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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0357
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5. Zuchtordnung 1532

grewlichen laster willen, damit Teutsche Nation
jetzt vil Jar befleckt gewesen, an etlichen orten ein-
brechende, unns unangetastet lassen unnd hinwider
sein vätterlicher voller segen hie in gnaden unnd
dort in Säligkait vilfeltiglichen widerfaren, Amenfh.
| A3a |
’Von Schweren unnd Gotzlästernj5
Haben wir gesetzt unnd geordent, welcher oder wel-
che diser stat Burger, einwoner, unnderthonen und
verwandten, Er sey Gaistlich, weltlich, baide, weibs
oder Mans Personen, jung oder Alt, niemants auß-
genommen, alhie zu Esselingen, Inn oder ausserhalb
unserer Obrigkait Zehenden, Zwingen und Bennen,
unverdechtlichen unnd allain auß ringem gemüet
unnd böser gewonhait one geverde Schweret, Flucht
oder sagt Gots macht, Krafft oder der gleichen, das
Götlicher Majestat zugelegt würdt, Gots leichnam,
Marter, Wunden, Onmacht unnd was die menn-
schait Christi antrifft, Gots Vältin 6, Quirin7 oder
andere Gottes hailigen zu dem wörtlin Gots oder
botz nennet, Gots oder botz Sacrament, Tauff, Hy-

i-i ZuchtO 1598, 1602, 1615: Articul von gottslestern: Dem-
nach nit allein in Gottes wort, sondern auch in gaist-
lichen unnd weltlichen rechten das gotslästern [ZuchtO
1615: gotslästern, fluochen und schwerenn] höchlich ver-
botten, darzu auch usser solchem fürnemlich alle gleich-
sam unaufhörliche landtsbeschwerden, als mißgewechs,
theurung, hunger, krieg, pestilentz unnd anndere dahero
wolverdiente strafen unnd plagen unns uff den hals kom-
men, inmassen laider die tägliche erfarung yberflissig
[= im Überfluss] zuerkhennen gibt, als haben wir, dem
allmechtigen zu lob unnd ehren unnd gmeiner statt unnd
burgerschafft zu nutz unnd besserung, obligenden ampts
halben nicht umbgehen könnden noch sollen, deßwegen
gebürende ordnung fürzunemmen. Unnd ist hierauff
unnser ernstlicher will unnd meinung, auch bevelch, das
alle unnd jede unnsere angehörige burger in gmein alle
gottslästerung bey dem namen Gottes, seiner hailligen
martter, wunden, krafft, macht, sacramenten unnd der-
gleichen freventliche schwüer unnd flüeche gentzlich ver-
meiden unnd sich derselben bey willcurlicher, [ZuchtO
1615: willcurlicher und] ernstlicher straff eines ersamen
raths, welche nach gelegenheit des verbrechens unnd an-
derer umbstendt gegen den yberfarern unnachlößlich
würdt vorgenommen werden, genntzlich enthalten. Also
auch wöllen wür hiemit ernstlich verbotten haben, das

mel, Firmament unnd andern hymelischen ge-
schlechten, Der yeglicher soll von ainem Fluch oder
Schwur in sonnderhait zwen Pfenning geben.
Welche aber Fluchen oder Schweren würden mit
unnderlassunng des wörtlin Gots unnd aber nenten
ain hayligen zum Fluch oder sonnsten anndere straf-
fen und plagen, alß Pestilentz, Grymmen, Fieber
unnd dergleichen plagen unnd straffen, Der soll von
yedem Fluch ain Pfenning zu straff geben. Und da-
mit hierinnen niemandts verschonet unnd der gepür
nach gestrafft werde, soll Jederman das annder, so
allso Fluchet oder Schweret, bey seynen pflichten
unnd ayden ansagen, Melden und rügen, auch das
straffbar gelt von im erfordern, einnemen unnd den
verordenten zuchtherren, die es fürther | A3b | in der
Armen Seckel lifern sollen, uberantwurten, und der
oder die selbigen, so allso Fluchen unnd Gotslestern,
sollen söllich auffgelegte straff bey gleichen Ayden
und Pflichten zugeben schuldig unnd verbunden
sein.
Fuegte es sich aber, das sich jemandts hie wy-
dersetzte und die verwirckte straff also nit geben
wolte, sollen alßdann der oder die, den schwur oder

unsere burger unnd underthonen keiner dem andern ei-
niche seuch, kranckheiten oder andere plagen unnd un-
fahl nit wünschen solle. Waver aber hieryber jemandts
sich auß ringem gemüet, zorn oder [ZuchtO 1615: und]
böser gewohnheit ungevär ybersehen würde, so solle er
von dem jenigen, der es gehört, anfenglich in der güette
freundtlich gebetten unnd ernstlich ermanet werden,
darvon abzustehen unnd sich dessen hinfüro zuenthal-
ten, darmit nicht not seye, solches an die obrigkhait ge-
langen zulassen. So dann einer oder mehr von mans- oder
weibs personen darvon nit abstehen, sondern fürfahren
wurde, sollen der oder die, so zugegen sein [fehlt ZuchtO
1602, 1615], bey irem gewissen schuldig sein, solche zu-
riegen unnd dem herren regierenden burgermeister anzu-
zaigen, darmit der oder die jhenige, so also geflucht unnd
Gott gelästert, nach gestalt der [fehlt ZuchtO 1615]
ybertrettung eintweder mit dem thurn oder in annder
weg gebüest unnd seinem verprechen gemeß gestrafft
werden möge.
j Dieses Kapitel fehlt ZuchtO 1609.
5 Vgl. zu diesem Abschnitt Maier, Strafrecht,
S. 286-291.
6 St. Valentin.
7 St. Quirinus.

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