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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0281
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22. Ehegerichtsordnung 1565

gericht, Setzen, ordnen und wöllen auch hiemit, das
gehandlet und procediert werde, wie von Puncten zu
Puncten underschidlich volget.
Wie die beklagt Parthey zum Rechten zubringen
Erstlich, wo auff der klagenden Parthey gegen dem
Theil, so sie zubeklagen für hat, außgebrachte und
wie recht verkünte Ladung oder Tagsatzung (deren
yede zu Fürderung der Sachen endtlich und per-
emptorie geheischen werden und sein soll) solcher
Theil, so man beklagen wolt oder zuantworten
schuldig were, nicht erschine, sonder ungehorsam-
lich außblibe oder gantz nicht erscheinen wölt, so
soll (in Ansehung, das die Eesachen in irem anfang
die Gegenwertigkeit beyder Partheyen gewißlich er-
fordern und nit durch Procuratores oder Gewaltha-
ber gehandelt und vertretten werden mögen) gegen
solcher ungehorsamen Person mit Straff, erstlichs
Gelts und, so solches nicht helffen wölt, des Leibs,
gehandelt und procediert werden so lang und vil, biß
sie zu Gericht und billicher Gehorsam gebracht wer-
de.
Die Partheyen nemmen one Erlaupnuß
Fürsprechen | XI |
So dann die Partheyen von beyden Seiten auff La-
dung oder Tagsatzung oder auff Bescheid unser, des
Burgermeisters unnd Raths oder unserer Herr-
schafftpfleger, Amptleut oder sonst, gutwillig von
inen selbst sich entscheiden zulassen, erscheinen,
Und wir denselben zu guttem ettliche zu Fürspre-
chen an das Ehegericht geordnet haben, und der-
halben (wie in andern unsern Gerichten der Ge-
brauch) nun mehr von unnötten ist, auß den geor-
denten oder sitzenden Richtern Fürsprechen zube-
geren, So mag ein yede Parthey von ir selbst one
Anrüffung oder Erlaubung1 des Gerichts oder des-
selben Ammans vor oder auff den angesetzten Ge-
richtstag, wann sie will, der obberürten geschwor-
1 EhegerichtsO 1600, 1617: erlaubtnuß.
j-j EhegerichtsO 1600, 1617: auff gethone.
10 Reukauf ist der bei einem Kaufvertrag abgeschlossene
Nebenvertrag, der die Summe des Reugeldes im Fall des

nen Fürsprechen oder Procuratores einen zu irem
gefallen erwölen, nemmen und nach Notturfft be-
richten.
Wie der Kläger sein Klag thon solle
Alsdann soll der klagenden Parthey Fürsprech auff-
stehn und vermöge entpfangnen Berichts in Gegen-
wertigkeit der Widerparthey summarie zum kür-
tzesten, glimpffigsten, züchtigsten und dem Rech-
ten am gemässesten klagen, Nämlich das die Par-
theyen einander die Ehe versprochen und zugesagt,
auch darauff als Eheleut (wo es anderst beschehen
were) einander leiblich erkennt etc., Und aber die
beklagt Parthey fleucht, auß Rewkauff10 oder an-
dern ime unbewißten Ursachen, yetzund solch be-
schehen Versprechen zuleisten und nach Christlicher
Ordnung zuvolnziehen sich weygert etc., Derhalben
sein rechtlich anruffen die ermelt Widerparthey
dem klagenden Theil als derselben ehelichen Ge-
mahel mit Urtheil und Recht zuzusprechen und die
versprochen Ehe nach Christlicher Ordenung zu-
volnziehen, rechtlich zuzwingen und anzuhalten und
sonst hierinn zuerkennen, was Recht ist oder von
Rechtswegen erkennt werden soll oder möge.
Der Antworter soll unverzüglich antworten | XII j
So nun die beklagt Parthey solliche Klag angehört
und vernommen hat und sie selbs angeht, auch ir
eigen und kein frembde Geschicht betrifft und irer
selbst geübten Handelung und Versprechens, obs
also beschehen sey oder nit, am aller bessten wissens
hat, So würdt ir weitter Schub und Tag, so sie sol-
ches (wie nit anderst zuvermutten, dann zu Verzug
der Sachen) suchen oder begeren wurden, zugeben
von unnötten sein, Sonder soll die beklagt Parthey
nach kurtz gehabtem Bedacht desselben Tags durch
iren Fürsprechen jzu gethonerj Klag, wie sich ge-
bürt, mit ja oder nein antworten und den Krieg11
rechtens verfangen mit beger (wo sie anderst der
Rückzugs vom Kauf angibt. Hier wird der Begriff als
„das Eheversprechen bereuen“ verwendet vgl. Grimm,
DWb 14, Sp. 844.
11 Streit.

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