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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0457
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2. Auszug aus der Stadtordnung zum Eherecht 1544

nemmen, zusamen bringen, so baldt die deckhin
beyeinandern beschlägt5 und darzu miteinandern zu
Kirchen und strassen gangen seindt, und je eines vor
dem andern ohn einig eheleibliche Kind, auß ihnen
beeden geboren, mit todt abgehet, so soll alßdann
das jenig, so under ihnen in leben bleibt, all ir beeder
haab und gueth, ligendts und fahrendts, nichts auß-
genommen, erben und behalten, damit zuthuen und
zulassen, wie mit seinem aigen und frembten haab
und guett, meniglichs daran unverhindert. Wo aber
zwischen den Eheleuthen heuratsbrieff oder ander
Erbgeding aufgericht weren, dabey soll es auch blei-
ben.
Eß sollen aber auch darneben ander Erbar heu-
ratsabrede, geding, für- und außnemmen, so zwi-
schen Eheleuthen beschehen, beschlossen und durch
|59v| heuratßleuth oder durch heuratßbrief aufge-
richt, fürbracht, anzaigt oder bewisen, vestiglich ge-
halten werden, es betreffe heuratgüetter, heimsteu-
er, widerlegung, Morgengaab und anders, nichts da-
von außgenommen noch hindangesetzt. Damit soll
aber auch einigem Ehemann noch Ehefrawen nicht
benommen noch abgestrickht sein, über versprochen
und außgemacht heuratguether, heimsteur, wider-
legung, Morgengaab und anders umb die andern ihr
ferner haab und gueth, ligends und fahrendts, so
hinder sich nach irem absterben an ir eins negste
verlassne Erben fallen sollen, gebührendt testament
oder ander letst willen ihrer gelegenheit nach für-
zunemmen, zumachen, aufzurichten und hinder ih-
nen nach ihrem absterben zuverlassen und damit
demselben ihrem absterben zubecräfftigen.
Wan ein Ehegemächst von dem andern lieffe
oder brüchig würde
Eß soll auch meniglich wissen, daß Rhat und
Gmaindt zu erhaltung und Handthabung ehe-|60r |
licher trew und liebe vestiglich zuhalten gesetzt und
geordnet haben, ob hinfüro under zwayen Eheleu-
then eines vonn dem andern muetwilliglich und
ohne noth hinweg lauffen oder sein ehe nicht halten
5 Die Decke oder das Bett beschlagen bezeichnet den
Beischlaf, vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1573.
6 Verletzen.

würd und darinn verharrete biß zu absterben seines
ehegemahls, dasselb, so allso an dem andern brüchig
worden oder hingeloffen ist, es seye mann oder weib,
daß soll seiner Erbgerechtigkheit, so es ann das an-
der laut obgemelter Satzung oder auch inn ander
weeg haben möcht, gantz und gar beraubt sein und
deß abgestorbnen Ehegemächts verlassen Haab und
guett andern seinen negsten Erben werden und zu-
gefallen sein.
Dergleichen ist eins Erbarn Rhats ernstliche
mainung, daß der Ehemann sein Eheweib ohnver-
schuldt nicht mißhandlen, schlagen noch letzen6 soll
oder ir zuebracht guett, viel oder wenig, üpiglich inn
den Spilhäusern oder bey andern üppigen würt-
schafften oder gesellschafften oder sonst unnützlich
verthuen oder verzehren soll, dann wo sich ein sol-
cher unnutzlicher Ehemann erfunde, der ist schul-
dig, sein haußfrawen umb ihr Ehesteur und ander
|60v | ihr zugebracht gueth zuversichern mit burgen
oder underpfanden, damit sie wisse, deß ihren sicher
zusein, und wo ein solcher von seinem weissen7 nicht
lassen wolte, so würdt ein Rhat ihn mit thurn8 und
ander straffen lehren recht thuen. Doch ist einem
frommen, Ehrlichen haußhalter vollkhommne ver-
waltung und freye niessung über seins weibs güetter
unbenommen.
Zudem so soll und mag die Ehefraw ohn wissen
und willen Irs Ehemanns nichts hingeben oder zu-
sagen noch verendern. Wo sie aber das darüber the-
te, so soll es khein Crafft haben, es were dann die
ursach so redlich, daß ein Rhat solches mit seiner
erkhandtnuß zuliesse.
Eß will auch ein Erbarer Rhat hiemit ihr alt Sat-
zung und Stattrecht, so disen obgemelten ihren Sat-
zungen und erclärungen gar oder zum theil nicht
gleichs innhalts noch vermügens, sonder darwider
weren, aufgehebt, abgethan und vernicht haben,
mainen und wöllen auch, daß dieselbigen ehegerühr-
ten alte Satzungen und Stattrecht wider dise obge-
melten von Zeit an zwayen Monath, nachdem die-
selbigen publicirt worden, nicht mehr statt noch
crafft haben |61r | sollen, dann allein außgenommen
7 Wesen.
8 Turm.

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