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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0487
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5. Agende [um 1600]

heit, nit zum muthwillen, gailhait54 und uberfluß
mißbruchen, sonnder mit danckhbarkheit zum lob
und preyß Gottes und nothwendiger auffenthaltung
unsers natürlichen lebens ordenlich, Christlich und
wol gebruchenk. Er wölle uns auch vor dem schandt-
lichen geutz, betrug und aller finantzerey, zu dem
auch vor der schandtlichen, unnützen bauchsorg be-
waren und geben, das wir vestigclich glauben, das er
unser getrewer Vatter ist, der uns will alles gnugsam
zu unser notturfft geben und uns an khainem lassen
manglen.
Zum Fünfften, lassen uns bitten, das der güettig
und barmhertzig Gott alles, was wir von im bitten
und begeren, nit versagen wölle umb unserer schuld
unnd sünd willen, damit wir in täglich erzürnen und
belaydigen und daher eyttel Zorn und straff verdie-
nen, Sonnder mit uns handlen nach seiner manigfal-
tigen und grundtlosen barmhertzigkheit. Er wölle
uns gnad verleihen, das wir uns von hertzen vor im
demüettigen, uns nit vermessen auff unsere werckh,
dieweil wir noch |37r | in den besten werckhen sünder
sind, und ob wir schon alles thun, noch dannocht
unnütze knecht bleiben55, Doch aber bey disem al-
lem von hertzen glauben, das uns Gott, der Herr,
durch das leyden, sterben und aufferstehung Jhesu
Christi von allen unsern Sünden, vom Thod und
Hell errettet hab, das daher unser hertz ain frölich
gewissen vor im allezeit habel, und daher dester
glimpffiger und geschlachter seyen, jhe ainer dem
andern sein fäl und mängel zu vergeben, Am andern
gern die hundert groschen nachlassen, Dieweil uns
Gott, der Herr, die zechen Taussent Centner
schenckht56, das ist, die große, schwäre und vilfal-
tige sünd, die wir alle wider in thun, gnedigclich ver-
zeihet und also ain gnadenstrich thut durch das gru-
sam Register des laydigen Sathans, das er wider uns
k Gestrichen: Er wölle straffen und außreutten auß seinem
volckh die füller und sauffer und alle, die die guten gaa-
ben und Creaturen Gottes schenden und ver-|36v | der-
ben.
l Gestrichen: und wir vor khainer sünd uns nimmer mehr
forchten noch erschrockhen. Unnd wir auch.
m Gestrichen: als namblich die zwyspaltung im glauben,
die Pestilentz und sterbet, den grausamen feind, den
Dürckhen.

gemacht hat. Er wölle uns gnad verleihen, das wo
wir |37v | uns schon auß menschlicher schwachheit
und blödigkheit57 ubersehen, ainandern belaydigen
und erzürnen, das wir doch nit beharlichen haß,
neid, feindtschafft, groll und widerwillen gegen ain-
andern tragen, sonnder bald ablassen, das auch die
Sonn, wie der hailig Paulus sagt, nit uber unsern
Zorn undergange58, damit dises und alle unser ge-
beth und Gottesdienst im dester angenemer seye.
Zum Sechsten, das uns Gott nit wölle in versu-
chung einfüeren, das ist, uns vätterlich behüeten,
auff das uns der Teuffel, die Welt und unser aigen
flaisch nit betruegen und verfüeren in mißglauben,
verzweifflung und andere grosse schand und laster,
das wir stäts wachen, betten, nüechter und wolge-
rüst seyen mit allen gaistlichen waffen, damit wir
schon von dem Teuffel angefochten werden, durch
|38r | die krafft und beystand seines Gaists in under
die füeß trätten, uberwinden und entlich den sig be-
halten.
Zum Letsten, So lassen uns bitten in ainer Sum-
ma, das der trew Gott und Vatter uns gnedigclich
behüeten wolle vor allem ubel, leiblich und gaistlich,
zeitlich unnd ewigclich, insonnderheit aber, das er
die gegenwürtige straaff und plagen, die furnemb-
lich zu diser Zeit uns truckhen und auff dem hals
ligenm, vätterlich wölle von uns abwenden, und wie-
wol wir solches und mehrers mit unsern grewlichen
sünden wol verdient haben, das uns doch der güettig
und barmhertzig Gott nit wölle lassen darinn ver-
derben, sonnder zu seiner Zeit, wann sein göttlicher
will uns gnedigclich |38v| von allem unfall unnd
trüebsal, so uns von im abschaiden möchte, erlösen
wölle Und zu letst, wann unser stündlin kompt, uns
ain säligs end bescheren und mit seinem letsten tag

54 Geilheit = Mutwillen, vgl. Grimm, DWb 5, Sp. 2589.
55 Lk 17,10.
56 Vgl. Mt 18,24-27.
57 Schwäche.
58 Eph 4,26.

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