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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0249
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Einleitung

10. Instruktion zur Abschaffung der Messe im Klarissenkloster 8. Dezember 1531 (Text S. 297)
Der Beschluss des Rates, die Messe abzuschaffen, stieß bei den Franziskanern, Klarissen, Karmelitern
sowie den Deutschordensherren auf Widerstand.84 Die Klöster verschafften sich gegenüber den reforma-
torischen Vorstößen des Rates Rückhalt bei größeren Institutionen. Die Franziskaner erwirkten einen Ent-
scheid des Reichskammergerichts, dass der Rat sie und die Klarissen unter Androhung der Reichsacht bei
ihrem alten Glauben und den überkommenen Gebräuchen zu belassen habe.85 Die Karmeliter erhielten
Unterstiitzung vom Bischof in Würzburg sowie vom Schwäbischen Bund. Der Heilbronner Rat zog darauf-
hin seine Forderungen ihnen gegenüber zurück, machte aber den Vorschlag, die Anzahl der Messen in den
Klöstern auf zwei bis drei pro Woche zu verringern.86 Die Deutschordenskommende lehnte diese Forderun-
gen ab, woraufhin der Rat der Heilbronner Bürgerschaft den Messbesuch in der Deutschordenskirche bei
Strafe untersagte.87 Während die Messe in der Pfarrkirche St. Kilian also Ende 1531 tatsächlich abgeschafft
wurde, war der Erfolg des Mandats und der Instruktion gegenüber den Klöstern insgesamt gering.

11. Instruktion zur Zusammenlegung beider Beginenhäuser 8. Dezember 1531 (Text S. 298)
Während der Rat die Abschaffung der Messen in den Klöstern nicht hatte durchsetzen können, gelang es
ihm stattdessen, seinen Einfluss auf die Kirchengüter zu vergrößern. Die Heilbronner Beginen, die in zwei
Häusern, beim Lichtensterner Hof und im Hämerlingsgässlein, wohnten, wurden in ein gemeinsames Haus
in der Judengasse iibersiedelt. Das Haus im Hämmerlingsgässlein wolle man, so versprach der Rat, in ander
weg in ir, der schwestern, gemaynen nutz ... verwenden. Die Güter der Beginen sollten eingezogen werden,
damit seye nit gemaint, das mans inen nemen oder sy dessen entsetzen wolle, sonder zum pesten iren nutz ain weg
wie den andern komen lassen. Der Einzug der Kirchengüter altgläubiger Institutionen durch die evangeli-
schen Magistrate und Landesherren war im Zuge der Reformation eine gängige Maßnahme, um die Kon-
vente zu schwächen. Die Beginen willigten in die Mehrzahl der Forderungen des Heilbronner Rates
ein.88 Zur Überwachung der Maßnahmen entsandte der Rat jeweils zwei Vertraute zu den Beginen im
Hämmerlingsgässlein und beim Lichtensterner Hof.

12. Verbot von Eheprozessen vor geistlichen Gerichten 19. September 1531 (Text S. 299)
Am 15. September 1531 hatten Jakob Ehinger und Johann Lachmann Gutachten zu einem speziellen Ehe-
prozess verfasst und daraus die Forderung abgeleitet, dass der Heilbronner Rat generell keine Ehestreitig-
keiten mehr an geistliche Gerichte verweisen, sondern diese selbst entscheiden solle.89 Mit Einführung der
Reformation war eine Neuordnung des Eherechts erforderlich geworden, da das kanonische Recht und die
geistlichen Gerichte von den evangelischen Ständen nicht mehr anerkannt wurden. Vor allem in Eheschei-
dungsfragen waren erhebliche Rechtsunsicherheiten aufgekommen. Der Heilbronner Rat erkannte das
geistliche Gericht des Bischofs von Würzburg nicht mehr an und musste deshalb neue Regelungen schaffen,
wie künftig in Eheprozessen verfahren werden sollte. Der Magistrat ging auf die Forderung von Ehinger
und Lachmann ein und beschloss am 19. September, Eheprozesse künftig nicht mehr vor das geistliche

84 UB Heilbronn IV, Nr. 3434a S. 776f.
85 Zimmermann/Schrenk, Klarakloster, S. 31fWeck-
bach, Bangen, S. 68; Ehrenfried, Barfüßer, S. 46-
48.
86 UB Heilbronn IV, S. 776; vgl. Ehrenfried, Barfüßer,
S. 31-36; Weckbach, Bangen, S. 68.
87 Schmolz, 450 Jahre, S. 241; von Rauch, Riesser,

S. 192. Der Deutsche Orden widerstand allen Reforma-
tionsversuchen seitens des Heilbronner Rates; Weck-
bach, Bangen, S. 68; Dürr, Chronik, S. 103.
88 Vgl. Weckbach, Bangen, S. 68; Dürr, Chronik,
S. 103.
89 Aus Lachmanns Gutachten, UB Heilbronn IV, S. 681,
683f.; vgl. SCHMOLZ, 450 Jahre, S. 239.

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