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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0363
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Vemiahnungen vom Abendmahl

Die VI. vermanung

Das man sich priiffen soll, und wider den
mißverstand der rechten prüffung 1

Nachdem wir aber biß anher drey puncten von
den rechten haubtstücken [224 b] des nachtmals, als
nemlich vom notwendigen gebrauch, vom wesen
und nutz desselbigen, gehandelt haben, so erfordert
die fürgeschlagene proposition oder ordnung, das
wir jetzt das viert und letzte stück angreifen und
nemlich von der wiidigen empfahung des abendmals
unsers herren Jesu Christi lehren. Darvon leret nun
Paulus 1. Corinth. 11 [27-30] also: Welcher unwirdig
von disem brot isset und von dem kelch des IJerrn
trinket, der ist schuldig an dem leib und blut des
Herrn. Der mensch aber prliffe sich selbst und also
esse er von disem brot und trink von disem kelch.
Denn welcher unwirdig isset und trinket, der isset
und trinket im selber das gericht, darmit das er nicht
unterscheidet den leib des Herrn. Darumb sind auch
also vil schwachen und kranken unter euch, und ein
gut teil schlaffen. Mit disen worten ermanet uns
Paulus gantz trewlich 2 und fleissig, das wir nicht
one vorgehende gebiirliche bereitung oder prüffung
zum tisch des Herrn laufen sollen 3, sonder uns vor-
hin wol prüffen, examinhn oder erforschen. Der
mensch, spricht er, prüffe sich selbs; und also esse
er von disem brot und trink von disem kelch. Er
setzt auch hinzu etliche hochwichtige ursachen, die
ein jeglichen dahin treiben und bewegen sollen, das
er müglichs fieiß das nachtmal wirdiglich gebrauch
und sich ftir [225] dem unwirdigen gebrauch fiirsehe
und hüte. Dann er zeigt an, auß anregung des Heili-
gen Geists, grosse, beschwerliche, zeitliche und
ewige scheden, so denen widerfaren werden, so wider
seine getrewe warnung den heihgen leib und blut
unsers herrn Jesu Christi unwirdig 4 antasten und
empfahen werden. Von der leiblichen straffe sagt er:
Darumb sind auch so vil schwache und kranken
unter euch, und ein guter teil schlaffen, das ist,
Gott hat vil unter euch umb des unwirdigen ge-

1 Überschrift bei Hofmann 1599 (S. 145): Nona concio.

De digno usu coenae dominicae.

2 Treulich = nachdrücklich, inständig.

3 Hofmann: wie ein unvernünftig schwein zum trog.

4 Fehlt Hofmann.

5 Hofmann: + er.

brauchs willen seines heiiigen nachtmals mit leib-
lichen schwachheiten, krankheiten und unzeitigem
tod heimgesucht. Von der geistlichen, ewigen straffe
sagt er: Welcher unwirdig isset und trinket, der isst
und trinkt im selber das gericht, das er nicht unter-
scheidet den leib des Herrn; das ist, Gott will auch
umb des unwirdigen gebrauchs wihen des nachtmals
die leut mit dem gericht, das ist, mit dem ewigen
verdamniß straffen. Warumb? Darumb, das solche
leut nit unterscheiden den leib des Herrn, und, wie
er zuvor sagt, darumb das der, so unwirdig von dem
brot isset oder von dem kelch des Herren trinket,
schuldig ist am leib und blut des Herrn, das ist 5,
begehet auch die siinde, so diejenigen begangen
haben, die Christum verachtet 6 und verkaufet, mit
ungerechtem urteil 7 gecreutziget und getödt haben,
als Judas, die ho[225b]henpriester Annas, Caiphas,
Pontius Pilatus, Juden und heiden, wie die historia
des passions außweist.

Solche lehr und ermanung Pauli ist wol gantz
nötig, den unglaubigen und gottlosen zu einem
schrecken und forcht, den glaubigen und gottseligen
aber zu einem trost. Aber doch sein vil, die dersel-
ben 8 zu der rechten und linken seiten mißbrauchen.
Dann etliche ziehen und spannen dise ernste verma-
nung 9 Pauli zu eng und vermeinen, Paulus wölle, es
soll sich einer also prüffen, das er sich nicht ehe
unterstehen soll, das nachtmal zu empfahen, er
empfinde denn bey im nichts dann eitel heilige ge-
danken und sey gewiß bey irn selbs, das er biß an das
end seines lebens in kein sünd mehr wider sein ge-
wissen fallen werde. Etliche verstehen disen text
Pauli gar zu milt und vermeinen, es bestehe die
prüffung (davon Paulus schreibt) allein in der
eusserlichen confession, beicht, bekentnus, demut,
rew und glauben und lege nicht dran, wenn schon
das hertz nicht warhaftig mit solcher bekentnuß zu-
stimmet.

Wir sollen aber dise vermanung 10 Pauli recht ver-
stehen, im mitteln weg bleiben und weder zur linken
noch zur rechten außweichen, und nemlich halten:

6 Hofnaann: verrahten.

7 Hofmann: + verdampt.

8 Hofmann: sich der.

9 Statt „ernste vermanung“ bei Hofmann: vermah-
nung und warnung.

10 Hofmann: + warnung.

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