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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0471
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III 18 Verbot des Disputierens von 1566

anhören und empfahen, damit sie die zeit der gnaden
nit versaumen und inen das liecht göttlichs worts nit
vergeblich scheinen lassen, wie dann Gott solches
ernstlich von uns erfordert und die gaben des Heili-
gen Geistes dabei verheist, der uns alsdann in alle
warheit laiten und den rechten glauben in unsern her-
zen anzünden werde; dann durch das hören göttlichs
worts und empfahung der hochwirdigen sacrament
fahet Gott seine gaben in uns an, die er auch dar-
durch mehret und erhelt. Wir lernen auch also die
raine lehr göttlichs worts von den falschen und ver-
führischen irtumen zu erkennen und zu underschei-
den, das wir uns alsdann für der falschen lehre zu
hüten und an die raine warheit des gewissen wegs
zum ewigen leben zu halten wissen. und wil sich ein
erbar rate hierauf genzlich und unzweifenlich ver-
sehen, ihre burger, verwandte und untertane wer-
den sich hierin Gott und inen zu schuldiger gehorsam
dermaßen erzeigen, damit sie vor allen dingen Got-
tes gnad und bei inen als der obrigkeit allen genaig-
ten, gönstigen willen und mögliche hülf, schutz und
schirm zu aller gebür und billigkeit befinden mö-
gen.
Da aber etliche sich an solche getreue warnung nit
kehren, sonder mutwillig darwiderhandeln wurden,
wie dann sonderlich etliche freche und frevenliche
leut sein sollen, die jezuweilen in collationen, zechen
und unter den trinken oder auch sonsten vil von
Gott und heiliger, göttlicher schrift unbedechtig zu
plaudern und zu disputirn pflegen, da sie auch et-
licher verfürischen rotten und secten irtume zu ver-
teidigen nit unterlassen, welches sie hernach, wann
sie darumb angeredet werden, entweders gar nit ge-
stehen oder in einen ungefarlichen5 scherz ziehen
wollen. Dieweil aber solches nit one schwere sünde

5 = von ungefähr, unabsichtlich, ohne Hintergedan-
ken (Schmeller 1, 740ff.).
6 = etwas (Schmeller 1, 30).
7 Wie auch schon oben S. 415 und 444.
8 nämlich von 1555, der nur den Bekennern der Augs-
burgischen Konfession galt (Zeuner 345. — Simon,
Religionsfriede 71). Allerdings war soeben - am 20.

vor Gott noch one schedliche ergernus der zuhörer,
sonderlich bei den gemainen, einfeltigen leuten ab-
gehn kan, so wöllen und gebieten obgemelte camerer
und rate hiemit meniglichen, das sich ein jeder in
diser hohen saehen solcher ergerlichen reden und
disputation, sie geschehe, wie oder wo sie wölle, in
scherz oder ernst, genzlich enthalte, wann er auch
dabei were und es von andern anhörte, sie weren,
wer sie wolten, einhaimische oder frembde, das er
dieselben zum wenigsten darumb anrede und diser
eines erbarn rats ordnung, bevelchs und gebots er-
innere. Da aber jemand bei sich selb in ichte6 aini-
gen zweifel oder mißverstand hette, das sich der-
selb für eines erbarn rats hierzu verordnet consisto-
rium oder sonst die berufnen kirchendiener verfüge
oder, da er deshalb von ampts wegen dahin erfordert
würde, daselbst erscheine, seinen zweifel anzeige
und sich aus heiliger, götlicher schrift der rechten
warheit unterrichten und weisen lasse. Welche aber
dem zuwider ungehorsam erfunden und sonderlich,
die ire irtume zu verteidigen oder andere auf die-
selben zu ziehen sich unterstehn würden (wie dann
ire weisheiten sondere kundschafter7 darauf bestelt
haben), die sollen als verächter Gottes und der obrig-
keiten sampt des heiligen reichs aufgerichten ab-
schiden und darin verleibten religionsfriden8 neben
der offentlichen kirchenstraf auch sonsten weiter
nach gelegenheit der sachen in ander gebürende weg
mit ernst darumb gestraft werden, damit andere ge-
horsame christliche untertane, burger und inwoner
alhie deshalb von inen ungeirrt und unverfürt sein
und bleiben mögen. Darnach wisse sich meniglich
zu richten und vor schaden zu hüten.
Decretum in senatu Ratisbonensi
Calendis [1.] Julii 1566.

Mai - auf dem Reichstag zu Augsburg Kurfürst
Friedrich III. von der Pfalz von den evangelischen
Fürsten als nicht vom Frieden auszuschließen er-
klärt worden (Moritz Ritter, Deutsche Geschichte
im Zeitalter der Gegenreformation. 1[Stuttgart1886]
282-285) - also anders als Regensburg hier sagt
(siehe oben S. 264 f. — RE 6, 277).

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