Ulm
Zuchtordnung von 1531,100 die ebenfalls stark an die Memminger Artikel angelehnt ist, wirkte auf die
Ulmer Kirchenordnung ein. Diese drei Regelwerke, die hinsichtlich ihrer theologischen Ausrichtung sowie
der Artikel zur Sitten- und Kirchenzucht in enger Beziehung zueinander stehen, teilen zusammen mit der
Ulmer Kirchenordnung das Bemühen, „eine kirchliche Bannordnung aufzurichten und gleichzeitig die
kirchliche Gewalt nicht allzu stark werden zu lassen.“101
Neben diesen Vorlagen griff man auf vorreformatorische Rechtstexte aus Ulm zurück. So ist der
Abschnitt zum Schwören und Fluchen sowie zur Gotteslästerung an lokale Regelungen angelehnt.102 Das
1456 erlassene Mandat „Von wucher und ungötlichen keuffen“ wurde in die Kirchenordnung inseriert.103
Der besondere Einfluss Straßburgs auf die Ulmer Kirchenordnung zeigt sich bei den 18 Artikeln sowie
den Abschnitten zu Gesängen, Abendmahl und Bildern, die der von Martin Bucer und Wolfgang Capito
1530 verfassten Confessio Tetrapolitana104 entlehnt sind.105 Auch Bucers Schrift „Grund und Ursach“ von
1524106, die er bereits für das Ulmer Ausschreiben herangezogen hatte, prägte die Passagen zu Abendmahl,
Taufe, Feiertagen, Bildern, Gesängen und Gebeten der Ulmer Kirchenordnung.
Schließlich ist noch ein weiterer Ulmer Text zu nennen, der als Vorarbeit der Ulmer Kirchenordnung
angesehen werden kann. Hierbei handelt es sich um die maßgeblich von Bucer107, verfasste Schrift „Christ-
lich Leern, Ceremonien und Leben sampt meiner herrn, der verordneten, Ratschläg dabey“.108 Dieser Text,
den Bucer, Blarer und Oekolampad dem Ulmer Rat bereits am 2. Juni 1531 vorgelegt hatten und der eine
grundlegende Denkschrift zur Einführung der Reformation in Ulm darstellt, ist mit seinem dreiteiligen
Aufbau die unmittelbarste Ulmer Vorarbeit zur Kirchenordnung.109 Die Denkschrift ist in zwei Exemplaren
überliefert, die beide unabhängig voneinander bereits ediert sind110 und daher in unserer Ausgabe nicht
mehr berücksichtigt werden.
Neben dem Druck ist die handschriftliche Vorlage111 der Ulmer Kirchenordnung überliefert. Die Hand-
schrift weicht lediglich in einigen Punkten von der Druckfassung ab: Sie hat noch keinen Titel, führt die
18 Artikel nicht aus und bricht nach dem Abschnitt „Von Christlichem außschliessen“ ab, wohingegen der
Druck zahlreiche weitere Abschnitte zur Kirchen- und Sittenzucht enthält.112 Die Druckvorlage wurde aller
100 Abdruck bei Sehling, EKO XVII/1, S. 384-409.
101 Endriss, Reformationsjahr, S. 94.
102 Vgl. etwa das gedruckte Mandat gegen Gotteslästerung,
Zutrinken und Ehebruch vom 26. Februar 1526, StadtA
Ulm A 3688, Nr. 5.
103 Siehe unten, S. 154; vgl. Brecht, Kirchenordnung,
S. 160, 162.
104 Abdruck des Vierstädte-Bekenntnisses bei Bucer,
Deutsche Schriften 3, S. 35-185.
105 Vgl. Endriss, Reformationsjahr, S. 94-96.
106 Siehe oben, Anm. 92.
107 Ambrosius Blarer und Oekolampad waren an der Ausar-
beitung beteiligt. Ernst Wilhelm Kohls konnte Konrad
Hubert als Schreiber des Textes identifizieren, Kohls,
Hubert, S. 81-88; ders., Entwurf, S. 182 mit weiterfüh-
render Literatur.
108 Die Überschrift bezieht sich auch auf die zahlreichen
Stellungnahmen von der Hand des Ulmer Bürgermei-
sters Bernhard Besserer, Kohls, Entwurf, S. 181.
