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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0482
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Isny

Form, wie es mit einsegnung der Ehe pflegt gehalten zuwerden

Es sind newe Eheleuth herein khomen und wollen in
Gottes namen ir eheliche pflicht vor der Christli-
chen Kirchen bestättigen lassen und den segen
Göttlichs worts empfahen. Hierauff, das sy den hai-
ligen stand nit mit unverstand göttlichs worts wie
die ungleubigen anfahen, so sollen sy zum ersten uß
der heiligen schrifft vernemen, wie der ehelich stand
von Gott ist eingesetzt worden.
Gott, der herr, sprach: Es ist nit guot, das der
mensch allein sey. Ich will im ain gehilffen machen,
die umb Ine sey. Do ließ Gott, der herr, ein tieffen
schlaf fallen uf den menschen, und er entschlief, und
name seiner rippen eine und schloß die stett zuo mit
fleisch unndt Gott, |22v | der herr, erschuof ein weib
uß der ripp, die er von dem menschen nam und
bracht sy zuo im. Do sprach der mensch: Das ist
einmal bein von meinen beinen und ein fleisch von
meinem fleisch. Man wirt sy nach dem man haißen
darumb, das sy vom Mann genommen ist. Darumb
wirt ain Mann sein Vatter und Muotter laßen und
an seinem Weib hangen und werden sein zwey ein
leib31.
Zum andern sollen sy auch hören das hailig
Evangelion, wie sy einandern verpflicht und ver-
bunden sein sollen, Matthaei am 19. Capitel [3-9]:
Die Phariseer tratten zum Herren Jhesu, versuchten
ine und sprachen zuo ime: Ists auch recht, das sich
ain Mann schaidet von seinem Weib umb irgent ei-
ner ursachen willen? Er antwurtet und sprach: Habt
ir nit gelesen, das der im anfang den menschen ge-
schaffen hat, der machet, das ein mann und Weib
sein solt und sprach: |23r | Darumb wirt ain Mensch
Vatter unnd Muotter laßen und an seinem Weib
hangen und werden zwey ein leib? Was nun Gott
zusamen gefueget hat, das soll der Mensch nit schei-
den. Do sprachen sy: Warumb hat dann Moses ge-
botten, zugeben einen Scheidbrief und sich von Ir
zuscheiden? Er sprach zuo inen: Moses hat euch er-
laubt, zuscheiden von ewern weibern von ewers
d-d Auf Rasur.

hertzen hertigkheit wegen. Von anbegin aber ist es
nit also gewesen. Ich sag euch aber, wer sich von
seinem weib scheydet, es sey dann umb des Ehe-
bruchs wegen, und nimbt ain andere, der bricht die
Ehe, und wer die abgescheiden nimbt, bricht auch
die Ehe.
Zum Dritten, So sollen sy auch das gebott Got-
tes hören, wie sy sich gegen ainandern sollen halten.
Also schreibt Sanct Paulus32: Ir Männer, liebet ewe-
re weiber wie Christus geliebt hat die gemain und
hat sich selbs |23v | für sy geben, auf das er sy hay-
liget, und hat sy gerainiget durch das Wasserbad im
wort, auf das er ime selbs darstellet ain hailige ge-
main, die nit hab fleckhen oder runtzel oder dero
etwas, sonnder das sy heilig sey unnd unstreflich.
Also wollen auch die Menner Ire Weiber lieben als
ire eigne leib. Wer sein weib liebet, der liebet sich
selbst, dann niemant hat jhemals sein eigen flaisch
gehasset, sonnder er nehret es und pfleget sein,
gleich wie auch der herr sein gemain.
Die Weiber seyen underthon ihren Mennern als
dem Herren, dann der Mann ist des Weibs haupt,
gleich wie auch Christus das haupt ist der gemein,
und er ist seines leibs hayland. Aber nun, wie die
gemain Christo ist underthon, also auch die Weiber
iren Mennern in allen dingen33.
Zum Vierdten sollen sy hören den segen, damit
unser herr Gott den ehlichen standt ge-|24r | segnet
hat, Dann also stehet geschrieben: Gott schuff den
menschen im selb zum bild, ja zum bild Gottes
schuof er in und schuof sy ain Mennlin und Frewlin,
und Gott segnet sy und sprach zu inen: Seit frucht-
bar und mehret euch und füllet die erden unnd ma-
chet sy euch underthon34. So spricht auch Salomon:
Wer ain weib uberkompt, der uberkombt detwas
guettsd und wirt wolgefallen von dem herren schöpf-
fen35.

33 Eph 5,22-24.
34 Gen 1,27-28.
35 Spr 18,22.

31 Gen 1,18-24.
32 Eph 5,25-29.

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