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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0485
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III 19 Kirchenordnung (von 1567?)

geteilt, ein jeder seinen sondern teil, empfahet auch
ein jeder, der sein lection wol kunt hat, derhalben
seinen pfennig.35
Mitlerzeit, weil diese recitirn, sieht der prediger
von der canzl mit auf, das die kindlein fein züchtig
sein und ordnet darnach die lectionen wieder an,
gegen künftigen mitwoch, lieset dieselben aus dem
büchlin für, befielets dann, die wochen über vleißig
zu uben, und beschleust mit der vermanung zum
gebet. Entlich singen die schulen: Erhalt uns, Herr,
und gehet ein jede schule in ihrer proceß fein züch-
tiglich wider heim.
Catechismus Lutheri,
mit seinen fragen zu dieser ubung gestelt,
ist besonders gedruckt und möchte also hie nach-
geschrieben werden.36
Form des catechismi, zum methodo gestelt.
Definitio nominis.
Das wort catechismus bleibt aus griechischer
sprache in kirchen, gleich wie das wort evangelium,
epistel und dergleichen, heist soviel als ein mündli-
cher unterricht; doch nach der kirchen brauch allein
von christlicher lere zu verstehen, villeicht aus den
spruch Pauli Gal. 6, [6] ,,Wer mit Gottes wort unter-
richtet wird, der teile mit allerlei gutes dem, der ihn
unterrichtet“. Daher, wie catechumenus genent wird
ein schüler göttlichs vvorts, catechein heist Gottes
wort lernen, also heist catechesis oder catechismus
die lere selb, catecheta oder catechistor ein lerer der-
selben.
Definitio rei.
Catechismus ist ein kurze, ordentliche summa
christlicher lere, aus heiliger schrift genommen, beide
für die, so der lere erst unterrichtet werden und die
gleich zuvor unterrichtet sind, die summa christli-

35 Wie auch in Rothenburg (Sehling 11, 615). Für 12
Kreuzer = 48 Pfennige erhielt man damals eine gute
Mahlzeit (siehe oben S. 822 f.), für die (mit Getränk)
man heute 1963 wohl 10 DM ansetzen darf. 1 da-
maliger Pfennig hatte also die Kaufkraft von etwa
20 Pfennigen im Jahre 1963. Die bildliche Darstel-
lung eines solchen „Katechismusaufbetens“, wie
man diese Ordnung in Franken nannte, z.B. in der

chen glaubens und lebens alda zu fassen, auch ihrer
daran ein stete erinnerung und übung zu haben.
Oder mag wol ein kleine bibel genent werden, da
alles, was zu christlichem glauben und leben und zur
seligkeit gehört und Gott in die ganz bibel gefast hat,
kurz und rund in bester ordnung beieinander zu fin-
den stehet.
Partitio.
Erst wird der catechismus wie die ganze schrift
geteilt in zwo hauptlehren, in die lere des gesetzes
und in die lere des evangelii oder in die 10 gebot und
artikel des glaubens.
Zum andern wird er etwas weiter geteilt in die
6 stück, als da sind:
1. Die 10 Gebot
2. Die artikel des glaubens
3. Das gebet des vaterunsers
4. Einsatzung des sacraments der tauf
5. Einsatzung der absolution
6. Einsatzung des Herrn leibs und bluts im
abendmahl
Nit das diese stück noch nit weren in voriger tei-
lung schon begriffen, sondern das sie dienen zu meh-
rern verstand und neben dem verstand auch auf die
übung der lere führen.
Discrimen legis et evangelii.
Das gesetz ist ein wort Gottes von seinem willen,
wie wir mit herzen, gedanken, worten und werken
allenthalben gegen ihm volkomenlich sollen geschickt
sein, mit bedreuung seines ernstlichen zorns, zeit-
licher und ewiger strafe gegen den ungehorsamen
und hinwider auch verheißung seiner gnaden, zeit-
licher und ewiger belonung gegen den gehorsamen.
Das evangelium aber ist ein wort Gottes von
einem andern willen, wie Gott nemlich auch den un-
gehorsamen und sündern wölle gnedig sein, sünde
und straf des ewigen tods vergeben, darzu noch den
Heiligen Geist und ewiges leben geben, zu kindern
Confessio-Tafel der Stadtpfarrkirche zu Weißenburg
i.B. (1606. - Abbildung in KDB Weißenburg [1932]
Tafel 5).
36 Ein Regensburger Druck von Luthers Kleinem Kate-
chismus (Bekenntnisschriften 497—521) aus dieser
Zeit ist unbekannt. Es gab aber genug andere
Drucke, die als Vorlage für die hier empfohlene Ab-
schriftnahme dienen konnten.

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