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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0196
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Schwäbisch Hall

Also schreibt Sanct Paulus in der ersten Epistel an
die Thessalonicher im vierten Capitel [13-18]: Wir
wöllen euch, lieben brüder, nicht verhalten von de-
nen, die da schlaffen, auff das ir nicht trawrig seidt
wie die andern, die kein hoffnung haben. Denn so
wir glauben, das Jesus gestorben und aufferstanden
ist, so wirt Gott auch, die da entschlaffen sind,
durch Jesum mit im füren, denn, das sagen wir euch
als ein wort des Herrn, das wir, die wir leben und
uberbleiben, inn der zukunfft des Herrn werden de-
nen nit vorkommen, die da schlaffen, denn er selbst,
der Herr, wirt mit einem Feldgeschrey und stimme
des Ertzengels und |LXXXa| mit der posaunen
Gottis ernider kommen vom Himel, und die todten
in Christo werden aufferstehn zuerst, darnach wir,
die wir leben und uberbleiben, werden zugleich mit
den selbigen hingezückt werden inn den wolcken,
dem Herrn entgegen in der lufft und werden also
bey dem Herrn sein alle zeit. So tröstet euch nun
mit diesen worten untereinander.
Das ist Sanct Paulus predig von den abgestor-
benen Christen, welche wir nicht als menschen-
traum, sonder als das recht, warhafftig Gottis wort
auffnemen und dardurch nicht allein inn unserer gu-
ten freund absterben trost erholen, sonder auch uns
selbs auff den todt rüsten und zubereiten sollen.
| LXXXb | Dann wiewol die weisen und klugen leut
mancherley trost und erquickung gegen dem todt
aus menschlicher vernunfft erdacht haben unnd
sprechen, Der Todt sey ein gmeine schuld der natur
und ein erlösung von aller arbeitseligkeit diser welt,
Jedoch, so wil sollich menschlich flickwerck inn den
rechten todts nöten nicht helffen, Und erfindet sich,
das sie wol bey gsundem leib fein gedancken er-
scheinen, Aber sie könden unnd mögen inn der rech-
ten nodt und anfechtung des todts nicht bestendig
sein. Dann welcher dem todt recht unter die augen
sihet, der wirt erfinden, das er sey, wie Paulus sagt,
ein besoldung der sünden161. Es sagt auch
Mose162: Dein zorn macht, das wir so vergehn,
| LXXXIa | und dein grim, das wir so plotzlich dahin

müssen, dann unser missethat stellest du für dich,
unser unerkante sünd ins liecht für deinem ange-
sicht. Darumb faren alle unsere tag dahin durch
dein zorn, wir bringen unsere jar zu wie ein ge-
schwetz.
Nuon ist Gott der sünd also feindt, das er sie nit
allein zeitlich, sonder auch ewiglich straffen wil.
Darumb hat er dem menschen den todt aus billi-
chem, gerechten zorn zu einer solchen straff auffge-
legt, das er durch den todt nicht allein das leiblich
leben, sonder auch die ewig seligkeit verlieren und
der verdamnus ewiglich zugehörig sein sol. Sihe, also
gar ist der todt kein erlösung von dem ubel, wie zu
zeiten die menschlich | LXXXIb | vernunfft ir selbs
fürmalet, das er viel mehr von der sünd wegen ein
eingang ist zu allem ewigen ubel.
Wir sollen aber sollich wissen, erkantnus und ge-
dancken von dem todt haben nicht diser ursach hal-
ben, das wir darob verzagen und an unserm rechten
heil, wie die unglaubigen Heiden und die verruchten
Gottlosen menschen, verzweiffeln, sonder das wir
dardurch bewegt und gedrungen werden, Jesum
Christum, unsern Heilandt, aus seinem heiligen
Evangelio durch den glauben zusuchen und an im
die erlösung von dem todt zuerholen.
Dann wiewol der todt ausserthalb unsers Herren
Christi bringt gwißlich |LXXXIIa| mit im von we-
gen der sünd die ewig verdamnus, jedoch, nachdem
Christus nie kein sündt gethon und den todt seiner
person halben gantz unschuldiglich auff sich genom-
men, So hat der todt kein gerechtigkeit zu im ge-
habt, darumb hat er in auch nicht behalten noch
verderben mögen, sonder in widerumb frey und le-
dig von sich geben müssen. Dann als er am Creutz
gestorben und hernach begraben, ist er am dritten
tag von den todten mit grosser herlichkeit auffer-
standen, hat auch sein urstendt163 nicht allein mit
kuntschafft der Engeln und mit eigner erscheinung
vor seinen Jüngern, sonder auch mit seiner Himel-

161 Röm 6,23. 163 Auferstehung.
162 Ps 90,7-9.

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