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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0364
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25. Kirchenordnung 1578

Erstlich, das wir in disem leben der bösen begir-
den und angebornen unrechten lüsten nit können
abkommen, also das wir von denselben kein an-
fechtung, [226] versuchung und anreitzung hetten,
dann wir unser leben lang damit zu kempfen haben.
Auch werden wir nimmermehr in der welt in solchen
volkommenen stand kommen, das wir nit mehr
sündigen können. Dann blut und fleisch, so wir hie
tragen biß in die gruben, lassen ire tücke nicht, der
alte Adam weicht nit aller ding von uns. Darumb
hats Gott also wolgefallen, das er durch vil trübsal
abneme, getötet und nach dem tod verfaulet und
verweset würde, auf das er uns in der urstend 11 aller-
dings heilig ließ auferstehen, one alle böse gedanken.
Es hat auch unser herr Christus das nachtmal einge-
setzt zum trost wider die anfechtung, so uns von der
sünd herkommen. Dann wemr wir hie in der welt der
siinden allerdings abkommen möchten, das sie in
unserm fleisch und blut nicht klebten, uns anfechten
und betrübten, so hets Christus 12 umbsonst ver-
ordnet. Er sagt aber von dem kelch: Diser kelch ist
ein new testament in meinem blut, welches für euch
und für vil vergossen wird zur vergebung der sün-
den 13.

Darnach, so sollen wir warhaftiglich glauben und
halten, das die, so vermeinen, die wirdige empfa-
hung des abendmals bestehe in einer eusserlichen
bekantnuß der sünden, rewe und leid und glauben,
Gott geb, das hertz sag neiii oder ja darzu, sein
rechte heuchler, und so sie gedenken, Gott und seine
diener zu teuschen, so be[226b]triegen sie sich selbs
und wöllen Gott seinen fiirtrefflichen titel frevent-
lich und trutziglich nernen, nemlich, das er genent
wird ein erforscher der hertzen und nieren der men-
schen 14, und werden uber sich bringen die zeit-
lichen und ewigen straffen Gottes, davon Paulus
schreibt.

Dargegen aber die, so das nachtmal wirdiglich
empfahen, das ist, mit bußfertigen und glaubigen

11 = Auferstehung.

12 Hofmann: -|- das nachtmal.

13 Lk 22, 20 und Mt 27, 28 kombiniert.

14 Hofmann am Rande: Jerem. 17 [10]. Vgl. Ps 7, 10;
Jer 11, 20; Apk 2, 23.

15 = nächsten Mal, unten aber: vorigen Mal.

hertzen, darin die wrrdige empfahung stehet, wie
wir zum nehern mal 15 hören werden, die werden sich
teilhaftig machen alles des, so Christus mit seinem
leib und blut erworben hat, nemlich neben dem zeit-
lichen segen vergebung der sünden und das ewig
leben. Das verleihe Gott uns allen. Amen.

Die VII. vermanung

Von den zweyen hauptstücken der waren
buß und prüffung, zum heiligen abendmal
gehörig

Wh’ haben aber jetzunder noch 1 für uns den vier-
ten und letzten haubtpuncten des heiligen nacht-
mals, nemlich die lehr von dem wrrdigen gebrauch
des heiligen leibs und bluts unsers herrn Jesu Chri-
sti, und haben zum nehern mal angezeigt, wie der-
selbige [227] in einer rechten, waren, christlichen
buß bestehe. Jetzund wöllen wir die hauptstück der
buß für uns nemen und von denselben leren, wie wir
sollen recht und whdig geschickt sein, damit wir
uns an dem leib und blut des Herrn nicht schuldig
machen, nicht leibliche krankheit und ein unzeit-
lichen 2 tod uber uns bringen und uns selber das ge-
richt, das ist, die verdamniß essen und trinken, son-
der Gottes segen in leiblichen sachen erlangen und
des heils und seligkeit an leib und seel teilhaftig wer-
den mögen 3.

Welches sein nun die hauptstück der rechten,
christlichen buß, darvon wir jetzund handlen wöl-
len?

Das erst ist die erkantniß und ernstliche rewe der
siinden. Demnach, welche leut sich nicht für sünder
erkennen und demütigen und derselbigen 4ernst-
liche, abgesagte feind sem werden 4, die können das
abendmal mcht whdig empfahen. Welches sem nun
dise leut, so das erste stück der buß nit an inen ha-
ben und demnach ungeschickt sein zur messung des

1 Überschrift und Beginn bei Hofmann 1599 (S. 152):
Decima concio. De coenae dominicae digno usu, ubi
tractatur de priore parte poenitentiae, agnitione
nhnirum peccatorum. Wir haben.

2 Hofmann: — leiblichen.

3 Statt ,,werden mögen“ bei Hofmann: machen.

4- 4 Hofmann: ernstlich abgesagt und feind seynworden.

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