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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0214
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

wetter und nebeln - so tag so nacht - in der christ-
lichen gemein nicht gelitten oder geduldet, sunder
allerdings abgeschafft werden.
2. Beineben sollen die superintendenten die pfar-
rer und kirchendiener vermanen, daß si in den pre-
digten, wann es die gelegenhait gibt und von nöten
ist, das gemain volk recht underrichten und grund-
lich anzaigen, us was ursachen solch aberglaubisch
wetterleuten abgeschafft seie.
3. Dieweil aber den mesnern von wegen under-
lassung solches geleits die leutgarben an etlich orten
des furstentumbs nit mehr geraicht werden wille
und aber ihnen solche garben nit von des wetter-,
sundern predigt- und anderm leuten wegen gegeben
würdet, als solle den baurn solche ursach durch den
superintendenten in nechstkünftiger visitation an-
gezaigt und ihnen uferlegt werden, solche leitgarben
dem mesner furohin unverweigerlich und ohne ab-
gang richtiglich ze reichen.
4. Als auch dem leuten der schidung53 nit weni-
gere abgötterei und superstition anhangt, auch das-
selbig in großern teil des furstentumbs abgestellt, so
soll es auch an den orten, da es noch im brauch,
gleichergestalt genzlich abgeschaft werden.
XXI.
Von abgöttischen, aberglaubischen segen
und zaubereien.
[1.] Nachdem abgötterei, aberglauben, segenspre-
chen, wahrsagen und zu denselben laufen ein greu-
liche, erschrökliche sunde, die Gott der Herr under
seinem volk am leben ze strafen bevolhen54, sollen
die superintendenten in iren visitationibus und son-
sten vleißig nach solchen leuten fragen und, da si be-
funden, erstlich aus Gottes wort, was es für ein große
sund und greulicher mißbrauch des namens und
wort Gottes, underweisen, im fall si nicht ablassen,
die gradus vermög der kirchencensur mit ihnen ge-
halten werden.
Nebelläuten der genannte Grund weniger maß-
gebend gewesen sein könnte) beschwerten sich u.a.
gerade auch über die Abschaffung dieses Wetter- und
Nebelläutens (MHStA PfNA 1290 f. 162).
53 Schiedung = Abschied, Abscheiden. - Das Schie-
dungsläuten erfolgte (zur Erinnerung an den Tod
Jesu) am Freitag zu örtlich verschiedener Zeit, aber

2. Da aber einer alle solche warnungen frevenlich
verachten und also in wind schlagen wurde, soll
gegen demselben mit ernst vermög Gottes und der
kaiserlichen rechten55 gefahren werden. Darfur
wisse sich ein jeder ze hueten.
3. Es soll auch niemand das abgöttisch wallfarten
in oder außerhalb des furstentumbs gestattet und,
da noch jemand in solchem aberglauben stecke,
durch die pfarrer und, so von nöten, superintenden-
ten selbst mit guetem grund darvon gewisen wer-
den, deswegen dann die superintendenten den
pfarrern, wie mit solchen leuten umbzegeen, gueten
bericht und anleitung geben sollen.
XXII.
Von ehesachen und hochzeiten.
[1.] Nachdem ein große unordnung und böse ge-
wonhait ist, daß braut und breutigam sambt den
geladnen hochzeitleuten ganz spat in die kirchen
kommen und die kirchendiener mit ungelegenhaiten
mit der predig uf si warten muessen, so soll hinfuro
ein solches alles abgestöllt und, da die beede ver-
traute vor endung des zusammenschlagens nit in die
kirchen kommen, die kirch zuegeschlossen und, da
si allerst hernach komen, wider eröffnet, und umb
solcher eröffnung willen sollen gemelte vertraut
ein gulden straf in gotteskasten unnachleßlich zu
erlegen, schuldig sein, darnach si sich in ladung der
hochzeutleute und kirchgang ze richten wissen.
Darmit aber in solchem kein gefahr gebraucht,
soll ermelt leuten uf sein bestimbte, gewisse zeit an-
gestellt und einmal wie das ander gehalten werden.
2. Da auch die zur hochzeit geladene personen nit
in die kirchen, sonder zum essen allain geen wurden,
soll ein jede person, ein schilling pfening bairisch56
zu straf in gotteskasten ze legen, verfallen und als-
bald zu erstatten schuldig sein, es were dann, daß er
seines ausbleibens erhebliche und gnugsame ur-
sachen anzeigen und darton künte.
meist zur Kreuzigungsstunde (9 Uhr, 11 Uhr)
(Schmeller 2, 374). - Vgl. unten S. 104 Anm. 28!
54 3.Mose 20,6; 5.Mose 18,10f.
55 Corpus juris civilis, Codex Justiniani lib. 9 tit. 18,
4. 5. 6; lib. 4 tit. 18, 5.
56 Siehe S. 177 Anm. 20!

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