Gengenbach
der Zuchtherren beim Zuchtgericht, den Ablauf des Katechismusunterrichts, die Visitation sowie die reli-
giöse Unterweisung der Bewohner in den zu Gengenbach gehörenden Dörfern eingegangen. Gegenüber den
Reformationsartikeln wird die Kirchen- und Sittenzucht in der Kirchenordnung besonders betont.49 Das
Zuchtgericht besteht aus einem siebenköpfigen Gremium von Ratsmitgliedern und Predigern. Damit wurde
in Gengenbach ebenso wie in Konstanz und Ulm ein Mittelweg beschritten: Rat und Geistliche wachten
gemeinsam über die Einhaltung der Sitten bei Bürgern und Geistlichen.
Die einzelnen Abschnitte der Kirchenordnung sind nur knapp formuliert und weisen das Regelwerk
damit als Rahmenverordnung aus, deren Ausführung weiteren Einzelbestimmungen vorbehalten blieb.50 Im
Abschnitt zum Katechismusunterricht heißt es etwa, dass die Prädikanten ain kurz, deutlich, verstendig
handbüchlein mit ainicherley worten und gleych fragstücken verfassen und dieses den Lesekundigen zum
Abschreiben geben sollen. Hier wird bereits auf den Gengenbacher Katechismus verwiesen, der in hand-
schriftlicher Fassung zu dieser Zeit bereits in Umlauf war, jedoch erst 1545 gedruckt wurde (Nr. 5).51
Die Gengenbacher Kirchenordnung stellt einen eigenständigen Text dar, der nicht in sprachlicher
Anlehnung an eine der vielen bis dahin erschienenen Kirchenordnungen oberdeutscher Reichsstädte oder
Territorien konzipiert worden ist.52 Wie beim Gengenbacher Katechismus lässt sich auch bei der Kirchen-
ordnung kein direkter Einfluss von Straßburger Seite auf den Text feststellen. Ob die Kirchenordnung auch
gedruckt worden ist, wie Kohls in Analogie zu den Ordnungen zahlreicher anderer Reichsstädte vermu-
tet,53 kann nicht festgestellt werden, da jeglicher Hinweis in den Quellen fehlt.
4. Vertrag zum Unterhalt des Pfarrers, seines Helfers und des Schulmeisters 26. Mai 1540 (Text S. 499)
Nachdem die Reformation in Gengenbach eingeführt, die 1536 eingerichtete Schule etabliert und das kirch-
liche Leben mit der Kirchenordnung auf eine schriftliche Grundlage gestellt worden waren, wurde eine
genaue Regelung der Besoldung sämtlicher Kirchendiener, zu denen auch die Schulmeister gehörten, erfor-
derlich. Mit Datum des 26. Mai 1540 fertigten Abt Melchior Horneck von Hornberg, Prior Friedrich von
Keppenbach und der Konvent der Abtei Gengenbach eine Vertragsurkunde an, in der sie die Besoldung der
drei Geistlichen detailliert regelten und vor allem festhielten, aus welchen Mitteln diese erfolgen sollte.54
Während der Pfarrer und sein Helfer ausschließlich aus den vom Kloster eingezogenen Pfründengütern
entlohnt wurden, erhielt der Schulmeister seinen Unterhalt, wie bereits in der Schulmeisterordnung erwähnt
(Nr. 2), aus Mitteln des Klosters und des Rates.
Daneben findet sich in diesem Vertrag ein wichtiges Zugeständnis des Klosters an die Gengenbacher
Bevölkerung: Die Pfarrrechte, die bei der außerhalb der Mauern gelegenen Pfarrkirche St. Martin lagen,
sollten fortan in der Klosterkirche St. Marien ausgeübt werden. Hiermit ging das Kloster auf eine seit
langem bestehende Forderung der Gemeinde ein, die damit argumentierte, dass die Stadt möglichen Angrif-
fen schutzlos ausgeliefert wäre, wenn die gesamte Bevölkerung außerhalb der Stadtmauern in St. Martin
beim Gottesdienst sei. Trotz dieses Zugeständnisses blieben die Pfarrrechte nominell bis 1803 bei der Mar-
tinskirche. Von dem als kerbzettel bezeichneten dreiteiligen Chirographum erhielten der Abt und Prior der
Abtei Gengenbach, Graf Wilhelm von Fürstenberg sowie der Rat der Stadt Gengenbach je einen Teil.
49 Zum Inhalt der Kirchenordnung siehe ausführlich
Bläsi, Reformation, S. 215ff.; Kohls, Bewegung, S. 10-
17.
50 Vgl. Kohls, Bewegung, S. 15.
51 Vgl. Bläsi, Reformation, S. 216 Anm. 104. Bis 1545 ver-
wendete man in Gengenbach vermutlich Brenz’ Kate-
chismus von 1535, Abdruck oben, S. 93, vgl. Kohls,
Bewegung, S. 16.
