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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0341
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Einleitung

jedoch allein bei den beiden vom Rat bestimmten Personen. Mit dieser Regelung lehnte sich der Esslinger
Magistrat an die Vorgaben der Ulmer Kirchenordnung von 1531 an.101 Neben diesen großen Zusammen-
künften waren kleinere Treffen alle 8 bis 14 Tage geplant, auf denen sich die Geistlichen hinsichtlich ihrer
Lehr- und Lebensauffassungen austauschen sollten. Den Predigern wurden Helfer zur Seite gestellt, die sich
um Krankenbesuche, Ehebestätigungen, Taufen und Begräbnisse zu kümmern hatten, damit ihnen mehr
Zeit für die Predigtvorbereitungen blieb. Streitigkeiten in der Gemeinde sollten nicht in Eigeninitiative
geschlichtet, sondern Jakob Otter mitgeteilt werden.102 Mit der Prädikantenordnung stärkte der Rat Otters
Position gegenüber Fuchs und den übrigen Geistlichen: Die Prädikanten mussten Otter in allen wesentli-
chen Fragen hinzuziehen, und ohne seine Zustimmung konnten keine Entscheidungen getroffen werden.
Fuchs und Otter legten ihren Zwist daraufhin jedoch nicht bei, sondern dehnten ihn auf theologische
Fragen aus, in die sie auch Kaspar von Schwenckfeld, Sebastian Franck und Jakob Ringlin hineinzo-
gen.103 Der Rat blieb auf Otters Seite, indem er Fuchs am 13. September 1533 vom Predigtamt suspen-
dierte.

16. Ordnung zur Zusammenziehung der verbliebenen Mönche im Barfüßerkloster [1533] (Text S. 376)
Die wenigen in den Klöstern verbliebenen Konventualen lebten offensichtlich über ihre finanziellen Mög-
lichkeiten, und der Esslinger Rat versuchte dies mit zahlreichen Mandaten einzuschränken.104 Als sich die
Missstände jedoch nicht änderten, ergriff er drastischere Schritte: Begründet mit der Sorge, dass die Mön-
che wegen schlechter Wirtschaftsführung ihren Lebensunterhalt schon bald nicht mehr bestreiten könnten
und der öffentlichen Hand zur Last fallen würden, zog der Rat 1533 sämtliche Konventualen im Barfüßer-
kloster zusammen und unterstellte sie dort seiner strengen Kontrolle. Die Ordnung, die als Bedenken der
Religionsverordneten überschrieben ist, regelte die Einzelheiten der Klosterverwaltung:105 Aus jedem der
vier Konvente sollte eine Person abgeordnet werden. Diesen Vieren wurde einer der 13 Zunftherren vorge-
setzt, ohne dessen Zustimmung nichts entschieden werden konnte. Zur Aufsicht über die Klostereinkünfte
wurden drei weitere Personen bestimmt: ein Richter, ein Ratsherr und ein Zunftmeister.106

17. Ordnung zum Besuch der Predigtgottesdienste 1534 (Text S. 378)
Die Esslinger Bevölkerung tat sich schwer mit dem regelmäßigen Besuch der evangelischen Gottesdienste.
Seit 1532 bemühte sich der Rat, den Predigtbesuch zu verbessern (Nr. 11 und 14). 1534 erließ er erneut eine
Ordnung: In zehn Punkten schärfte er sämtlichen Esslingern den Besuch des Gottesdienstes mindestens an
den Sonn- und Feiertagen ein. Wer das städtische Almosen bezog und nicht zum Gottesdienst kam, dem
sollte die Unterstützung gestrichen werden.107
Die Vorrede der Ordnung zum Besuch des Predigtgottesdienstes basiert auf Jakob Otters Bekenntnis-
schrift Kurzer Underrichtung und Bekantnus des Glaubens.108 Das umfangreiche Bekenntnis, in dem Otter

101 Siehe oben, S. 137; vgl. Schröder, Kirchenregiment,
S.118.
102 Bernhardt, 450 Jahre, S. 133f.
103 Vgl. Schiess, Briefwechsel I, Nr. 330f., 337, 346, 360,
365f„ 369, 373, 376-378, 381, 385-387, 398, 402, 407.
104 Vgl. etwa 1533 das Gutachten zur Verwaltung der Klo-
stergüter, Abdruck: Krabbe/Rublack, Akten,
Nr. 202; 1533 Verbot von Gastmählern in den Klöstern,
Abdruck ebd., Nr. 206.
105 Vgl. Lang, Aufhebung, S. 101f. Schröder, Kirchenre-
giment, S. 106 Anm. 312 weist nach, dass das Mandat
von 1533 stammen muss, da die Kombination der

namentlich genannten Richter und Ratsherren nur nach
der Ratswahl von 1533 möglich war.
106 Vgl. Lang, Aufhebung, S. 101f.
107 Schröder, Kirchenregiment, S. 126.
108 „Ein kurtze Underrichtung und Bekantnus des Glaubens
in den furnemen Stücken unser christehlichen Religion,
die Einfältigen im Glauben zu befestigen und vor allem
Zanck zu warer Einikeyt und Besserung zu richten“.
Handschriftliche Druckvorlage in StaatsA Ludwigsburg
B 169 Bü 36a. Vgl. Schröder, Kirchenregiment,
S. 124f. und Anm. 444.

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