109 Die Denkschrift „Christlich Leern ...“ war den neun
Religionsverordneten vorgelegt, von diesen in einigen
Punkten korrigiert und schließlich vom Rat gebilligt
worden, Specker/Weig, Einführung, S. 179. Hierin
hatten Bucer, Blarer und Oekolampad erstmals die 18
Lehrartikel formuliert, Bucer, Deutsche Schriften 4,
S. 195. Abdruck der Artikel bei Endriss, Reformations-
jahr, S. 115-118; Anrich, Bedacht, S. 61 Anm. 3; Bel-
lardi, Christliche Gemeinschaft, S. 16. Zur Denkschrift
siehe ausführlich Endriss, Reformationsjahr, S. 44-61,
S. 80, S. 88-100; vgl. Kohls, Entwurf, S. 183-186; Hu-
bert, Reformationsakten, S. 207-211.
110 Original von der Hand Konrad Huberts in StadtA Ulm
A [8983/I], fol. 192r-214r und fol. 223-230r (vgl. Spek-
ker/Weig, Einführung S. 177-179). Abdruck des Ori-
ginals bei Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 374-398.
Gleichzeitige Abschrift in StadtA Strasbourg, St. Tho-
mas Archiv No. 168, V.e. III, fol. 349-371. Abdruck der
Abschrift bei Kohls, Entwurf, S. 177-213. Beide Hand-
schriften unterscheiden sich lediglich in einigen Sätzen
im Abschnitt „Vom christlichen Bann“ voneinander, vgl.
ebd., S. 182. Dass beide Texte in Bucer, Deutsche
Schriften 4, nicht kollationiert worden sind, hat bereits
Martin Brecht in seiner Rezension in ZKG 88 (1977),
S. 391-393 kritisiert, vgl. Brecht, Kirchenordnung,
S. 154f.
111 StadtA Ulm A [8983/1], fol. 294-330.
112 Der bei Endriss, Reformationsjahr, S. 76 angegebene
„Vermerk“ am Schluss des Textes (siehe unten, S. 151
Anm. z) findet sich in unserer Textvorlage nicht. Ein
stattdessen angebrachtes Platzhalterzeichen verweist
70
Zuchtordnung von 1531,100 die ebenfalls stark an die Memminger Artikel angelehnt ist, wirkte auf die
Ulmer Kirchenordnung ein. Diese drei Regelwerke, die hinsichtlich ihrer theologischen Ausrichtung sowie
der Artikel zur Sitten- und Kirchenzucht in enger Beziehung zueinander stehen, teilen zusammen mit der
Ulmer Kirchenordnung das Bemühen, „eine kirchliche Bannordnung aufzurichten und gleichzeitig die
kirchliche Gewalt nicht allzu stark werden zu lassen.“101
Neben diesen Vorlagen griff man auf vorreformatorische Rechtstexte aus Ulm zurück. So ist der
Abschnitt zum Schwören und Fluchen sowie zur Gotteslästerung an lokale Regelungen angelehnt.102 Das
1456 erlassene Mandat „Von wucher und ungötlichen keuffen“ wurde in die Kirchenordnung inseriert.103
Der besondere Einfluss Straßburgs auf die Ulmer Kirchenordnung zeigt sich bei den 18 Artikeln sowie
den Abschnitten zu Gesängen, Abendmahl und Bildern, die der von Martin Bucer und Wolfgang Capito
1530 verfassten Confessio Tetrapolitana104 entlehnt sind.105 Auch Bucers Schrift „Grund und Ursach“ von
1524106, die er bereits für das Ulmer Ausschreiben herangezogen hatte, prägte die Passagen zu Abendmahl,
Taufe, Feiertagen, Bildern, Gesängen und Gebeten der Ulmer Kirchenordnung.
Schließlich ist noch ein weiterer Ulmer Text zu nennen, der als Vorarbeit der Ulmer Kirchenordnung
angesehen werden kann. Hierbei handelt es sich um die maßgeblich von Bucer107, verfasste Schrift „Christ-
lich Leern, Ceremonien und Leben sampt meiner herrn, der verordneten, Ratschläg dabey“.108 Dieser Text,
den Bucer, Blarer und Oekolampad dem Ulmer Rat bereits am 2. Juni 1531 vorgelegt hatten und der eine
grundlegende Denkschrift zur Einführung der Reformation in Ulm darstellt, ist mit seinem dreiteiligen
Aufbau die unmittelbarste Ulmer Vorarbeit zur Kirchenordnung.109 Die Denkschrift ist in zwei Exemplaren
überliefert, die beide unabhängig voneinander bereits ediert sind110 und daher in unserer Ausgabe nicht
mehr berücksichtigt werden.
