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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Franz, Gunther [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (15. Band = Württemberg, 1. Teil): Grafschaft Hohenlohe — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.30654#0519
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H. Ordnung der Deutschen Schule

Ampt der kirchendiener

CJnd erstlich sollen unsere kirchendiener der schue-
len uf der cantzel, sonderlich in der jerlichen schuel-
predigt und wann es sonsten der text und die gelegen-
heit gibt, ehrlich gedenken, dieselben den pfarrkindern
aus Gottes wort mit erzehlung des vielfaltigen nutzes
rhumen und preisen, sie auch ernstlich vermanen, ire
kinder, knahen und meidlin bey guter zeit darin zu
schicken und dieser erwundschten gelegenheit zu
Gottes ehren, irer und der irigen wolfart dankbarlichen
zu gebrauchen.

Sie sollen auch heide 9 der schulen und schuelmeister
bey der oberkeit im besten gedenken und sie doch
caeteris paribus commendiren und befurdern helfen.

Sie sollen auch ein vleisigs aufsehen haben, damit
kein irrige, verfurische lehr in die schule heimblich ein-
geschoben 10 und die daher wachsende jugend damit
geergert und wie die zarte frucht in der bluet vergift
und verderbt werde.

Ampt der weldlichen diener [nicht abgedruckt]

Ampt der eltern [nicht abgedruckt]

Ampt deß teutschen schuelmeisters, soviel
die gottseeligkeit, geflißenheit und zucht
belangt

[...]

Den catechißmum und die gottseeligkeit solln sie der
jugent vleißig einbilden und das gesang und das ge-
bett in schuel und kirchen mit eifer und andacht zur
rechten zeit, wie es im funften capitel underschiedlich
verzeichnet, verrichten.

[... Folgende Abschnitte erwähnen die Inspektoren:]

Kein kind, knaben oder meidlin, einheimisch oder
frembdes, sollen sie * 11 eigens gefallens, es sey von was
ursachen es wöll, ohne der inspectorn vorwißen und
erkantnus außer der schuel zu jagen macht haben.
Da sie aber an jemand einigen mangel hetten, es wer

9 = sowohl... als.

10 Vgl. Befehl für Öhringen 1581, Nr. 31, Ar-t. I 11.

11 D.h. die Schulmeister.

12 Das Schulgeld, das vierteljährlich (quartalsweise) be-
zahlt wurde. 1605 warenes 15 oder 18 Pfennige (El-
persheim, Weik B I 32, 36). Die Quatember (quatuor
tempora) waren Mittw. bis Sonnabend nach Invoca-
vit, Pfingsten, Kreuzerhöhung (14. Sept.) und Lucie
(13. Dez.). (Grotefend, Taschenbuch d. Zeitrechnung,
16.)

gleich der besoldung oder seines ausstehenden qua-
tembergelts 12 halben etc., sollen sie sich nit selbst mit
den leuten zweyen 13 und balgen, viel weniger das den
kindern in der schuel zorniglichen furstechen und auf-
ropfen 14, sondern den inspectorn die sachen, wie sie an
ir selbst beschaffen, furbringen, welche alßdann im zur
gebuer hilflich und rätlich sein wöllen.

Eß soll auch, was den kindern der gottseeligkeit,
vleis und zucht halben zur auferbawung dienstlich und
zu wissen nötig ist, als nemblich die volgende leges,
von inen auf ein tafel geschrieben und in der schuel
aufgehenkt, auch all vierteil jars einmal in versamb-
ling der gantzen schuel vorgelesen und erklert werden.

Was der schuelmeister auch j ederzeit ferner fur man-
gel befindet, mag er mitsambt den inspectoribus uf mit-
tel und weg bedacht sein, wie solche mit glimpf und
geschicklichkeit mögen furkommen und verbeßert
werden.

r...]

Wann sie aber ehehafter 15 ursach halb verraisen und
also ubernacht oder noch lenger außen bleiben mues-
ten, sollen sie solches denn inspectoribus zuvor anzei-
gen und erlaubnus begeren, auch neben dem provisor 16
einen aus den größern knaben dieweil an ire statt ver-
ordnen.

Da sie auch zu wolverdienter leut leichen 17 gebetten
wurden, sollen sie mit den jungen auch guttwillig er-
scheinen und das gesang wie gebreuchlich mit helfen
verrichten.

[...]

Sie sollen auch uns, als der oberkeit, auch dieser
kirch, schuel, statt und gantzer herrschaft hold und
trew sein, unsern nutzen befurdern und schaden wen-
den, dieser unser schuel- und auch kirchenordnung ver-
mittelst göttlicher gnaden trewlich und gehorsamblich
nachsetzen, bey uns und wo wir sie hinweißen in poli-
tischen sachen recht geben und nehmen 18, in kirchen-
aber und schuelsachen den kirchendiener[n] und in-
spectoribus gehorsamen und, da sie von iren sachen
halb, vermög ires ampts und der schulen notturft an-
geredt und vermant wurden, sollen sie das im besten,
wie es gemeint, vermerken und mit gedult aufnehmen.

[•••]

13 _ sicp entzweien, streiten, handgreiflich werden
{Grimm 16, 989f.).

14 Fürstechen, aulTopfen, aufrupfen = vorwerfen
(Grimm 2, 1880; 1, 716).

15 = rechtsgültig, entschuldbar.

16 = Schulgehilfe, Hilfslehrer (Fischer 1, 1453f.).

17 Nach § B 16 sollen die Schüler auch bei armen Leu-
ten singen.

18 In weltlichen Angelegenheiten (die nicht Kirche und
Schule betreffen) sollen die Schuldiener der Ge-
richtsbarkeit der Grafschaft unterworfen sein.

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