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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0365
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5. Zuchtordnung 1532

pett geben unnd zu straff vier wochen im thurn am
boden, mitt wasser unnd brot gespeißt, enthalten
unnd dann die geschwengerte fraw, als bald Sechs
wochen nach der kindpette verschinen, anndern zu
ainem Ebenbild unnd abschewhen acht tag auff den
Thurn gelegt werdenq.
Unnd welche rGaistliche oder ledige Personen ire
Metzen, Kellerinr oder Bulschafften zu der Ehe ne-
men, die sollen angenommene Ehe in acht tagen den
nechsten mit offenem kirchgang bestetten oder aber

straff stehen, also das der man vier wochen im thurn am
boden unnd das weib so lang uf dem thurn gefänckhlich
gehalten [ZuchtO 1602: enthalten] werden sollen. So sie
aber darfür bitten unnd sich zu ainer gelt straff oder
abtrag der gefängnus erbietten theten, nichts desto we-
niger deren jedes vierzehen tag, der man im thurn am
[„thurn am“ fehlt ZuchtO 1602] boden unnd daß weib uf
dem thurn, bießen und für die ybrige zeit der man zwain-
zig fünf unnd daß weib dreizehen gulden erlegen unnd
bezahlen, unnd yber daß beede schuldig sein, den zucht-
herren vier unnd den stattknechten vier gulden, wie von
alters herkhomen, zuendtrichten. Eß möchte sich aber
einer mit disem Gott hoch mißfälligen laster so offt unnd
vilfältig vergreiffen, so behelt ein ersamer rath ime be-
vor, gegen dergleichen personen [ZuchtO 1602: persohn],
der ybertrettung und aller hand umbständen nach, fer-
rere herttere straff fürzunemmen. Wirde sich aber ein
ledige mans person mit ainer gemainen, offentlichen, un-
zichtigen weibs person und schlepin [= wollüstigen Frau,
Grimm, DWb 15, Sp. 641] mit huorerey befleckhen,
daryber in that ergriffen oder ein solches uf ine glaublich
beygebracht [ZuchtO 1602: beygebracht werden], sollen
beede gefänglich eingezogen, der man acht tag im thurn
am boden und daß [fehlt ZuchtO 1602] unzichtig weib uf
den thurn gesezt unnd sie als dan gestrackhs ußer der
statt gewisen werden, beede auch den zuchtherrn zwen
unnd den Stattknechten zwen gulden zubezahlen fällig
sein.
Nach dem sich auch laider vilfeltig begibt, daß junge
leith oder auch witwer und witiben, wan sie sich zusa-
men ehelichen verpflicht, vor dem kirchgang, der erbar-
kait zuwider, zusamen schlupffen, darauß vor der zeit
schwengerungen ervolgen, hinnach in kräntzen zu kir-
chen gangen, solchem ybel abzuwehren, hat ain ersamer
ratt geschloßen und thuet hiemit setzen und ordnen, das,
welche eheleith vor dem ordentlichen kirchgang
beyschlaffen, es folge gleich ein schwengerung oder nit,
wie daß uf sie bei gebracht, daß beede personen gefäng-
lich eingezogen, der mann acht tag im thurn am boden
und das weib so vil tag uf den thurn gesetzt werden,
darzu inen bei der hochzeit spil und däntz, auch dem
weib ain kräntzlin zutragen, verboten sein solle. Dafhern
sie aber nach gelegenhait ihrer personen, der zeit und

sonsten mit erlaubnuß unser oder der verordenten
Zuchthern sich vor erbarn und glaubwirdigen Per-
sonen bezeugen, damit menigklich, das sie zu den
ehren und one ergernuß bey ainander sitzen, wissens
habe unnd trage.
Item, wann hinfüro ledige Personen in offentli-
cher Hurerey mit- und bey ainander ergriffen,
sdie selbigen, nemlichen die manns Personen drey
tag in thurn an boden mit wasser und brot gespeyßt
und getrenckt unnd dann die weibs Personen drey

umbständ für die gefängnuß bitten unnd sich zu ainer
geltstraff anerbietten thetten, sie nichts desto weniger
drei tag und drei nächt, alß der man im thurn [,,im
thurn“ fehlt ZuchtO 1602] am boden und das weib uf
dem thurn, bießen unnd für die ybrige zeit der man ze-
hen unnd daß weib fünf gulden erlegen, beyneben den
zuchtherrn zwen und den stattknechten zwen gulden zu-
erlegen verbunden sein solle.
Solte sich aber begeben, das aine schwangers leibs für ain
jungfraw in ainem kräntzlin zu kirchen gehn [ZuchtO
1602: gieng] und sich hinnach ain anders, alß daß sie
schwanger gewest, befinden thete, die gedenckht ein er-
samer rath mit ernster straff also anzusehen, daß sie und
meniglichen deßen hohes mißfallen verspiren und nie-
manden dergleichen beginnen mehr gelusten solle.
Solte und wirde sich dan ain eheman mit einer ledigen
tochter oder einem gemeinen, offentlichen unzichtigen
weibsbild in unzucht vergreiffen, es folgte gleich ein
schwengerung oder nit, und er in frischer that betretten
oder sonsten ein solches glaublich uf ine beygebracht und
erwisen, so solle der nach gestaltsame eines oder mehr
beschwerlichen umbstandts mit allem ernst gestrafft
unnd der person, mit deren er die unzucht volbracht,
ihrer ansprach halber, wie auch den zuchtherrn und
stattknechten des ihrigen wegen erstattung zuthon, an-
gehalten werden, wie nechst hievor der ledigen gesellen
halber gesetzt und geordnet worden [fehlt ZuchtO 1602],
Unnd anderer umbstehende ein gebürliches einsehen zu-
haben und den abtrag zuerhöhen, were es dann ein ehe-
man, so soll er nach gestalltsame eines oder mehr be-
schwerlichen umbstandts gestrafft [„Unnd anderer ... ge-
strafft“ in ZuchtO 1598 gestrichen, fehlt ZuchtO 1602],
sonst aber, sovil der person, mit deren er unzucht getri-
ben, ansprach belanget, soll es, wie nechst hievor der le-
digen gesellen halber verordnet, gehalten werden [„Sonst
aber ... werden“ in ZuchtO 1598, 1602 gestrichen].
r-r ZuchtO 1598, 1602: ledige personen, gaistlich unnd welt-
lich, ire metzen.
s-s ZuchtO 1598, 1602: obschonn gleichwol auß dem
beyschlafen kaine schwenngerung ervolgte, so sollen sie
dannochter nach gelegenheit der personen mit dem
thurn gebießet oder in seckhel [= mit Geldbuße] gestrafft
werden.

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