaconi der obern und haupt-
pfarr14, sonder auch die prediger und kirchendiener
im carmalitercloster15 und hospital16 wie auch die
andern pfarrer und seelsorger in denen zu gemeiner

12 Vgl. oben S. 2S3!
13 Nicht erhalten.
14 St. Emmeramskirche und. St. Georgskirche. - Dia-
kone waren damals Georg Hauff (1573-1587), Mel-
chior Fabricius (1577-1611) und Johann Romul
(1566-1602) (Dolp 96).

stat und dem hospital gehörigen reformirten pfar-
ren17 und ebenmeßig der lateinischen und teutschen
schuelen vorgeher und diener jedes orts christlicher
gebür, ordnung und herkommen nach, ine, herrn
Steudlin, für iren superintendenten und pastorn
erkennen und halten, auch gebürende ehrerpietung
erzaigen und in allen billichen dingen christlichen
gehorsam laisten sollen, wie und sovil sie, gegen
Gott und der ordenlichen obrigkait zu tun, sich
schuldig und zu verantworten wissen, hergegen
auch alles das verhüeten und meiden, was christen-
licher, gueter ordnung und dem gehepten friden
und einigkeit in ainichem weg zuwider und an lehr
oder leben verhinderlich, ergerlich und schädlich
sein mag.
Dann am andern, dieweil des superintendenzampt
fürnemlich beruehet und stehet in trib und volnfü-
rung reiner, gesunder lehr, anstellung hailsamer
caeremonien, auch pflanzung und erhaltung christ-
licher disciplin und zucht in der kirchen, schuelen
und ganzer christlicher gemaind, so erfordert dem-
nach die unvermeidlich notturft und gibt es die er-
fahrung selbst an die hand, das solches alles durch
keine bössere mittel künde angestellt und erhalten
werden dann durch bestendige, gewisse kirchen-
und schuelordnung, dann auch durch eiferige und
emstliche visitationes und inspectiones, damit so-
wol zu gewissen als ungewissen und unfürsehenen
tägen und zeiten in allen partibus und muneribus
functionum tam ecclesiasticarum quam scholastica-
rum guette, bestendige ordnung gepflanzt und ge-
halten auch jeder in seines beruefs, stands und ampts
administration, vertretung und verrichtung zue
desto mereren vleiß und ernst der gebür nach erin-
nert und bewegt werde.
Derowegen ist eines erbarn rats meinung und end-
licher will, das die alberait von einem erbarn rat
sancierte und confirmierte kirchenordnung das für-
nembste fundament und die norma des superinten-
dentenampts sein, darinnen auch ohne vorwissen,
15 Siehe oben S. 271.311. - Damals Eustachius Regner
d. V. (1564-1585) (Dolp 182f.).
16 Vgl. oben S. 274,311. - Damals Johann Helfenstein
(1596-1589) (Dolp 129).
17 Die Kirchen auf dem Lande auf S. 284.

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