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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0366
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Esslingen

tag auff den thurn gelegt und nach irer gelegenhait
mit wasser, brot oder anderer gestalt auffenthalten
werdenjs.
tVom Ehebruch32
uSo ain Eegemecht, Weib oder man, an dem andern
brüchig unnd ergriffen oder sonsten in ander weg
kunndtlichen gemacht würdt, das soll zum ersten
mal fengklich angenommen, der man im thurn am

t-t ZuchtO 1598, 1602: Vom zwifachen, auch erwiderten
ehebruch.
Wann ein ehemann oder eheweib mit eines andern ehe-
weib oder ehemann sich flaischlich (welches die rechts-
gelerten den zwifachen ehebruch nennen) vermischet
unnd eintweder ann frischer that betretten oder diesel-
bige sonnst uf sie kundtlich gemacht unnd beybracht
würde, solche verbrecher unnd verbrecherin sollen vor
das erst gefenglich angenommen, der mann im thurn am
boden, das weib uf den thurn gelegt unnd der gefenckh-
nuß nicht erlassen werden, es habe dann gemeiner statt
ein namhaffte geltstraff (deren erkandtnuß unnd ermes-
sung jedesmals nach gelegenheit aller umbstendt bey ei-
nem ersamen rath stehen solle) erlegt unnd bezalt, wel-
ches gelt von des brüchigen ehegemechts haab unnd
güettern, aber nicht von des unschuldigen, genommen
unnd eingezogen werden solle. Waver aber eines oder das
annder ehegemecht dise geltstraff nicht zubezalhen het-
te, solle es nach ermessung eines ersamen raths mit dem
leib büesen oder der statt verwisen werden.
u-u ZuchtO 1609, 1615: Uff den fahl, ein eheman oder ehe-
fraw nach offentlicher, bestettigter und volzogner ehe
mitt einer ledigen oder verehlichten persohnen zuohal-
tten und dardurch solche ire ehe brechen würde und sol-
ches uff sie beygebracht, die solen gefännckhlich einge-
zogen, der man 4 wochen im thurn am boden und das
weyb uf dem thurn in ein weyber gefenckhnuß gelögt
und [fehlt ZuchtO 1615] mit wasser und brott (es hötte
dann des weybs halber anndere gelegenhaytten und ur-
sachen) gespeyset und darzuo, zum abschey dißes lasters
[ZuchtO 1615: lasters, je nach größe und beschwerlich-
hait diser befundner umbständ nach eines ersamen rhats
erkantnus mit namhaffter gelt- oder, in ermanglung des-
selben, mit andern ernstlichen straffen gebüeßt und dar-
zu zu entrichtung den Zuchtherrn vier gulden und den
Stattknechten zwayer gulden] angehaltten werden und
schuldig sein, das sie die 2 nechste sontag nach außge-
stanndener thurnstraaf in der pfarrkürchen vor dem al-
ttar nach volendter morgen predig solchen beganngnen
ehebruchs und dardurch gegebnen ergernuß halben of-
fentlich penitenntz und abbütt thun und hierunder kay-
nes verschonnt, sonder ein gleychaytt gehaltten werden
uf form und maß, wie selbige von den fernen theologis
begruffen ist [,,und schuldig ... begruffen ist“ fehlt
ZuchtO 1615].

boden, das | B3a | weib auff den thurn, jedes vier wo-
chen lang, gelegt, mit wasser unnd brot (es were
dann, das die gelegenhait des Weibs andere notturff-
tige underhaltung erforderte) gespeyßt unnd ge-
trenckt werden und nit herausser gelassen, es habe
dann ir jedes zuvor uns unnd gemainer Stat Fünnff
Pfund heller zustraffe gebent.
Wurde ves aber zu dem anndern mal des Ehe-
bruchs beschuldigt unnd kundtbar gemacht, das soll
zum andern mal Fengklich angenommen und acht

Unnd wavern der ehebrüchigen eines oder das annder
alhie nitt verburgert were, sole das nach außgestanndner
thurn straaf und beschehener kürchen poenitenntz [,,und
beschehener kürchen poenitenntz“ fehlt ZuchtO 1615] uß
der statt geschafft und lännger alhie zuowohnen nitt ge-
duldet werden. Würde dann einer oder eine zum anndern
mahl in dem ehebruch ergrüffen, so sole der jedes mitt
6-wöchiger gefenngkhnuß uff weyß und maß, wie in vor-
genden articul angerögt, gestrafft, darzuo aler ehrn, und
so der mann zu gericht, rath, auch [ZuchtO 1615: statt
„gericht, rath, auch“: gericht und rath, auch] andern
ehrlichen ämbtern, gebraucht worden, deren als balden
enttsetzt sein [fehlt ZuchtO 1615] unnd zu denselbigen
nimermehr gelassen werden [fehlt ZuchtO 1615], und die
weybs persohnen zu kayner hochzit, offnen tänntzen,
ehrlichen gastereyen und gesellschafften uf den zunfft-
stuben [ZuchtO 1615: zunfftheusern], auch würts- und
anndern heusern, nitt beruoffen und geladen [ZuchtO
1615: geladen werdenn]. Unnd ob es sich begebe, das sie
benanntter orten eines geladen würde, solen sie doch da-
hin nitt gehen noch alda geduldet werden, auch kayn
goldt und seyden gewanndt oder einiche anndere klay-
der, mitt seyden belögt, antragen, yber das alles auch
angehaltten werden, das sie die 3 nechste sonnttag nach
außgestanndner thurnstraaf in der kürchen vor dem al-
tar nach der morgen predig offennttliche penidenntz und
abbütt thüen uf form und maß, wie bey nechstvorgenden
articul gesetzt [,,uf form ... gesetzt“ fehlt ZuchtO 1615].
Wa aber einer oder eine yber erstbestimbte zwuo
straafen weytter und also zum drüttenmahl in denn ehe-
bruch fallen würde, dieselbigen, als bey denen kayn bös-
serung mehr zuohoffen ist, solen nach gewißer erfarung
beganngnen ehebruchs mitt urthel und recht zum todt
erkhenntt, der man enntthaubtet und das weyb ir uff-
erlögte tottsstraff außsteen.
v-v ZuchtO 1598, 1602: aber ein ehegemecht hernach wider-
umb unnd also zu dem andern mahl des ehebruchs straff-
bar erfunden, das solle gefenckhlich angenommen unnd
obvermelter massen nach ermessen unnd erkanndtnuß
eines er. raths doppelt gestrafft werden.
32 Vgl. Maier, Strafrecht, S. 178-183.

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