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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0487
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III 19 Kirchenordnung (von 1567?)

Secundum praeceptum.
Das ander gebot redet von dem eußerlichen,
mündlichen gottesdienst, als der dem innerlichen
gottesdienst wares verstands und wares herzens am
negsten volget und der mund gleich damit uberge-
het, was von Gott im herzen ist, es sei gleich gutes
oder böses. Fordert in suma reine lere und bekentnis,
anrufung und danksagung Gottes, gleicherweis auch
nach seinem wort.
Dagegen verdammets die falschen leren, beide
wider und one Gottes wort, verleugnung Gottes und
seines worts, heidnische, abgöttische anrufung der
verstorbenen menschen oder einiger creaturen, auch
Gottes selb, so es wider oder nit nach dem wort ge-
schicht, zauberische segen der creaturen, falschen
aid und meinaid, fluchen und schweren bei dem
namen Gottes, gottlos und ergerlich leben zu un-
ehren dem namen Gottes, und solchs nit allein, son-
dern verdammet noch weiter allen unfleis im leren
und reden von Gottes wort an den predigern und an
zuhörern, nichtige, unrichtige bekantnis, unfleißige,
faule gebet, brauch und mißbrauch göttlicher gaben
one danksagung Gottes usw.
Tertium praeceptum.
Das dritt gebot redet von den eußerlichen ceremo-
nien, welche Gott hat selb eingesetzt zu mitteln und
instrumenten, dadurch er wirkt und wirken wil den
waren gehorsam voriger und anderer seiner heiligen
gebot und eines jeden menschen ewige seligkeit, for-
dert itzo von uns im neuen testament treue, ernst-
liche forderung des ampts göttlichs worts und der
heiligen sacrament und diener derselben, das das
wort treulich und vleißig gelert, gehört und gelernt
werde, die sacrament gereicht und empfangen in
offentlicher, gemeiner, christlicher versammlung,
darnach von einem jeden doheim geübt mit ihm selb
und mit andern nach eines jeden beruf und dasselbig
insonderheit auf ein gewissen tag in der wochen, als
itzo bei uns christen ist der sontag sampt andern
etlichen tagen und stunden, daran predigt oder sa-
crament gehalten werden.
37 So redet z.B. Karlstadt, der allerdings nicht zu den
Wiedertäufern gehört, in seiner Schrift ,,Vom Sabbat
und gebotten feyertagen“ (1524) von einer besonderen
geistlichen Sabbatfeier (Herm. Barge, - Andreas

Verdammet dis gebot nu dagegen verachtung des
worts, sacrament, öffentlichen ampts und der diener,
welchs nit allein geschicht mit epicurischer verspot-
tung, lesterung verkerter menschen und tyranni-
scher verfolgung, sondern auch mit mutwilliger oder
steter verseumung und unachtsamkeit, es geschehe
aus geiz, sicherheit oder ander leichtfertigkeit oder
auch aus eignem dünkel, eigner weisheit, alles für
sich selb daheim besser zu lesen und zu lernen, gleich
wie es auch widerumb hie sünde ist, daheim nichts
uberall mit ihm selb noch mit andern davon zu üben.
So ist auf der andern seiten auch wider dis gebot
sünde, die heuchlerische andacht etlicher widertau-
fer, so mit verlassung ihres berufs und täglicher
handarbeit, allzeit nur mit predigen umbgehen und
eitel sabbath haben37 wollen. Desgleichen ist der
ganze bäpstische priester-, münchen-, pfaffen- und
nonnenstand nit allein ein falscher, heuchlerischer
misbrauch, sondern ganze vollige verkerung und un-
terdrückung des rechten sabbaths in diesem gebot.
Entlich ist wider dis gebot, den heiligen feiern oder
Gott selb in ihnen feiern, bei ihm damit viel gnad zu
erwerben.
Secunda tabula.
Wie die erst tafel bisher geredt hat von denen got-
tesdiensten, damit Gott erst allein gedienet wird,
also redet nu die andere tafel von gottesdiensten,
damit zugleich auch wird den menschen gedienet,
oder von menschendiensten, damit zugleich wird
Gott selb gedienet; denn der da geboten hat: Du
solt lieben Gott deinen Herrn von ganzem herzen,
derselbig hat eben auch geboten: Du solt lieben dei-
nen negsten als dich selb [Matth. 22, 37ff.]. Wer nu
derhalben seinen negsten, das ist einem jeden, dem
er dienen kan und der seiner in etwas bedarf, darauf
gutes tut, der hats eben auch Gott selb getan und
wirds Gott selb gewiß belonen, desgleichen hinwider
auch das böse vergelten.
Wer aber dem negsten weder böses oder guts zu
tun vermeint, der wird Gott schon damit ungehor-
sam als, der das gute zu tun sowol erfordert als das
Bodenstein von Karlstadt. 2. Leipzig 1905, 53 f.);
dagegen Luther ,,Wider die himmlischen Propheten,
von den Bildern und Sakrament“ (1525; W A 18, 77.
82).

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