Neben dem Druck ist die handschriftliche Vorlage111 der Ulmer Kirchenordnung überliefert. Die Hand-
schrift weicht lediglich in einigen Punkten von der Druckfassung ab: Sie hat noch keinen Titel, führt die
18 Artikel nicht aus und bricht nach dem Abschnitt „Von Christlichem außschliessen“ ab, wohingegen der
Druck zahlreiche weitere Abschnitte zur Kirchen- und Sittenzucht enthält.112 Die Druckvorlage wurde aller
100 Abdruck bei Sehling, EKO XVII/1, S. 384-409.
101 Endriss, Reformationsjahr, S. 94.
102 Vgl. etwa das gedruckte Mandat gegen Gotteslästerung,
Zutrinken und Ehebruch vom 26. Februar 1526, StadtA
Ulm A 3688, Nr. 5.
103 Siehe unten, S. 154; vgl. Brecht, Kirchenordnung,
S. 160, 162.
104 Abdruck des Vierstädte-Bekenntnisses bei Bucer,
Deutsche Schriften 3, S. 35-185.
105 Vgl. Endriss, Reformationsjahr, S. 94-96.
106 Siehe oben, Anm. 92.
107 Ambrosius Blarer und Oekolampad waren an der Ausar-
beitung beteiligt. Ernst Wilhelm Kohls konnte Konrad
Hubert als Schreiber des Textes identifizieren, Kohls,
Hubert, S. 81-88; ders., Entwurf, S. 182 mit weiterfüh-
render Literatur.
108 Die Überschrift bezieht sich auch auf die zahlreichen
Stellungnahmen von der Hand des Ulmer Bürgermei-
sters Bernhard Besserer, Kohls, Entwurf, S. 181.
109 Die Denkschrift „Christlich Leern ...“ war den neun
Religionsverordneten vorgelegt, von diesen in einigen
Punkten korrigiert und schließlich vom Rat gebilligt
worden, Specker/Weig, Einführung, S. 179. Hierin
hatten Bucer, Blarer und Oekolampad erstmals die 18
Lehrartikel formuliert, Bucer, Deutsche Schriften 4,
S. 195. Abdruck der Artikel bei Endriss, Reformations-
jahr, S. 115-118; Anrich, Bedacht, S. 61 Anm. 3; Bel-
lardi, Christliche Gemeinschaft, S. 16. Zur Denkschrift
siehe ausführlich Endriss, Reformationsjahr, S. 44-61,
S. 80, S. 88-100; vgl. Kohls, Entwurf, S. 183-186; Hu-
bert, Reformationsakten, S. 207-211.
110 Original von der Hand Konrad Huberts in StadtA Ulm
A [8983/I], fol. 192r-214r und fol. 223-230r (vgl. Spek-
ker/Weig, Einführung S. 177-179). Abdruck des Ori-
ginals bei Bucer, Deutsche Schriften 4, S. 374-398.
Gleichzeitige Abschrift in StadtA Strasbourg, St. Tho-
mas Archiv No. 168, V.e. III, fol. 349-371. Abdruck der
Abschrift bei Kohls, Entwurf, S. 177-213. Beide Hand-
schriften unterscheiden sich lediglich in einigen Sätzen
im Abschnitt „Vom christlichen Bann“ voneinander, vgl.
ebd., S. 182. Dass beide Texte in Bucer, Deutsche
Schriften 4, nicht kollationiert worden sind, hat bereits
Martin Brecht in seiner Rezension in ZKG 88 (1977),
S. 391-393 kritisiert, vgl. Brecht, Kirchenordnung,
S. 154f.
111 StadtA Ulm A [8983/1], fol. 294-330.
112 Der bei Endriss, Reformationsjahr, S. 76 angegebene
„Vermerk“ am Schluss des Textes (siehe unten, S. 151
Anm. z) findet sich in unserer Textvorlage nicht. Ein
stattdessen angebrachtes Platzhalterzeichen verweist
70