6. Zuchtordnung 1546
allmechtigen, gnädiglich begabt seind, nit übel ge-
redt unnd der gross name Gottes von irtwegen ver-
löstert, auch wir, die oberkait, umb unnsers farläs-
sigen zusehens willen von Gott alls die selb thätter
nit zu seinem zorn angesehen unnd gestrafft und ir
aller blut von unsern hennden erfordert werde.
Unnd damit aber niemandts die unwissenhait
diser unnserer zuchtordnung zu seiner entschuldi-
gung fürwenden möge, haben wir dieselbigen offen-
lich publiciern und ainer gantzen gemaind verlesen
lassen, damit ain jeder haußvatter deren lauter wis-
sens habe, sich und die seinen derhalb vor schaden
verhüeten möge, wölches zuthun wir euch hiemit
allen unnd jeden auff das fleissigest unnd getrewli-
chest wöllend gepotten unnd ersucht haben, unge-
zweifelter hoffnung, so wir bey zeit von sünden ab-
steen und unns mit ernnst und warhait bessern, I4I
wurden die erschrockenlichen Gottes blagen unnd
straffen, so dann umb der grewlichen lasster willen,
damit teutsche nation jetz vor jar beflöckt6 gewesst,
von unns genomen unnd der güettig, allmechtig
Gott, der nit begert den todt des sünders, sonnder
vil mer, das sich der beker und lebe7, sein vätterliche
milte, gnad unnd ewige barmhertzigkait reichlich
unns nach seinem verhaissen und zusagen mittailen,
seinen göttlichen sägen und benediction hie in gna-
den unnd dortt in ewiger fröud unnd säligkait
unenntlich widerfarn lassen, Amen. I5 I
Ermanung zu warer christenlicher religion unnd gotsdiennst
Dieweil der recht, lebendig und christenlich glaub
unnder allen andern tugenden und gaben Gottes das
fürnembst stuck ist, daran all unser säligkait ligt
unnd one den Gott, dem herrn, niemandts gefallen
mag, auch all unnser thun und lassen sind8 und wi-
der Gott ist, erfordert die unvermeidenlich notturfft
von ersten, maß unnd ordnung fürzunemen, durch
was weg und mittel wir den bekomen mögen, und
das derselbig glaub vor allen dingen gesucht und
von Gott begert werde, dann on dises fundament ist
aller anderer baw vergebens unnd unfruchtpar. So
finden wir auß der leer des hailigen Sannt Pauls, das
sollicher glaub allain durch zuhörung des wortt Got-
tes überkomen und erlangt werden möge unnd auß
einbrünstiger begier des mentschens durch das ge-
hör des wortt Gottes wol erlangt mag werden9. So
setzen, ordnen unnd wöllen wir, das auffs wenigest
auff alle sontag, auch all ander feyrtag im jar, ain
jedes mentsch, es seyen frawen |6| als mann, jung
oder alt, gaistlich als weltlich, reich oder arm, ain
predig in den kirchen, da die verordneten predicann-
ten das paur10, lauter, rain wortt Gottes und evan-
6 Hier ist die Auseinandersetzung des Schmalkaldischen
Bundes mit dem Kaiser gemeint, die seit 1545 schwelte
und im Sommer 1546 militärisch ausgetragen wurde.
Mit der Schlacht bei Mühlberg im April 1547 endete der
Schmalkaldische Krieg; der Bund wurde zerschlagen,
TRE 30, S. 221-231.
7 Ez 18,23.32; 33,11.
gelion verkünden unnd predigen, hören unnd der-
selbigen vom anfanng biß zum beschluß und gehör-
ter absolution außwartten sollen, das sich auch ain
jeder christ hierinnen dermassen erzaigen unnd hal-
ten, das er von menigclichem ain mitglid des leibs,
des haupt Christus ist11, zu sein in der gmaind Got-
tes erfunden unnd erkennt werde.
Wo aber ettlich auß krannckhait irs leibs oder
andern eehafften12, erbarn und redlichen ursachen,
wie die nach erkanntnus ains ersamen raths oder der
verordneten zuchtherrn für gnugsam unnd redlich
erkennt werden, sollich predigen zu zeiten unnder-
lassen unnd nit besuchen köndten, die sollen derhalb
nit gestrafft, es soll aber hierinnen von menigc-
lichem gar dhain gefar13 oder arglisst gebraucht wer-
den. Wölche aber auß ungehorsami oder widerwillen
die predigen, aine oder mer, underlassen oder darin-
nen farlässig und nit mit ernst die zu hören oder
andern I7I zu hören hindernus mit schwätzen oder in
ander weg zufüegen, den- oder dieselbigen würdet
ain rath oder die zuchtherrn unnd so offt das be-
schicht an mengclichem, niemandts außgeschlossen,
8 Sünde.
9 Röm 10,17.
10 Pur, bar, ohne Zusatz.
11 Vgl. Röm 12,4-5; 1Kor 12,12-27.
12 Rechtmäßigen, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 43.
13 Böse Absicht.
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allmechtigen, gnädiglich begabt seind, nit übel ge-
redt unnd der gross name Gottes von irtwegen ver-
löstert, auch wir, die oberkait, umb unnsers farläs-
sigen zusehens willen von Gott alls die selb thätter
nit zu seinem zorn angesehen unnd gestrafft und ir
aller blut von unsern hennden erfordert werde.
