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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0470
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III 18. Verbot des Disputierens vom 1. Juli 1566.

Nachdem der almechtig, gütig Gott, nnser him-
lischer Vater, in diser letzten zeit der welt sein hei-
ligs, göttlichs wort sampt den hochwirdigen sacra-
menten, dardurch wir zu ime kommen und lernen
selig werden, aus der tiefen finsternus des bapstumbs,
sonderlich aber am ersten dem Teutschland, unserm
lieben vaterland, widerumb aufs rainest und reich-
lichst herfürscheinen lassen und neben andern auch
uns alhie zu Regenspurg gnediglich damit begabt
und fürsehen, darfür wir ime dann ewig zu danken
und zu loben haben, dargegen aber nun der laidige
Sathan und erbfeind menschliches hails, welcher sol-
ches nit leiden kan noch wil, sonder durch allerhand
mittel und wege sich untersteht, uns an diser gna-
denreichen fürsehung Gottes und damit auch an
unser seelen hail und seligkeit zu verhindern, nit
allein durch verachtung solcher allergrösten gnaden
und gaben Gottes und undankbarkeit gegen der-
selben sampt falscher sicherheit unser verderbten
fleischlichen herzen, sonder auch mit verfelschung
heiliger göttlicher schrift, die er hin und wider durch
seine rotten und secten und sonderlich aber die cal-
vinischen1, schwenkfeldischen2 und andere mehr
derogleichen irtume erweckt und zurichtet mit sol-
cher geschwindigkeit, das er auch vil der aller-
gelertisten und weltweisisten, auch sonsten ganz
erbarer und aufrichtiger leute3 herzen dermaßen
einnimpt, bezaubert und verblendet, das sie ja die
allerklerlichsten rede und wort unsers Herrn und
Heilands Jesu Christi sampt derselben eigentlichen
und undisputirlichen verstand (wie der von zeit der
apostel her bei der waren christlichen kirchen im
brauch gewesen und von allen rainen christlichen
lehrern eintrechtig darfür und anderst nie gehalten
worden) gar nit mehr sehen noch erkennen, sonder

Druckvorlage: Originaldruck (Papier, Einblatt-
druck, 44 Zeilen. — MHStA Reichsstadt Regensburg
417, 50 und 418, 27). - Siehe oben S. 379!
1 Außer Calvin selbst, dessen Anschauung seit 1563
auch in der nahen Kuroberpfalz einzuführen versucht
wurde (siehe oben S. 9 u. S. 263 ff.!), ist dabei auch

sich die vernunft durch etliche, zur sachen gar un-
dienstliche sprüche davon abweisen und verfüren
lassen, welches gewißlich aus billichem zorn Gottes
ein erschröckliche straf von wegen der menschen
undankbarkeit und verachtung des Herrn Christi
ist, die auch nit aufhören oder nachlassen, sonder
sich täglich sterken und mehren würdet, so lang man
in solchen schweren sünden beharren und sich nit
fürderlich davon abwenden und zu der warheit wirt
bekehrn.
Dieweil nun ein erbar camerer und rate alhie als
ein christliche obrigkeit sich in kraft ires tragenden
ampts und berufs schuldig erkennen, iren burgern,
undertanen und verwandten nit allein für das zeit-
lich und leiblich, sonder auch für das ewig zu sorgen,
derowegen sie dann (solches mit der tat zu erzeigen
und zu handeln) etliche sonderbare, der heiligen
schrift verständige und gelehrte personen, so zuvor
auch in anderer mehr der rainen augspurgischen con-
fession aus warem grund göttliches worts zugetonen
christlichen kirchen ministeriis gewesen4, zu irer aus
dem bapstumb erledigten und zu rechtem, warem
gottesdienst angestelten christlichen kirchen und
pfarren alhie an- und aufgenommen haben, das volk
nit allein von des bapstumbs greuel, sonder auch
aller anderer rotten und secten irtume und verfel-
schung zur rechten warheit göttlichs worts und da-
mit auch des gewisen wegs irer seelen hails und
seligkeit zu weisen,
so vermanen sie demnach hiemit ganz treulich
und väterlich alle ire untertane, burger und ver-
wandte, das sie sich zu solcher irer verordneten
pfarrers und anderer predicanten und kirchendiener
predigen und der hochwirdigen sacramentraichung
fleißig finden, dieselben auch gern und oft besuchen,
an die Anhänger der melanchthonischen Richtung
vor allem in Sachsen gedacht.
2 Siehe oben S. 440 Anm. 9!
3 Damit war vor allem der 1560 verstorbene Philipp
Melanchthon gemeint.
4 Johann Forster (oben S. 369), Justus Jonas (oben
S. 376) und Nikolaus Gallus etwa.

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