52 Kohls, Bewegung, S. 15.
53 Ebd., S. 28.
54 Franck, Benedictinerabtei, S. 17.
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der Zuchtherren beim Zuchtgericht, den Ablauf des Katechismusunterrichts, die Visitation sowie die reli-
giöse Unterweisung der Bewohner in den zu Gengenbach gehörenden Dörfern eingegangen. Gegenüber den
Reformationsartikeln wird die Kirchen- und Sittenzucht in der Kirchenordnung besonders betont.49 Das
Zuchtgericht besteht aus einem siebenköpfigen Gremium von Ratsmitgliedern und Predigern. Damit wurde
in Gengenbach ebenso wie in Konstanz und Ulm ein Mittelweg beschritten: Rat und Geistliche wachten
gemeinsam über die Einhaltung der Sitten bei Bürgern und Geistlichen.
Die einzelnen Abschnitte der Kirchenordnung sind nur knapp formuliert und weisen das Regelwerk
damit als Rahmenverordnung aus, deren Ausführung weiteren Einzelbestimmungen vorbehalten blieb.50 Im
Abschnitt zum Katechismusunterricht heißt es etwa, dass die Prädikanten ain kurz, deutlich, verstendig
handbüchlein mit ainicherley worten und gleych fragstücken verfassen und dieses den Lesekundigen zum
Abschreiben geben sollen. Hier wird bereits auf den Gengenbacher Katechismus verwiesen, der in hand-
schriftlicher Fassung zu dieser Zeit bereits in Umlauf war, jedoch erst 1545 gedruckt wurde (Nr. 5).51
Die Gengenbacher Kirchenordnung stellt einen eigenständigen Text dar, der nicht in sprachlicher
Anlehnung an eine der vielen bis dahin erschienenen Kirchenordnungen oberdeutscher Reichsstädte oder
Territorien konzipiert worden ist.52 Wie beim Gengenbacher Katechismus lässt sich auch bei der Kirchen-
ordnung kein direkter Einfluss von Straßburger Seite auf den Text feststellen. Ob die Kirchenordnung auch
gedruckt worden ist, wie Kohls in Analogie zu den Ordnungen zahlreicher anderer Reichsstädte vermu-
tet,53 kann nicht festgestellt werden, da jeglicher Hinweis in den Quellen fehlt.
4. Vertrag zum Unterhalt des Pfarrers, seines Helfers und des Schulmeisters 26. Mai 1540 (Text S. 499)
Nachdem die Reformation in Gengenbach eingeführt, die 1536 eingerichtete Schule etabliert und das kirch-
liche Leben mit der Kirchenordnung auf eine schriftliche Grundlage gestellt worden waren, wurde eine
genaue Regelung der Besoldung sämtlicher Kirchendiener, zu denen auch die Schulmeister gehörten, erfor-
derlich. Mit Datum des 26. Mai 1540 fertigten Abt Melchior Horneck von Hornberg, Prior Friedrich von
Keppenbach und der Konvent der Abtei Gengenbach eine Vertragsurkunde an, in der sie die Besoldung der
drei Geistlichen detailliert regelten und vor allem festhielten, aus welchen Mitteln diese erfolgen sollte.54
Während der Pfarrer und sein Helfer ausschließlich aus den vom Kloster eingezogenen Pfründengütern
entlohnt wurden, erhielt der Schulmeister seinen Unterhalt, wie bereits in der Schulmeisterordnung erwähnt
(Nr. 2), aus Mitteln des Klosters und des Rates.
Daneben findet sich in diesem Vertrag ein wichtiges Zugeständnis des Klosters an die Gengenbacher
Bevölkerung: Die Pfarrrechte, die bei der außerhalb der Mauern gelegenen Pfarrkirche St. Martin lagen,
sollten fortan in der Klosterkirche St. Marien ausgeübt werden. Hiermit ging das Kloster auf eine seit
langem bestehende Forderung der Gemeinde ein, die damit argumentierte, dass die Stadt möglichen Angrif-
fen schutzlos ausgeliefert wäre, wenn die gesamte Bevölkerung außerhalb der Stadtmauern in St. Martin
beim Gottesdienst sei. Trotz dieses Zugeständnisses blieben die Pfarrrechte nominell bis 1803 bei der Mar-
tinskirche. Von dem als kerbzettel bezeichneten dreiteiligen Chirographum erhielten der Abt und Prior der
Abtei Gengenbach, Graf Wilhelm von Fürstenberg sowie der Rat der Stadt Gengenbach je einen Teil.
49 Zum Inhalt der Kirchenordnung siehe ausführlich
Bläsi, Reformation, S. 215ff.; Kohls, Bewegung, S. 10-
17.
50 Vgl. Kohls, Bewegung, S. 15.
51 Vgl. Bläsi, Reformation, S. 216 Anm. 104. Bis 1545 ver-
wendete man in Gengenbach vermutlich Brenz’ Kate-
chismus von 1535, Abdruck oben, S. 93, vgl. Kohls,
Bewegung, S. 16.
52 Kohls, Bewegung, S. 15.
53 Ebd., S. 28.
54 Franck, Benedictinerabtei, S. 17.
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