Unnd damit aber niemandts die unwissenhait
diser unnserer zuchtordnung zu seiner entschuldi-
gung fürwenden möge, haben wir dieselbigen offen-
lich publiciern und ainer gantzen gemaind verlesen
lassen, damit ain jeder haußvatter deren lauter wis-
sens habe, sich und die seinen derhalb vor schaden
verhüeten möge, wölches zuthun wir euch hiemit
allen unnd jeden auff das fleissigest unnd getrewli-
chest wöllend gepotten unnd ersucht haben, unge-
zweifelter hoffnung, so wir bey zeit von sünden ab-
steen und unns mit ernnst und warhait bessern, I4I
wurden die erschrockenlichen Gottes blagen unnd
straffen, so dann umb der grewlichen lasster willen,
damit teutsche nation jetz vor jar beflöckt6 gewesst,
von unns genomen unnd der güettig, allmechtig
Gott, der nit begert den todt des sünders, sonnder
vil mer, das sich der beker und lebe7, sein vätterliche
milte, gnad unnd ewige barmhertzigkait reichlich
unns nach seinem verhaissen und zusagen mittailen,
seinen göttlichen sägen und benediction hie in gna-
den unnd dortt in ewiger fröud unnd säligkait
unenntlich widerfarn lassen, Amen. I5 I
Ermanung zu warer christenlicher religion unnd gotsdiennst
Dieweil der recht, lebendig und christenlich glaub
unnder allen andern tugenden und gaben Gottes das
fürnembst stuck ist, daran all unser säligkait ligt
unnd one den Gott, dem herrn, niemandts gefallen
mag, auch all unnser thun und lassen sind8 und wi-
der Gott ist, erfordert die unvermeidenlich notturfft
von ersten, maß unnd ordnung fürzunemen, durch
was weg und mittel wir den bekomen mögen, und
das derselbig glaub vor allen dingen gesucht und
von Gott begert werde, dann on dises fundament ist
aller anderer baw vergebens unnd unfruchtpar. So
finden wir auß der leer des hailigen Sannt Pauls, das
sollicher glaub allain durch zuhörung des wortt Got-
tes überkomen und erlangt werden möge unnd auß
einbrünstiger begier des mentschens durch das ge-
hör des wortt Gottes wol erlangt mag werden9. So
setzen, ordnen unnd wöllen wir, das auffs wenigest
auff alle sontag, auch all ander feyrtag im jar, ain
jedes mentsch, es seyen frawen |6| als mann, jung
oder alt, gaistlich als weltlich, reich oder arm, ain
predig in den kirchen, da die verordneten predicann-
ten das paur10, lauter, rain wortt Gottes und evan-
6 Hier ist die Auseinandersetzung des Schmalkaldischen
Bundes mit dem Kaiser gemeint, die seit 1545 schwelte
und im Sommer 1546 militärisch ausgetragen wurde.
Mit der Schlacht bei Mühlberg im April 1547 endete der
Schmalkaldische Krieg; der Bund wurde zerschlagen,
TRE 30, S. 221-231.
7 Ez 18,23.32; 33,11.
gelion verkünden unnd predigen, hören unnd der-
selbigen vom anfanng biß zum beschluß und gehör-
ter absolution außwartten sollen, das sich auch ain
jeder christ hierinnen dermassen erzaigen unnd hal-
ten, das er von menigclichem ain mitglid des leibs,
des haupt Christus ist11, zu sein in der gmaind Got-
tes erfunden unnd erkennt werde.
Wo aber ettlich auß krannckhait irs leibs oder
andern eehafften12, erbarn und redlichen ursachen,
wie die nach erkanntnus ains ersamen raths oder der
verordneten zuchtherrn für gnugsam unnd redlich
erkennt werden, sollich predigen zu zeiten unnder-
lassen unnd nit besuchen köndten, die sollen derhalb
nit gestrafft, es soll aber hierinnen von menigc-
lichem gar dhain gefar13 oder arglisst gebraucht wer-
den. Wölche aber auß ungehorsami oder widerwillen
die predigen, aine oder mer, underlassen oder darin-
nen farlässig und nit mit ernst die zu hören oder
andern I7I zu hören hindernus mit schwätzen oder in
ander weg zufüegen, den- oder dieselbigen würdet
ain rath oder die zuchtherrn unnd so offt das be-
schicht an mengclichem, niemandts außgeschlossen,
8 Sünde.
9 Röm 10,17.
10 Pur, bar, ohne Zusatz.
11 Vgl. Röm 12,4-5; 1Kor 12,12-27.
12 Rechtmäßigen, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 43.
13 Böse Absicht.
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