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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0337
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Einleitung

ken bereits zwei wieder aufgehoben worden seien und dass Jakob Otterb8 nun auch noch den der Barfüßer-
kirche eliminieren wolle.69 Letzteres wurde zunächst nicht in die Tat umgesetzt, dieser Bezirk ist in der
Prädikantenordnung von 1533 (Nr. 15) noch erwähnt. 1538 existierte er jedoch nicht mehr: In den Artikeln,
die die Prediger mit dem Rat in diesem Jahr vereinbarten (Nr. 24), ist die Rede davon, dass die Barfüßer-
kirche möglicherweise (wieder) zu einer Pfarrkirche gemacht werden solle. 1543 sind schließlich nur noch
zwei Pfarrkirchen genannt.70 Die Untergliederung des großen Esslinger Stadtpfarrsprengels in vier kleinere
Verwaltungseinheiten, mit denen eine intensivere evangelische Seelsorge betrieben werden konnte, währte
also nur kurz und war bereits vor dem Interim wieder auf zwei Pfarrsprengel (St. Dionysius und Franzis-
kanerklosterkirche) reduziert worden.

7. Ordnung der Leibgedinge für Konventualen und Organisation der Barfüßerpfarrei [vor 24. März 1532]
(Text S. 359)
Der Esslinger Rat war auch hinsichtlich der Klöster um die Erweiterung seines Einflusses bemüht. Er
suchte zum einen die Klostergüter unter seine Aufsicht zu bringen,71 zum anderen die Konvente aufzuhe-
ben.72 In einigen Esslinger Klöstern war es bereits in den 1520er Jahren zu Auflösungserscheinungen gekom-
men: Die ersten evangelischen Prediger in Esslingen waren Augustiner-Konventualen,73 und 1525 hatten
zahlreiche Klarissen eine Petition an den Magistrat gesandt, aus dem Kloster austreten und heiraten zu
dürfen.74 Der Rat der zu dieser Zeit noch altgläubig regierten Reichsstadt kam diesem Wunsch jedoch erst
Jahre später nach. Die Klarissen gaben schließlich 1530/31 ihr Kloster auf,75 die Priores des Dominikaner-
und Augustinerklosters verließen zusammen mit zahlreichen Ordensbrüdern im Frühjahr 1532 die
Stadt.76 Den verbliebenen Konventualen erteilte der Rat ein jährliches Leibgeding: Dominikaner, Augu-
stiner und Franziskaner sollten je 40 Gulden jährlich erhalten, die letzten beiden Karmeliterbrüder je 30
Gulden. Diese Gelder durften nur innerhalb des Esslinger Hoheitsgebiets ausgegeben werden. Darüber
hinaus wurden die Konventualen wie alle Bürger sämtlichen Gesetzen der Reichsstadt unterstellt und
damit ihres geistlichen Sonderstatus entsetzt. Nachdem der Rat beschlossen hatte, die Barfüßerkirche zur
Hauptkirche eines der vier Sprengel in der Stadt zu machen (siehe Nr. 6), stellte er Jörg Vischlin, einen
ehemaligen Zunftmeister, zur Regelung der wirtschaftlichen Angelegenheiten in das Franziskanerkloster ab.
Die Ordnung der Leibgedinge ist nicht datiert. Da erwähnt ist, dass die Pfarrbezirke erst noch einge-
richtet werden sollen und am 24. März 1532 weitere Anweisungen für die Zuchtherren in den vier Pfarr-
sprengeln erlassen wurden (Nr. 8), muss die Ordnung der Leibgedinge vor dem 24. März entstanden sein.

68 Jakob Otter war im April 1532 auf Vorschlag Blarers als
Vertreter der oberdeutschen Richtung als leitender
Theologen nach Esslingen berufen worden, siehe unten,
S. 320. Zu Jakob Otter siehe Schröder, Otter,
S. 145-158; BBKL VI, Sp. 1344f. mit weiterführender
Literatur; Bossert, Otter, S. 604-609.
69 Schiess, Briefwechsel I, Nr. 329, S. 392.
70 Kanzelverkündung zur Einschärfung der Zuchtordnung,
siehe unten, Nr. 27.
71 Krabbe/Rublack, Akten, Nr. 221 Gutachten zu den
Kirchengütern [1532]; StaatsA Ludwigsburg B 169, Bü
67 Instruktion für die Klosterverordneten, das Inventar

und den Hausrat zu registrieren, o.D. Vgl. Schröder,
Kirchenregiment, S. 103f.
72 Schröder, Kirchenregiment, S. 81f.; 102; Fezer, Kon-
vente, S. 45f.; Rublack, Bewegung, S. 199.
73 Siehe oben, S. 312.
74 StadtA Esslingen, Reichsstadt, F. 204 Nr. 49a vom 25.
August 1525 und ebd. Nr. 49d vom 17. Oktober 1525.
Abdruck bei Krabbe/Rublack, Akten, Nr. 16 und
Nr. 18. Vgl. Schröder, Kirchenregiment, S. 81f.
75 Rublack, Bewegung, S. 199.
76 Schröder, Kirchenregiment, S. 104f.

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