Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0475
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III 19 Kirchenordnung (von 1567?)

daß in unser kirchen der neuen pfarre diener im
ampt sein:
ein pfarrherr, so zugleich auch die superintendenz
hat uber die andern diener,
zween prediger, so des predigtampts fürnemlich
allein warten,
vier diaconi, so fürnemlich auf die sacrament und
auf die ceremonien bestelt sind.
Mit dem beruf wirds also gehalten, das ein ehrbar
rat als ein christlich oberkeit anstat der ganzen ge-
meine die diener fordert - doch, damit [sie] sich nit
uber das kirchenampt noch uber die gewissen der
untertanen erhebt, so werden die andern kirchen-
diener alzeit mit rat, willen und zutun des pfarrhers
aufgenommen. Wo dann der beruf also ordentlich
geschicht, ob er gleich durch menschen geschicht, so
ist er nichts dester weniger ein warer göttlicher beruf,
wie Paulus spricht von dienern zu Epheso: Der hei-
lig Geist hat euch zu bischoven gesetzt, Act. 20 [28],
welches allerseits zum trost und zur warnung dienet,
beide bischoven, oberkeiten und der gemeine, daß
Gott bei seinem ampt und werk selber sei, darob
halten und dadurch wirken wölle, derwegen sich je-
dermann darzu halten, niemand daran vergreifen
solle.
Wie auch diejenigen, so berufen werden, ge-
schickt sein sollen, meldet weiter der apostel zum
Timotheo [1.Tim. 3,1-10] am selben ort, als nemlich
sollen sie eines unergerlichen, ehrbaren lebens gegen
den menschen und gutes gewissens gegen Gott sein,
in der lere göttlichs worts eines gesunden verstandes
und geschickt, die lere von sich zu geben und der
gemeinde fürzustehen, derhalben sie zuerst probirt
und alsdann sollen zugelassen nach getaner proba,
vom kleinern auch zum größern mögen gefordert
werden.
So setzt der apostel gleich auch ein unterscheid
des berufs als eines fürschlages und darstellung der
kirchendiener und der ordination als bestetigung
desselben fürschlags und uberreichung des ampts,

1 = Mutterkirche und zwar im Sinn einer mehrere
Diözesen umfassenden Kirche (LThK 72, 373f. —
RGG 43, 921).
2 = auf ein bestimmtes Amt. Also keine absolute
Ordination.

damit er gedenkt der auflegung der hende der prie-
sterschaft bei Timotheo und Tito [1.Tim. 4, 14; 5,
22; 2.Tim. 1, 6], beiden befielet, das sie das ampt
andern weiter befelen, den kirchen tüchtige diener
geben sollen, derhalben wir demselben exempl, apo-
stolischen und alten kirchenbrauch hierin gern vol-
gen und als in ecclesia metropolitana1 uns selb und
andern, do es also fürfelt und gesucht wird, die kir-
chendiener ordinieren.
Probation der kirchendiener oder examen.
Es wird von uns niemand zur ordination zugelas-
sen, er hab denn zuvor seinen gewissen beruf2 und
bringt uns desselben kuntschaft von der kirchen oder
oberkeit, welche ihn berufen hat, desgleichen auch
seines wolhaltens und ehrlichen wandels. Auf solche
wird alsdann auch erforschet sein verstand in hei-
liger schrift und christlicher lere durch ein ordent-
lich examen, darin man sich helt nach gelegenheit
der personen und ämpter, darzu sie berufen werden,
werden fürnemlich gefragt auf die hauptartikel
christlicher lere und auf den catechismum, wie sie
dieselben recht und einfeltig verstehen nach dem
waren, einhelligen verstand unser christlichen augs-
purgischen confession und daß sie keiner wider-
wertigen secten mit nichten zugetan sind, denselben
auch jeder in seiner maßen etwas zu begegnen wisse
und die seinen, do es von nöten, dargegen zu be-
wehren, werden ferner auch ermanet ihres ampts,
das sie darin vleißig und treu sein wöllen als, die
Gott selb darumb werden rechenschaft geben, das
sie die bibel vleißig lesen und der fürnemen etlicher
bücher bewerte auslegungen, item libellos metho-
dicos als locos communes Philippi3 und decisiones
rerum controversarum als augustanam confessionem
und articulos smalcaldicos, das sie entlich im studiren
und unergerlichen leben verharren und mit dem
ampt alzeit treulich anhalten.
Welche nu also im examen bestehen und zusagen,
werden volgendes tages nach gehaltener predig of-
3 Melanchthons theologisches Hauptwerk. - Dritte
Bearbeitung (seit 1543), letzte Ausgabe des Ver-
fassers 1557: CR 21, 601-1050), - Melanchthons
Werke, herausgeg. von R. Stupperich 2 I. II. Güters-
loh 1953.

455
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften