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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0063
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2. Kirchenordnung [um 1531]

lich pflegen. Dann dieweyl Christus spricht: Es sey
dann, das einer widergeborn werd durchs wasser
und geist, müge er nit eingehn in das reich Got-
tes40, darauß dann volgt, das einer müß vor41 ain
mal geborn sein, soll er wider geborn werden: Das ist
getaufft. Darumb auch [Paulus] zum Tito am 3. [5]
den tauff das bad der widergepurt nennet. So dann
der tauff ain widergeburt ist, so muß als dann die
erste geburt zuvor vollig geschechen und ergangen
seyn.
So aber daß kindlin seer schwach were, so es ge-
born wurde, also das man besorgte, es mochte nit in
die kirchen zu der tauff gebracht werden, mag mann
beruffen ain erbare, christliche person, mann oder
weyb, und wa es sein mocht, ainen diener, der das
kindlin tauffte, |17 | und das darumb, das diß hoch-
wirdige sacrament, durch welchs alle christen irem
heiland Jhesu Christo eingeleibt werden, mit aller
dapfferkeit und christlichen ernst gehanndelt würde
und also nit leichtfertiglich mit dem, das uns Chris-
tus geben und bevolhen, umgangen wurde.
Und so es sich begebe, das ain kindlin also da-
heim getaufft wurd, soll man das, so es bey leben
blyb, nit wider tauffen lassen. Doch mag man und
ist auch nutzlich unnd gut, das kindlein mit den
gvattern42 und wer darbey sein will in die kirchen
bringen, den diener43 darzu beruffen und es da der
kirchen erzaigen, Gottes wort daruber horen und
dem kindlein umb den glauben bitten und die ge-
vatter und verwanten ires ampts ermanen, etc.
Wie es bey dem abentmal des hernn
gehalten werden soll
Wiewol der hailig Paulus von ainem yeden christen
haben will, das er zuvor, ee und er von dissem brott
esse und von dissem kelch trincke, sich selbs brieffe
und probiere, damit er nit unwurdig esse, welchs
dann aines yeden gewissen zuverantwurten

f Papier zerstört.
40 Joh 3,5.
41 Zuvor.
42 Taufpaten.
43 Kirchendiener, Geistlichen.

sthet44, so geburt doch den dienern und vorstendern
der kirchen auch, darob zu wachen, das diß sacra-
ment nit ainem yeden geben werd und es yemandts
unwürdig |18| entpfache, wie dann auch der hailig
Chrisostomus45 lieber wolt sein plut vergiessen dann
ainem unwürdigen wissentlich das sacrament rai-
chen. Derhalben sollen die diener flissig auffmer-
ckung haben, das niemandts, der noch dem evan-
gelio zuwider, als die papisten und unchristen, diß
sacrament des leybs und pluts geraicht werden, deß-
gleichen auch keinem fremden, unbekanten, item
den kindern und die von natur thoricht unnd nit bey
vernunfft sind, welche dann den leyb Christi nit un-
derschaiden künden, darzu die jhenigen, so die ge-
genwürtigkeit des leybs und pluts Christi verneinen
und dissem wort nit glauben, deßgleichen auch kei-
nem, der in offentlichen schanden und laster ver-
hafft ist und zur bösserung noch nit begeben hat
noch will.
Darmit aber sollichs dester baß und statlicher
geschechen müge, darzu ain yeder comunicant den
trost des evangelii, der verzeichung der sünd und
absolution fur sich selbs hör unnd als aigen entpfa-
che, so soll niemandt zu dem thisch des Hernn ge-
lassen unnd im diß hochwirdig Sacrament geraicht
werden, er habe dann zuvor rechenschafft seines
glaubens vor ainem diener46 gegeben und gethon
und alda dann den trost unnd absolution des evan-
gelii entpfachenn. Darumb sollen alle die jhenigen,
so furohin zu dem |19| tisch des Hernn gehn wollen,
zuvor zu dem pfarhern oder helfer [kommen]f, alda
rechenschafft ires glaubens geben und anzögen, wie
unnd warumb sie verursacht, das sacrament ent-
pfachen wöllen, wie dann zuvor ain bericht im
truck47 außgangen ist. Damit aber sollichs nit für
ain papistische orenbeicht und strick der gewissen
mechte verargwont werden, soll es volgender weyß
gehalten werden:
Zum ersten, so sollen vatter und muter ire kin-

44 1Kor 11,28-29.
45 Johannes Chrysostomos (ca. 350-407), Patriarch von
Konstantinopel, vgl. RGG4 4, Sp. 525f.; TRE 17,
S.118-127.
46 Kirchendiener, Geistlichen.
47 Liegt nicht vor.

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