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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0369
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5. Zuchtordnung 1532

nVon straff der Eheleutho
So ain Ehegemecht sein Ehegemahel mit auffsatz
unnd bösem, verdachtem mut unnd geferden zu vol-
pringung natürlicher werck anndern leuthen zufürte
oder wissentlichen dem selbigen seinen Ehegemal
zuließ oder verhenngte37, sein Ehe mit ainem ann-
dern zuprechen, Soll das Ehebrüchig nach außwey-
sunng hieoben geordenter bussen gestrafft unnd das
annder Ehegemecht, so es in solchem fall verursacht
unnd zugesehen, nach unnser erkantnuß an Leib
unnd Gutt gestrafft werdenn.
Vom notzogen unnd Junckfraw Schwechenp38
Fuegteq es sich, das ain Eheman oder lediger gesell
ain Junckfraw oder Frawen inn- oder ausserhalb der
Ehe nothzogete und also gewalt an sie legte unnd
wir solichs in gewisse erfarung kommenr, der soll on
alle gnad mit dem schwerdt gericht werden. sUnd so
ain man ain junckfrawen schwechte, der soll zu hie-
oben gesetzter straffen in gmainer stat seckel
zwaintzig pfund heller zu straff geben, und so er die

n-n ZuchtO 1598, 1602, 1615: Sover auch das unschuldige die
eheschaidung erlangen wurde, soll das schuldige ehege-
mecht zu hieoben geordneter straff diser stat unnd ob-
rigkeit verwisen unnd, so lang das unschuldig ehege-
mecht in leben, nicht mehr herein gelassen werden, sie
haben sich dan mitler weil baiderseitz mit einander ver-
söhnet, also das sie einander hinfüro willige beywonung
erzaigen unnd laisten wolten; als dann soll es bey unns
stehn, unser vergunsten unnd erlauben zu dem einlassen
zu geben.
Da aber dem unschuldigen, unbrüchigen ehegemecht
von den verordneten eherichtern rechtlichen zugelassen
würde (wie auß den worten Christi, Mathei am fünfften
[27-32] unnd neunzehenden [4-9], sein unnd geschehen
mag), sich zu dem andern mahl zuverheurathen unnd
selbigs sich widerumb anderwerts ehelich versprechen
würde, so soll als denn nach beschehener eheschidung
das brüchig ehegemecht in diser statt unnd obrigkeit
verner nit wohnen oder geduldet, besonder von stund an
sein leben lang derselbigen verwissen werden.
Da sichs auch begebe, das ein mans oder [ZuchtO 1615:

bestimpte straff nit hette zubezalen, den sol man in
thurn an boden legen tag und nacht, mit ainem hal-
ben laib brots unnd wasser underhalten und jedes
tags | B5b | unnd nachts nit mehr dann zehen Schil-
ling Heller ablegen, Unnd der Junckfrawen, die er
allso geschwecht, nitt mehr dann ain par
schüch39 bezalen, Und so ferr sie von yme kindes
schwanger, das soll er von ir nemen unnd für die
kindtpette vier Guldin zubezalen schuldig sein.
Begeb es sich aber, das ain Ehemann ain ledige,
so nit ain Junnckfraw were, Schwannger machte,
Soll der Ehemann das kinndlin von ihr nemen unnd
weyther nichts nit verpflicht sein, unnd darzu sie
bayde, nemlich der Eheman als ain Eebrecher unnd
die Fraw vermög vorgesetzter Ordnung gestrafft
werden. Item, So ain lediger gesell ain Junckfrawen
verfelte, der soll, gleicher gestalt wie hie oben von
den Ehebrechern gemelt, umb Zwaintzig Pfund Hel-
ler gestrafft, Daneben vier wochen im Thurn mit
Wasser unnd Brot underhalten, Das kindlin, soferr
sie von ime geschwenngert, von ir nemen, vier Gul-
din für die kindtbett und dann für den Blumen nit
mehr dann ain par schuch40 gebens.

unnd] weibs persohn, so darvor ehebruchs oder anderer
rechtmessigen ursachen halben mit recht von seinem
ehegemahel an einem andern orth geschaiden were und
allhie bey unns ankhommen unnd sich zu dem andern
mahl verheurathen wölte, solle dasselbige bemelter per-
son nicht anders dann uff erkantnuß unserer verordneten
eherichter zugelassen oder gestattet werden [Hier folgt
der Abschnitt „Von Sünderung des Guts“, siehe S. 353],
o Dieser Abschnitt fehlt ZuchtO 1609.
p Dieser Abschnitt fehlt ZuchtO 1609.
q ZuchtO 1598, 1602, 1615: Begebe.
r ZuchtO 1615: kämen.
s-s Fehlt ZuchtO 1598, 1602, 1615.

37 Gestatte.
38 Vgl. Maier, Strafrecht, S. 184-186.
39 Die Übergabe von einem Paar Schuhe war eine ge-
bräuchliche Strafe bei Defloration, vgl. Grimm, DWb
15, Sp. 1850. Vgl. Schultze-Gallera, Fuss- und
Schuh-Symbolik.
40 Siehe vorige Anm.

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