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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0356
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Konstanz

2a. Predigtmandat 9. Februar 1524 (Text S. 362)
Das Predigtmandat entstand aus dem Konflikt um den Prediger Bartholomäus Metzler. Bischof Hugo von
Hohenlandenberg war 1522 nicht nur gegen Johannes Wanner vorgegangen, sondern setzte schließlich auch
Metzler wegen dessen evangelischer Predigt unter Druck. Hierbei berief er sich auf das Reichsmandat vom
6. März 1523, das den Bischöfen eine Handhabe gegen Geistliche gab, die gegen die römische Lehrmeinung
predigten. Die weltliche Obrigkeit wurde darin bei Strafandrohung zur Unterstützung aufgefordert.48 Da
der Konstanzer Rat jedoch nichts gegen Metzler unternahm, wandte sich der Bischof an den Kaiser um
Hilfe. Ende Januar 1524 schickte Erzherzog Ferdinand in kaiserlichem Namen eine Gesandtschaft nach
Konstanz, die nicht nur im Fall Metzler vermitteln, sondern dem Konstanzer Rat auch das Wormser Edikt
von 1521 und den Nürnberger Reichstagsabschied von 152349 einschärfen sollte. Die Gesandten schlugen
vor, die Prädikanten zu versammeln und sie zu verpflichten, ausschließlich gemäß des Nürnberger Mandats
zu predigen. Der Rat nahm diesen Vorschlag auf, ließ jedoch den Passus, das Evangelium nach dem Ver-
ständnis der römischen Kirche zu verkündigen, weg. Als die Gesandten die Modifizierung bemerkten,
beharrte der Rat auf seinem Beschluss und ließ kurzerhand eine Anweisung ausarbeiten, in welcher Form in
Zukunft das Evangelium in Konstanz gelehrt und gepredigt werden sollte, nämlich in evangelischem Ver-
ständnis nach rechtem, christenlichen verstand, on inmischung menschlichen zusatzes. Dieses Mandat wurde
am 9. Februar 1524 sämtlichen Prädikanten verkündet50 und in einem Einblattdruck vervielfältigt.51
Das Mandat weitete die vom Rat anlässlich des Einzelfalles Metzler vorgenommene Normierung der
Predigten auf alle Prädikanten der Stadt aus.52 Während die Prediger das Mandat als Erfolg für ihre Sache
werteten, sah es der Rat als „Pazifizierungsmaßnahme“, mit der er die erregten Gemüter zu beruhigen
suchte.53 Mit der Umsetzung der Bestimmung in die Praxis ließ sich der Rat mit Rücksicht auf das Reich
und den Bischof Zeit.54 Erst im Laufe der folgenden Jahre wurde der Inhalt des Mandats ausgeführt, wobei
immer wieder Veränderungen in einzelnen Punkten vorgenommen wurden.

2b. Edikt gegen Ehebruch und Hurerei 26. März 1527 (Text S. 363)
Der Grundgedanke für Maßnahmen gegen Ehebruch und Hurerei war bereits im Reformationsratschlag
von 1524 (Nr. 1) formuliert worden. Im Februar 1526 erreichte Ambrosius Blarer, dass der Rat das Kon-
stanzer Bordell schloss.55 Am 23. März 1527 wurde eine Kommission56 beauftragt, über Maßnahmen zur

48 DRTA.JR III, S. 746f.; StadtA Konstanz RefA 1/9. Vgl.
Rublack, Einführung, S. 244 Anm. 21; Buck/Fa-
bian, Reformationsgeschichte, S. 89-91; Kohnle,
Reichstag, S. 124-127.
49 Vgl. Dobras, Konstanz, S. 48; Kohnle, Reichstag,
S. 124f.
50 Vögeli, Schriften I, S. 155: Diser begrifj ist am 9ten
February dess ermelten 1524. jars allen predicanten zue
Costantz in gesessnem rat fürgehalten und gsagt worden, sy
söllind sich glichförmig dem selbigen halten,... Den habent
sy angenommen unnd das der christenlichen und guet wär
mitt worten gelopt, so glichwol die bäpstischen anderst im
hertzen besinnet warend.
51 Der Druck scheint nicht überliefert zu sein, vgl.
Dobras, Konstanz, S. 48f.; Ficker, Bekenntnis,
S. 257f.; Rublack, Einführung, S. 34f. und S. 243
Anm. 19; Vögeli, Schriften II/II, S. 1022; Gröber,
Reformation, S. 190; Brecht/Ehmer, Reformations-
geschichte, S. 63f. Zu den Lehrdisputationen, die nach

Veröffentlichung des Mandat entstanden waren, siehe
Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 96-109;
Rublack, Einführung, S. 52-59. Zu den Beziehungen
des Mandats zu ähnlichen Texten der Städte Zürich,
Basel, Bern, Mühlhausen und Straßburg von 1523 siehe
Vögeli, Schriften II/II, S. 1022-1029; Buck/Fabian,
Reformationsgeschichte, S. 95f.
52 Hiermit kam der Rat auch der von Ambrosius Blarer
vorgebrachten Forderung, die schriftgemäße Predigt ein-
zuführen, nach. Eine Zusammenfassung des Inhalts von
Blarers Schrift bietet Vögeli, Schriften II/II, S. 1025-
1028; vgl. Moeller, Zwick, S. 268f. Nr. 9; Dobras,
Konstanz, S. 48f.
53 Dobras, Konstanz, S. 49; ders. Ratsregiment, S. 38.
54 Dobras, Ratsregiment, S. 38.
55 StadtA Konstanz Ratsbuch 1527, fol. 44 vom
19. Februar und fol. 47 vom 26. Februar; vgl. Rublack,
Einführung, S. 279 Anm. 4; Buck/Fabian, Reforma-
tionsgeschichte, S. 147 Anm. 641.

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