Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0088
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ulm

3. Täufermandat 1. März 1531 (Text S. 121)
Die Täuferbewegung, die aus dem reformatorischen Aufbruch und dem Bauernkrieg hervorgegangen war,
wurde früh bekämpft: Einerseits lehnten die evangelischen Obrigkeiten die von den Täufern praktizierte
Erwachsenentaufe ab, andererseits fürchtete man die Störung des öffentlichen Friedens, die von dieser
sozialen Bewegung auszugehen schien.83 Die Frage, wie mit den Täufern umgegangen werden sollte, dis-
kutierte der Ulmer Rat bereits lange bevor er die Reformation in seinem Gemeinwesen einführte. Am
14. Februar 1528 verabschiedete er, dass sich die in Ulm lebenden Täufer beim Rat anzuzeigen hätten.
Täufer, die illegal in Ulm lebten, sollten der Stadt verwiesen werden.84
Bis 1531 hatte sich die Täuferbewegung in Ulm ausgebreitet, auch einige Ratsherren hingen ihr an.85
Der Magistrat sah sich schließlich zum Handeln gezwungen und forderte Konrad Sam zu einem Gutachten
in der Täuferfrage auf, das dieser am 15. Februar 1531 vorlegte.86 Hierin riet er, strikt gegen die Täufer
vorzugehen. Am 1. März 1531 ließ der Rat ein Mandat drucken, in dem er die Bürgerschaft ermahnte, sich
von der Täuferlehre fern zu halten und deren Anhänger nicht zu unterstützen. Die angedrohten Strafen
blieben jedoch vage und wurden - anders als im Mandat von 1528 - nicht konkretisiert.

4. Ratsbeschlüsse zu Taufen und Eheeinsegnungen 18. Juni 1531 (Text S. 123)
Zu den ersten Schritten, die der Ulmer Rat auf dem Weg zur Reformation ging, gehörte die Neuordnung der
Zeremonien von Taufen und Eheeinsegnungen sowie die Diskussion der Bilderfrage. Das Mandat vom
18. Juni 1531 sah vor, die Taufen ausschließlich mit klarem Wasser zu vollziehen, d.h. Zusätze von Salz und
Chrisam - die in der römischen Kirche üblich waren, aber keine Entsprechung in der Bibel hatten - weg-
zulassen und bei Eheeinsegnungen auf sämtlichen Prunk sowie Musikdarbietungen mit Pauken, Blas- und
Saiteninstrumenten zu verzichten.

5. Kirchenordnung 6. August 1531 (Text S. 124)
Bis Mitte des Jahres 1531 hatte der Ulmer Rat bereits zahlreiche Maßnahmen zur Umgestaltung des
Kirchenwesens ergriffen. Mit der Veröffentlichung einer umfassenden Kirchenordnung sollten die bisheri-
gen Erlasse und Mandate gebündelt und die Reformation auf der Grundlage eines soliden Regelwerkes
fortgeführt werden. Der Magistrat fürchtete jedoch die Kritik der Reichsstände und ließ am 31. Juli 1531
ein „Gemain außschreiben unnd entschuldigung ayns Erbarn Raths der Statt Ulm, was ine in götlichen
sachen zu Christenlichem seinem fürnemen verursacht hab,“87, drucken. Hierin rechtfertigte er die einge-
führten Neuordnungen. Das Ausschreiben wurde zusammen mit einem Begleitschreiben88 an 107 Adressa-

83 Zur Täuferbewegung siehe TRE 32, S. 597-617 mit wei-
terführender Literatur.
84 StadtA Ulm A [1753].
85 Specker/Weig, Einführung, S. 203f.
86 StadtA Ulm A [8983/I], fol. 128f.
87 Abdruck in Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 273-304;
vgl. Staehelin, Briefe und Akten II, Nr. 868. Drei
Exemplare des Ausschreibens werden in StadtBibl Ulm
unter den Signaturen 27487; 27487,1 und 27487,2 auf-
bewahrt. Neben dem Druck ist die handschriftliche
Druckvorlage des Ausschreibens mit zahlreichen Korrek-
turen Bucers überliefert, StadtA Ulm A [8983/I],
fol. 270r-292r. Die Handschrift weicht in einigen Punk-
ten vom Druck ab. So fehlen ihr die ersten Seiten des

Textes, der erst auf fol. A5r des Druckes einsetzt, sowie
die 18 Artikel, siehe Bucer, Deutsche Schriften 4,
S. 279; vgl. Endriss, Reformationsjahr, S. 72 und S. 123
Anm. 52. Der Bericht über die theologische Disputation
der Prädikanten mit dem Geislinger Pfarrer Dr. Georg
Oßwald vom Juni 1531 ist in der Handschrift wesentlich
kürzer abgefasst als im Druck, vgl. Specker/Weig,
Einführung S. 182; Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 194;
Keidel, Reformationsakten, S. 270-274.
Abdruck bei Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 305. Der
Einblattdruck im Querformat, in den die Adressaten und
förmlichen Anreden handschriftlich eingetragen wurden,
ist auf den 1. August 1531 datiert. Vgl. Götze, Drucker,
S. 49f., Nr. 67; Specker/Weig, Einführung, S. 194.

68
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften