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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0604
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Nachtrag zu Band XVI

getruckte Bücher gebrauchen wurden, damit sie in
Christlichen Büchlin, als der Taffel, darinn der Ca-
techismus2, Psalmenbüchlin, des Spruchbüchlin Sa-
lomonis3, Jesus Syrachs, newen Testaments und der-
gleichen, lernen.
Besonder aber ist unser meinung, das der Ca-
techismus, wie derselb in unser Kirchenordnung be-
griffen4, auff das also ein gleiche form gehalten, den
Kindern eingebildet und sie dahin gewönt werden,
damit sie denselbigen außwendig lernen, üben und
recht verstehen unnd begreiffen thüen. Zu solchem
sollen die Schulmeister in der Wochen einen gewis-
sen Tag und Stund desselben Tags fürnemen und
den Catechismum also mit inen üben und exercie-
ren, auch einfältiglich desselben underrichten und
inen verstentlich explicieren.
Auch die Kinder in der Schul je par und par,
Knaben gegen Knaben, Metlin gegen Metlin, gegen
einander auffstellen, die fragen und antworten des
Catechismi under inen ergeen und recitiern lassen,
damit sie gewönt werden, denselben in der Kirchen
zu zeit des Catechismi auch offentlich vor der Ge-
mein auffzusagen.
Deßgleichen die Knaben zu gewissen Tagen
unnd Stunden in der Wochen zum Kirchengesang
gewönen, desselben underrichten und mit inen üben
bUnd zu ettlichen Tagen in der Wochen nach gele-
genheit auff ein gewisse zeit inen ein Stuck nach
dem andern ausser dem teutschen Cision5 fürgeben
unnd sie desselbigen underrichtenb. | cxciiib |
Zucht
Die Schulmeister sollen von iren Schulkindern nit
leiden oder gedulden Gottslesterung, Schandtliche,
leichtfertige Reden, Vil weniger ergerliche Sachen
b-b Fehlt KO Württemberg 1582.
c KO Württemberg 1582: verordnet und sie sich jederzeit
mit dem Pfarrherr vergleichen werden.
2 Vgl. den Katechismus von Johannes Brenz in der würt-
tembergischen Kirchenordnung von 1553/1559, Seh-
ling, EKO XVI, S. 243-246.
3 Die Sprüche (Sprichwörter) Salomos, Spr. 1-31, vgl. die
Ausgabe von Philipp Melanchthon, Proverbia Salomonis
iuxta Hebraicam veritatem per Philippum Melanchtho-
nem redacta, 1556, siehe oben, S. 530 Anm. x.

und Handlungen. Die Ordnung auch under den Kin-
dern halten, damit sie samentlich zu der zeit, wann
der Catechismus in der Kirchen geleert, vor dem zu-
samen leutten alle in der Schul erscheinen und sa-
mentlich von dem Schulmeister zur Kirchen gefürt
werden. Auch darob halten, das sie darinn bleiben
und dem fleissig zuhörn. Darzu jedes mal darvor
ettliche par bestimmen, wölche denselben in der
Kirchen auffsagen. Deßgleichen ermanen, auff die
außlegung des Catechismi ir fleissigs auffmerckens
zuhaben, damit sie ime hernach ettwas darauß er-
zelen künden, Wie er dann nach end der Predig sie
darauß fragen und examinieren soll. Mit den Kna-
ben aber sollen sie das Kirchengesang auff maß, bey
einer jeden Schul verordnetc6, verrichten.
Auch vor Mittag vor dem außlassen, wann sie
heim zu Tisch sollen gehn, das Gebett mit inen hal-
ten und sonderlich die fürnemste Stuck des Chris-
tenlichen Glaubens, das Vatter unser7, den Glau-
ben8 und die zehen Gebott9 auffsagen und erzelen
lassen. Inen gar nit gestatten, in der Schul zu va-
giern, umbzulauffen oder one ir erlauben heimzu-
gehn, sonder darob sein, das sie jeder Stund zu rech-
ter zeit kommen und biß zum gemeinen außlassen
verharren, auch ob iren Taffeln oder Büchlin still
sitzen. Derhalben er inen kein Geschrey oder Ge-
schwätz gestatten, sonder bey inen abhalten soll.
| cxciiiia | Und nach dem außlassen die Verordnung
thun und deßhalb heimliche auffmercker under inen
bestellen, damit sie stracks, auch züchtiglich, heim-
gangen und inen kein unweiß10, so er die erfüre,
nachgeben. Also auch mit ernst sie anhalten, mitein-
ander fridlich und schidlich zusein und gegen einan-
der sich alles verspottens, schmähens und widerwil-
lens zuenthalten, Die überfarenden der gebür nach
straffen, Dergleichen nit ungestrafft hingeen lassen,
4 Sehling, EKO XVI, S. 243-246.
5 Cisiojanus, siehe Henkel, Schultexte, S. 234f., vgl.
oben, S. 544 Anm. 77.
6 Zum Kirchengesang in der Lateinschule siehe oben,
S. 545.
7 Mt 6,9-13.
8 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
9 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
10 Unweisheit, Dummheit, vgl. Grimm, DWb 24, Sp.
2180.

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